Größere Städte, weniger Äcker: Weltweit 3-4 Prozent Produktionsverlust durch Urbanisierung bis 2030
Die Fläche der Städte wächst derzeit in vielen Gegenden der Welt schneller als die städtischen Bevölkerungszahlen. 2000 lebten 2,6 Milliarden Menschen in Städten, 2030 werden dies fünf Milliarden sein. Die von Städten überbauten Flächen werden sich im selben Zeitraum verdreifachen. Diese Mega-Stadtregionen der Zukunft werden hoch produktive landwirtschaftliche Flächen verdrängen. Eine aktuelle Studie, publiziert in PNAS, zeigt mögliche Folgen auf.
„Mehr als 60 Prozent der weltweiten Ackerländer liegen in der Nähe von Städten. Dies zeigt das Potenzial der Verdrängung von Acker durch Wachstum der Städte auf“, so Helmut Haberl (Institut für Soziale Ökologie, Alpen-Adria Universität). Er ist Teil eines Forschungsteams, das unter der Leitung von Christopher Bren d‘Amour vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC, Berlin) gemeinsam mit der Yale University die entsprechende Studie in der aktuellen Ausgabe von PNAS publiziert hat. Die Ergebnisse der Berechnungen lassen annehmen, dass die Ausweitung der Stadtflächen bis 2030 zu einem Verlust von 1,8 bis 2,4 Prozent der Ackerflächen führen wird. Die betroffene Fläche ist etwa 300.000 Quadratkilometer groß und damit nur wenig kleiner als Deutschland. Die betroffenen Äcker können etwa 300 Millionen Menschen mit Nahrung versorgen, wenn man einen täglichen Nahrungsbedarf von 2500 Kilokalorien pro Person und Tag unterstellt.
Dabei gibt es entscheidende regionale Unterschiede. Am meisten Fläche wird in Asien und Afrika verloren gehen – rund 80 Prozent der weltweit betroffenen landwirtschaftlichen Fläche befindet sich auf diesen Kontinenten. Der Verlust landwirtschaftlicher Produktion ist deutlich größer als der Flächenverlust: Das von Verstädterung betroffene Land ist mehr als doppelt so produktiv wie durchschnittliches Ackerland. Haberl: „Im Jahr 2000 lieferten die betroffenen Flächen 3 bis 4 Prozent der globalen Ernte am Ackerland.“
Der Verlust von 3-4% der Ackerlandproduktion kann global wohl durch Intensivierung und Ausweitung des Ackerlandes in andere Gebiete ausgeglichen werden. Aber für Länder, in denen der Agrarbereich ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor ist, kann der Verlust der produktivsten Ackerflächen gerade für ohnehin schon benachteiligte und daher verwundbare Bevölkerungsgruppen entscheidende Einbußen herbeiführen. Gleichzeitig gilt es, die wachsende Bevölkerung zu ernähren. Eine Begrenzung des Landverbrauchs durch wachsende Städte ist daher eine global bedeutsame Herausforderung. Helmut Haberl sieht weitere entscheidende Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt: „Es braucht stärker vernetzte Strategien: Die Nachhaltigkeit einer Stadt kann nicht isoliert von der Nachhaltigkeit von Ressourcen und Lebensgrundlagen andernorts gedacht werden.“
Bren d’Amour, C., Reitsma, F., Baiocchi, G., Barthel, S., Güneralp, B., Erb, K.-H., Haberl, H., Creutzig, F. & Seto, K.C. (2016). Future urban land expansion and implications for global croplands, PNAS, DOI: 10.1073/pnas.1615688114.