Fotografie: Gemeinschaften in Zeiten der Corona-Pandemie
Studierende zeigen ihre Fotografien, die während der Corona-Krise im Rahmen der Lehrveranstaltung „Fotografie und Gemeinschaft“ entstanden sind. Jedes Bild erzählt eine eigene Geschichte und gibt ganz private Einblicke in den Alltag und in den wahrgenommenen öffentlichen Raum.
Gemeinsam mit dem Kärntner Fotografen Stefan Reichmann entwickelten Studierende des Masterstudiums Visuelle Kultur im Rahmen des Seminars „Fotografie und Gemeinschaft: Bildtheorie und fotografische Praxis“ ihre eigenständigen fotografischen Arbeiten.
Die Lehrveranstaltung wurde gemeinsam mit Anna Schober vom Institut für Kulturanalyse und dem Fotografen Stefan Reichmann konzipiert. Der Theorieteil wurde von Anna Schober über Distance Learning vorgetragen und beinhaltete u. a. eine theoretische Aufarbeitung von Texten der Fotografietheorie und Bildbeispielen. Im praktischen Teil, unter der Anleitung von Stefan Reichmann, erarbeiteten die Studierenden eine eigene Fotosequenz in Bezug auf Gemeinschaft, die sich mit dem Alltag der Studierenden in Zeiten der Corona-Pandemie zu Hause und in der Öffentlichkeit auseinandersetzt.
„Es war sehr schwierig, genau in der Zeit des Lockdown Gemeinschaften, so wie wir diese normalerweise kennen, in Bildern festzuhalten“, erzählt Reichmann. Deshalb habe sich die Fotoaufgabe auf die Abbildung der Gemeinschaft konzentriert, wo sie noch stattfindet. Die Studierenden haben diese Gemeinschaften gesucht, entweder im öffentlichen Raum, z. B. in Supermärkten oder beim Spazierengehen, aber auch in den Familien. Auf die Frage hin, welche Gemeinsamkeiten die Bilder haben, sagt Reichmann: „In den Bildern ist zu sehen, dass die Gemeinschaft durch die Corona-Vorgaben eine Limitierung erfährt. Diese weckt bei den Fotograf*innen neue fotografische Sichtweisen auf den gewöhnlichen Alltag.“
Vom Niveau der Arbeiten und dem Engagement der Studierenden war Reichmann sehr beeindruckt. „Jeder Student und jede Studentin entwickelte einen eigenen Stil. Es war nicht wichtig, ob mit einer Spiegelreflexkamera oder mit einem Handy fotografiert wurde, sondern einzig die Nähe zu den Menschen und zur Gemeinschaft zählte. Die Bilder sollten authentisch sein und ein Gefühl vermitteln, mittendrinnen zu sein.“ Die Sujets waren sehr unterschiedlich und reichten von Bildern im sehr privaten Umfeld, bis hin zu experimentellen Serien mit einer Drohne im Raum.
Die einzelnen Fotos wurden per Videokonferenz besprochen, der Bildaufbau thematisiert und die Bilder gegenübergestellt, um letztendlich eine Auswahl zu treffen. Zum Abschluss des Seminars wäre eine Fotoausstellung geplant gewesen. „Wir werden auf den digitalen Raum ausweichen und auf diese Weise die Bilder präsentieren. Diese außergewöhnliche Zeit wurde dokumentiert und es ist uns sehr wichtig, ein Statement zu setzen sowie andere an den fotografischen Geschichten teilhaben zu lassen“, sagt Reichmann.
