Isabell Koinig | Foto: aau/Müller

Gesundheitskonsum im Internet und bei Dr. Google

Die Mediatisierung hat unseren Umgang mit Ärztinnen und Ärzten, unsere Haltung zur eigenen Gesundheit und unsere Kommunikation über Gesundheitsthemen entscheidend verändert. Isabell Koinig beschäftigt sich in ihrer Forschung mit Gesundheitskommunikation. Uns hat sie berichtet, über welche Phänomene die Forschung noch zu wenig weiß und ob sie selbst fleißig googelt, wenn es wo zwickt.

Diejenigen, die pharmazeutische Produkte produzieren und verkaufen, machen kein gutes Geschäft mit Isabell Koinig. Die PostDoc-Forscherin am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft vertraut auf Hausmittel, die ihr von Mutter und Großmutter überliefert wurden. Generell glaubt sie, dass Gesundheit auch eine „Einstellungssache“ sei und eine mentale Komponente hat, denn: „Wenn ich davon ausgehe, dass ich belastbar bin und gesundheitlich herausfordernde Situationen bewältigen kann, dann habe ich ganz andere Kräfte.“ Und sie „googlet“ auch nicht nach Krankheitsbildern, die sie eventuell betreffen könnten.

Damit liegt Isabell Koinig nicht im Trend der Zeit, wie sie durch ihre Forschungsarbeiten im Bereich der Gesundheitskommunikation feststellt. Aus Patientinnen und Patienten werden, auch begrifflich, wie sie uns erzählt, zunehmend „GesundheitskonsumentInnen“. Dahinter stecke ein neues Selbstverständnis: Auch wenn der Arzt bzw. die Ärztin weiterhin in ihrer bzw. seiner fachlichen Autorität wertgeschätzt wird, nehmen immer mehr Menschen ihre Gesundheitsagenden stärker in die eigenen Hände. Dazu gehört auch, dass man sich informiert, nicht zuletzt via Internet: So sei, berichtet Koinig weiter, „Gesundheit“ der am sechsthäufigste gesuchte Begriff im World Wide Web. Das erfordert ein Umdenken bei den Ärztinnen und Ärzten, die zunehmend auch Kommunikationstrainings absolvieren, aber auch bei den Pharmaunternehmen, die Produkte verkaufen wollen. Sie appellieren mit ihrer Werbung an die „ermächtigten“ GesundheitskonsumentInnen, dieses oder jenes Produkt zu erwerben.

Isabell Koinig war zuletzt für ein Monat für einen Forschungsaufenthalt am Center for Health Communication an der Universität Amsterdam, wo sie andere Zugänge zur wissenschaftlichen Beschäftigung mit Gesundheitskommunikation kennenlernte. Sie berichtet dazu: „Während wir im deutschsprachigen Raum stark untersuchen, wie Botschaften ankommen, geht man in Amsterdam einen Schritt weiter und fragt auch: Zu welcher Langzeit-Verhaltensänderung führen Maßnahmen im Bereich der Gesundheitskommunikation? Dies ist ein stärkerer sozialwissenschaftlich-orientierter Zugang.“ Diesen Ansatz möchte sie für ihre nächsten Forschungsarbeiten aufgreifen. Generell gäbe es, erzählt sie weiter, in diesem Umfeld noch viele Fragestellungen, die offen seien. Ihr kumulatives Habilitationsvorhaben erlaube es ihr dabei, das Thema aus mehreren Perspektiven zu beleuchten.

Isabell Koinig hat sich momentan voll und ganz der Wissenschaft verschrieben und genießt die Zeit, die sie im universitären Kontext arbeiten kann. Ihr Weg war dabei geradlinig: Nach dem Studium der Anglistik & Amerikanistik sowie der Publizistik in Klagenfurt, währenddessen sie immer wieder in der Erwachsenenbildung tätig war, hat sie gleich eine Projektanstellung gefunden und stieg danach als PraeDoc- und PostDoc-Forscherin ein. Besondere Freude macht ihr dabei die Lehre: „Auch dort habe ich die Freiheit, das anzubieten, was mich besonders interessiert. Selbst älter werdend, sehe ich dann auch, was auf gutes Feedback der Studierenden stößt. Beim Thema Gesundheit, zu dem auch Ernährung und Fitness gehören, liegen wir da ganz am Puls der Zeit.“ Besonders die Digitalisierung böte neue Chancen und Herausforderungen für die Gesundheitskommunikation. mHealth, die Nutzung mobiler, elektronischer Geräte für medizinische Versorgung, sei auf der Überholspur; entsprechende Angebote boomen und setzen Milliarden-Dollar-Beträge um. „Für mich als Wissenschaftlerin wäre es das schlimmste, wenn ich wüsste, dass mein Thema begrenzt wäre“, stellt Isabell Koinig fest. Diese Gefahr besteht beim wachsenden Feld der Gesundheitskommunikation wohl eher nicht.

 

Auf ein paar Worte mit … Isabell Koinig

Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftlerin geworden wären?

Die Liste meiner Traumberufe war lang – vielleicht Flugbegleiterin.

Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?

Mehr oder weniger…

Was machen Sie im Büro morgens als erstes?

Tee kochen und Kalender checken

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?

Leider nein… sollte ich aber…

Was bringt Sie in Rage?

Ungerechtigkeit und Ignoranz

Und was beruhigt Sie?

Kommt darauf an: Musik, Sport, ein gutes Buch… oder Schokolade

Wer ist für Sie die/der größte WissenschaftlerIn der Geschichte und warum?

Stephen Hawking – weil er sich trotz seiner körperlichen Einschränkungen nicht entmutigen hat lassen und die Physik nachhaltig geprägt hat

Wofür schämen Sie sich?

Schlechte Manieren und Selbstüberschätzung (im Sinne von „Fremdschämen“)

Wovor fürchten Sie sich?

Schlangen

Worauf freuen Sie sich?

nette Gesellschaft und gutes Essen