Glaubwürdigkeit und Authentizität haben Vorrang: Handbuch zu integrierter CSR-Kommunikation veröffentlicht
Sandra Diehl, Mathias Karmasin, Barbara Mueller, Ralf Terlutter und Franzisca Weder haben ein „Handbook of Integrated CSR Communication“ herausgegeben. Im Interview spricht Sandra Diehl über Chancen und Dilemmata der CSR-Kommunikation.
CSR-Kommunikation gewinnt in den letzten Jahren in Wissenschaft und Praxis deutlich an Stellenwert. Wie erklären Sie sich diesen Trend?
Heute gibt es ein anderes Bewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten. Für die Unternehmen reicht es nicht mehr, dass man nur Produkte verkauft, sondern man möchte auch soziale Verantwortung zeigen. Die Konsumentinnen und Konsumenten schätzen sozial verantwortliches Verhalten und achten bei ihren Kaufentscheidungen darauf. Auch die Wissenschaft ist sehr daran interessiert, CSR zu erforschen und dazu beizutragen, dass der CSR-Gedanke noch stärker in der Gesellschaft verankert wird. Grundsätzlich gibt es bei dem Trend aber zwei Dimensionen: Einerseits gibt es Unternehmen, die tatsächlich soziale Verantwortung empfinden und schon lange engagiert tätig sind, andererseits gibt es auch solche, die erst jetzt auf den Zug aufspringen, weil es sich um einen Trend handelt, von dem sie glauben, sich ihm nicht verschließen zu können.
Ist das überall gleichermaßen der Fall?
Nein. Wir haben verschiedene interkulturelle Studien durchgeführt, die uns gezeigt haben, dass man in Europa, insbesondere in den deutschsprachigen Ländern und in Skandinavien, nicht um CSR herum kommt. Die Bedeutung von CSR hängt aber auch von den politischen Rahmenbedingungen ab. Ist der Politik beispielsweise Nachhaltigkeit nicht so wichtig, schwindet auch das Interesse der Unternehmen. Wir werden in den nächsten Jahren sehen, wie sich US-amerikanische Firmen in der Präsidentschaft Trump verhalten werden.
Ist es wirklich erwiesen, dass die Konsumentinnen und Konsumenten CSR-Aktivitäten wertschätzen?
Ja, dazu gibt es zahlreiche Studien. Wenn ein Unternehmen als sozial verantwortungsvoll wahrgenommen wird, dann wirkt sich das positiv auf die Einstellung zu den Produkten und auf die Verhaltensabsicht aus. Eine andere Frage ist aber: Sind die Konsumentinnen und Konsumenten in der Folge auch bereit, für sozial verantwortungsvoll hergestellte Produkte mehr Geld auszugeben? Dazu gibt es widersprüchliche Erkenntnisse und wir wissen nur, dass dies nicht unbedingt der Fall sein muss.
Letztlich muss ein Unternehmen aber Profit machen.
Ja, Unternehmen müssen im Sinne der Stakeholder und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versuchen, den Profit zu maximieren. Andererseits benötigt soziales Engagement auch finanzielle Mittel. Hier ist ein zentrales Dilemma der CSR zu orten.
Gutes zu tun alleine reicht aber nicht. Wie kann man geschickt darüber reden?
Die Gesellschaft muss erfahren, dass das Unternehmen sozial engagiert ist, das ist essenziell. Unser Handbuch setzt dabei an, dass eine integrierte Kommunikation am meisten zu leisten imstande ist. Integriert bedeutet dabei, dass man alle Strategien, Aktivitäten und Maßnahmen im Bereich CSR aufeinander abstimmt. Insgesamt braucht es eine strategische Ausrichtung, die auch das Unternehmen und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbezieht. Nur wenn Engagement von allen gelebt wird, kann es auch authentisch kommuniziert werden. Letztlich geht es um ein einheitliches Bild, das entstehen soll.
Welche Rolle spielen dabei die Produkte und Dienstleistungen, die ein Unternehmen verkauft?
CSR-Mittel können nicht mit der Gießkanne verteilt werden – ein bisschen Bildung, ein bisschen Gesundheit, ein bisschen Umwelt, sondern es geht um eine Passung zum Unternehmen. Im Optimalfall wird ein bestimmter Fokus sichtbar, das heißt ein Unternehmen wird von den Konsumenten und Konsumentinnen direkt mit seinem Engagement im Umweltschutz oder im sozialen Bereich verknüpft.