Ausgewählte Fotoarbeiten von
Altenmarkter Michaela
Brandstätter Christian
Fiedler Petra
Ulbnig Ida
Karnel Noemi
Koller Katja
Pichler Ilse
Schurian Sarah
Thaler Judith
Schneider Anna
Froihofer Pia
BRANDSTÄTTER Christian
“Man darf Luftschnappen gehen, wenn einem die Decke auf den Kopf fällt”: Aussagen wie diese inspirierten Christian Brandstätter dazu, das Lockdown-Leben aus der Perspektive der Zimmerdecke zu sehen. “Indoor drone flying” wurde aber trotzdem nicht die Lieblingsbeschäftigung des Berufsfotografen. In seiner Serie “Homestory” findet man aber auch Dokumente zur Veränderung der eigenen Psyche durch das tägliche Studieren der Corona-Statistik, und ein Massageball wird zur Allegorie der Covid-Krise.
FIEDLER Petra
Bildtitel: „Besuch am Fenster“
Man sieht auf dem Bild Kommunikation auf mehreren Ebenen: Persönlich am Fenster, jedoch, um sich dabei auch unterhalten zu können, zusätzlich über das Handy. Es ging darum, Unterlagen aus einer Email-Korrespondenz auszudrucken. Über das Handy versuche ich meiner Mutter zu erklären, wie sie die Unterlagen ausdrucken kann. Der Betrachter erhält durch die Spiegelung im Fenster zusätzliche Informationen über die Gesprächssituation, indem er beispielsweise die Hintergründe (Innenraum vs. Außenraum) wahrnehmen kann.
ULBING Ida
Bildtitel: „Smarte“ Familienmomente
Beschreibung: Im Kreise meiner Familie haben die Ausgangssperren nicht zum Verlust, sondern vielmehr zur Stärkung und Bildung einer neuen Art von Gemeinschaft geführt. Es war ungewöhnlich, nach Jahren des Alleine-Wohnens wieder für einige Wochen im Elternhaus mit der Familie zusammenzuleben. In den letzten drei Monaten hatten wir vermutlich mehr Gemeinschaftsmomente als in den ganzen Jahren zuvor – auch wenn es manchmal nur der geteilte Blick ins Smartphone war.
KARNEL Noemi
Mein Foto spiegelt die Hamsterkäufe zu Beginn der Corona-Krise wider. Wichtig waren mir, bei der Anfertigung des Fotos die Lichtverhältnisse und die Spiegelung des Blitzes. Es weckt Assoziationen an eine Schatzkiste mit funkelndem Gold, nur dass es sich um strahlende Lebensmittel Konservendosen handelt- den Schatz in Corona-Zeiten.
PICHLER Ilse
Bildtitel: „Sicherheit geht vor“
KOLLER Katja
Bildtitel: „Trolley Madness“
Beschreibung: Volle Einkaufswagen gehörten zum gewohnten Bild während des Shutdowns. Im öffentlichen Raum zeigten jene Personen recht häufig, die sich mit Maske und Einmalhandschuhen beim Einkaufen geschützt haben.
KOLLER Katja
Leere Parkplätze vor Einkaufsgeschäften – ein gewohntes Bild während der Corona-Krise. Der erste Teil meiner Fotoserie zeigt Skateboarder, die genau diese menschenleeren/öffentlichen Räume für sich erobert haben, um so ein Stückchen Freiheit zurück zu gewinnen.
SCHURIAN Sarah
Bilditel: “Resilienz“
Der von der Regierung beschlossene Lock-Down bestimmte auch die behördliche Schließung der öffentlichen Spielplätze. Unbeeindruckt von der in der Gesellschaft spürbaren Ungewissheit und Angst eroberten Kinder ihre eigenen neuen Reviere.
THALER Judith
Bildtitel: „Ruhe in Coronazeiten“
SCHNEIDER Anna
„In der Corona-Krise wurden sämtliche Nachrichensendungen zum täglichen Ritual in meiner Familie. Das Foto zeigt die Familienmitglieder versammelt vor dem Fernseher, wie sie die Ansprache der deutschen Bundeskanzlerin verfolgen.“
SCHNEIDER Anna
FROIHOFER Pia
ALTENMARKTER Michaela
FROIHOFER Pia