Erstes „Forum Law & Economics“ an der Universität Klagenfurt: Rechtvorschriften nach ökonomischen Gesichtspunkten anwenden und gestalten

Die Rechtsökonomie analysiert Gesetze und andere Rechtsregeln mithilfe ökonomischer Theorien und Modelle. Eine (Online-)Fachtagung der Universität Klagenfurt will diese Disziplin und ihren interdisziplinären Ansatz nun auch in Österreich stärker etablieren.

Warum nützt es dem Arbeitsmarkt, wenn das Gesetz die maximale Arbeitszeit pro Woche begrenzt? Wie wirkt ein starker Kündigungsschutz auf die Arbeitslosenquote? Welchen Effekt hat es auf den Wohnungsmarkt, dass man neue Dachgeschosswohnungen zu einem höheren Zins vermieten kann als Altbauwohnungen? Warum kann man seine Erfindung nur patentieren lassen, wenn man sie im Patentregister öffentlich zugänglich macht und damit das Geheimnis für jedermann lüftet? Wozu gibt es eigentlich ein Insolvenzverfahren? Weshalb bekommt die Finderin einen Finderlohn? Ist es gerechtfertigt, dass Besserverdiener einem höheren Steuersatz unterliegen als niedrige Einkommen? Warum wandert mein Vermögen nach meinem Tod nicht an den Staat, sondern an eine Erbin, die ich mir selbst aussuchen kann? Schreckt die Todesstrafe mehr von Verbrechen ab als Gefängnishaft?

„In der Rechtsökonomie geben wir Antworten auf solche Fragen: Zuerst überlegen wir uns, welche Ziele soll die Rechtsordnung denn eigentlich verfolgen. Und dann überlegen wir, wie müssen die rechtlichen Regeln gestaltet sein, damit die Rechtsordnung diese Ziele erreicht“, sagt Wolfgang Weigel, Mitveranstalter des ersten FORUM LAW & ECONOMICS. Er ist einer der Pioniere der Rechtsökonomie in Europa und Vorstandsmitglied des Joseph von Sonnenfels Center für ökonomische Analyse des öffentlichen Rechts in Wien. „Auf diese Fragen gibt es oft ganz einfache Antworten – allerdings findet man diese Antworten eben nicht im Gesetz. Sie ergeben sich aus ökonomischen Überlegungen. Jede dieser rechtlichen Regeln verfolgt den Zweck, die ökonomische Situation in einer Gesellschaft in bestimmter Weise zu steuern. Und das gilt nicht nur in diesen Beispielen, sondern im Prinzip für jede rechtliche Regel – egal ob im Strafrecht, im Steuerrecht oder im Privatrecht.“

Mitveranstalter Christoph Kietaibl, Professor für Privatrecht in Klagenfurt, ergänzt: „Die Rechtsökonomie ist zwar eine relativ junge Disziplin, sie ist international aber schon voll etabliert. An fast allen renommierten Law Schools und Business Schools kann man dieses Fach belegen. Und schon mehrere Male hat es einen Nobelpreis für rechtsökonomische Theorien gegeben. Wir wollen dieses Know-how noch stärker nach Österreich holen und an der Universität Klagenfurt einen Kompetenz-Cluster aufbauen.“

Die zweitägige Fachtagung an der Universität Klagenfurt ist dafür der Startschuss. Sowohl die Universität als auch die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften unterstützen dieses Forschungsvorhaben von Beginn an. Dekan Erich Schwarz freut sich über den neuen Schwerpunkt an seiner Fakultät: „Die Rechtsökonomie ist wirklich ein Musterbeispiel dafür, wie man interdisziplinär forscht. Gerade unsere Fakultät kann ihre Stärken dabei voll ausspielen: Denn wir verfügen über erstklassige Wirtschaftswissenschaftler*innen und ebenso über hochkarätige Juristen*innen.“

Doch was ist denn eigentlich das Neue an der Rechtsökonomie? Muss nicht ohnehin jede klassische Juristin überlegen, welchen Sinn eine Rechtsvorschrift hat, bevor sie damit arbeitet? „Neu ist, dass wir diese Perspektive erweitern“, sagt Olaf Riss, der dritte Mitveranstalter und ebenfalls Professor für Privatrecht in Klagenfurt: „Es geht uns nicht allein darum, wie Richter*innen oder Rechtsanwält*innen an eine Rechtsvorschrift herangehen, die sie im Gesetz finden und die sie anwenden müssen. Wir setzen schon eine Stufe davor an. Wir überlegen uns, wie sollte denn das Gesetz idealerweise aussehen, wenn der Staat die ökonomische Situation optimal gestalten will. Wie muss der Gesetzgeber die Rechtsvorschriften formulieren, um das Verhalten der Bürger*innen in eine bestimmte Richtung zu steuern? Gerade in der Corona-Krise hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass man schon beim Schreiben des Gesetzes genau weiß, wo man hinwill und wie man dazu vorgehen muss.“

Die Veranstaltung findet am 15. und 16.Oktober am Campus der Universität Klagenfurt statt. Eine Teilnahme ist auch über online-Stream möglich. Informationen und Anmeldung unter www.aau.at/forum-lawecon