Wenn nun ein großer Autohersteller einerseits Umweltverträglichkeit predigt und auf der anderen Seite Emissionswerte fälscht, gerät er in die öffentliche Kritik. Was würden sie dem Autobauer, der sich unter anderem in eine große CSR-Kommunikationskrise manövriert hat, denn nun raten?
Zuerst braucht es das Commitment der Unternehmensleitung, dass man den Skandal schonungslos aufarbeiten und die Ursachen bekämpfen möchte. Das Vertrauen der Kundinnen und Kunden muss man sich stückweise zurückerobern. Dazu braucht es Transparenz und Offenheit. Vielleicht wäre es auch wichtig, mit etablierten NGOs zusammenzuarbeiten, um zu zeigen, dass man sich nun tatsächlich stark und glaubwürdig engagieren möchte. Die Passung zum Unternehmensimage muss wiederhergestellt werden, außerdem gilt es, glaubwürdige kommunikative Maßnahmen zu setzen. Dazu gehört unter anderem, dass man aufzeigt, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um derartige Vorfälle in Zukunft auszuschließen, aber auch, dass man Informationen über Umweltmaßnahmen auf Recyclingpapier druckt und nicht mehr Geld für die CSR-Kommunikation ausgibt, als man tatsächlich spendet. Eine integrierte CSR-Kommunikation, wie sie in dem Handbuch aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird, ist in diesem Fall besonders wichtig.
Wie skeptisch sind Konsumentinnen und Konsumenten gegenüber CSR-Maßnahmen?
Es gibt ein deutliches Misstrauen der Rezipientinnen und Rezipienten gegenüber der CSR-Kommunikation, weil man schnell vermutet, dass es nur darum gehen könnte, sich in einem guten Licht zu präsentieren. Die Dark Side of CSR, also das so genannte Window-Dressing und Green-Washing, muss immer bei der Planung von Kommunikationsmaßnahmen mitbedacht werden, was wiederum zu einem Dilemma führt: Wer nicht darüber spricht, was er Gutes tut, kann auch nicht davon profitieren. Andererseits wird vielfach CSR-Kommunikation sehr kritisch beäugt. Umso umsichtiger sind die Kommunikationsmaßnahmen zu planen.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
Sie sind eine ganz wichtige Zielgruppe, die in der Forschung bisher auch noch vernachlässigt wurde. Sie müssen über das soziale Engagement ihres Unternehmens informiert sein und die Unternehmenswerte auch leben. Unsere Studien zeigen auch, dass CSR zu einer größeren Zufriedenheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dem Unternehmen gegenüber führt. Es können also alle profitieren.
Wer ist für CSR und die entsprechende Kommunikation in den Unternehmen verantwortlich?
In ganz großen Unternehmen gibt es schon eigene CSR-Manager. Vielfach wird auch in den Kommunikationsabteilungen daran gearbeitet.
Woher haben diese Managerinnen und Manager das Rüstzeug für ihre Arbeit?
Wir haben unter anderem analysiert, wie stark der CSR-Gedanke in den Curricula an verschiedenen Universitäten verankert ist. Und dabei festgestellt: Er ist da, aber es gibt noch Verbesserungsbedarf. Besonders jene, die bereits vor längerer Zeit studiert haben, haben sicherlich noch Aufholbedarf.
Von diesen Personen kann ja Ihr Buch gelesen werden. Von wem wollen Sie es denn noch gelesen wissen?
Einerseits sind das Praktikerinnen und Praktiker, die sich mit CSR beschäftigen. Wir bieten in unserem Buch auch ganz konkrete Handlungsempfehlungen, z. B. zu CSR-Kommunikation und Branding mit zehn Guidelines. Natürlich richtet sich das Handbuch auch an die Scientific Community und an Studierende. Es analysiert CSR-Kommunikation aus vielen verschiedenen Perspektiven, ist sehr international ausgerichtet und kann überall auf der Welt gelesen werden.
Vielen Dank für das Gespräch.
Sandra Diehl, Mathias Karmasin, Barbara Mueller, Ralf Terlutter und Franzisca Weder (Hrsg.) (2017). Handbook of Integrated CSR Communication. Berlin: Springer.