„Erfüllend ist für mich, die Entwicklung zu sehen.“
Johanna Mutzl ist Präsidentin des ÖAMTC Kärnten und seit über 20 Jahren als selbständige Trainerin und Beraterin für Unternehmen verschiedenster Branchen tätig. Im Alumni-Porträt spricht die promovierte Publizistin und Kommunikationswissenschaftlerin mit uns über die Vereinbarkeit von Ehrenamt und Selbstständigkeit, über den Klimaschutz im Verkehrssektor und darüber, wie die Universität Klagenfurt sie bei ihrer erfolgreichen Karriere begleitet hat.
Frau Mutzl, Sie sind seit 2021 Präsidentin des ÖAMTC Kärnten. Wollten Sie immer schon in die Automobil-/Motorradbranche? Was reizt Sie an dieser ehrenamtlichen Funktion besonders?
In die Verkehrsbranche bin ich eher durch einen Zufall gekommen. Was ich aber schon immer wollte, und darauf ist mein Hauptberuf ausgerichtet, ist das Entwickeln von Organisationen – daher kann ich meine Erfahrung beim ÖAMTC gut einbringen. Zudem ist der ÖAMTC kein reiner Autofahrerclub, sondern eine Nothilfeorganisation. Unsere Helfer:innen sind nicht nur an Ort und Stelle, wenn man auf der Autobahn eine Panne hat, sondern sie unterstützen z.B. auch mittels Hubschrauber im unwegsamen Gelände. Diesen Aspekt, etwas Gutes zu tun, finde ich an der Organisation faszinierend. Dafür gebe ich meine Zeit gerne her.
Mit welchem Verkehrsmittel sind Sie selbst am liebsten unterwegs?
Am liebsten mit dem Fahrrad, weil man sich dabei auch sportlich betätigt. Gemeinsam mit dem umweltlichen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Aspekt vereinigt es die Anforderungen eines modernen Verkehrsmittels. Aufgrund der Distanzen, die ich beruflich bewältigen muss, wie z.B. nach Wien, Salzburg oder Deutschland, bin ich natürlich auch auf den Zug oder das Auto angewiesen.
Sie sind hauptberuflich selbstständig und beraten als Trainerin und Coach seit über 20 Jahren
Groß-, Mittel- und Kleinunternehmen verschiedener Branchen in ganz Österreich. Was ist Ihr Schlüssel zum Erfolg?
Viele Unternehmen begleite ich schon eine sehr lange Zeit, eines z.B. seit über 16 Jahren. Langfristige Partner:innen sind sicher förderlich, wobei man nie für eine Organisation arbeitet, sondern immer mit einer Organisation. Das ist ein wichtiger Aspekt. Als Beraterin muss man sich voll und ganz auf das Unternehmen einlassen können und gezielt reflektieren: Was benötigen die Menschen? Was benötigt die Organisation selbst? Welche Beziehungen und Herausforderungen gibt es? Wie lässt sich gemeinsam etwas entwickeln? Wenn ich am Ende des Tages „überflüssig“ bin, weil die Leute ihre Themen selber lösen können, war meine Arbeit und in der Regel auch die beabsichtigte Veränderung erfolgreich.
Was hat sich in Ihrer Beratungstätigkeit über die vielen Jahre verändert?
Man merkt, dass das Miteinander zunehmend an Bedeutung gewinnt. Was früher eher eine Kunden-Auftragsbeziehung war, wird heute in Zusammenarbeit auf Augenhöhe gelöst. Das macht auch die Ergebnisse nachhaltiger, beständiger. Der reine Auftrag ist zu einer Partnerschaft geworden.
Was ist das Erfüllende an Ihrem Job? Ist Veränderung in Organisationen messbar?
Erfüllend ist für mich, die Entwicklung zu sehen. Wenn ich sehe, welche Probleme ein Unternehmen in der Ausgangssituation hatte, wie es sich positiv verändert und mit ihm seine Mitarbeiter:innen und deren Karrieren; wenn ich sehe, wie Jahre später noch professionell mit neuen Herausforderungen umgegangen wird oder positive Wertekulturen entstehen, dann ist das schön und motivierend zugleich. Auch bei meinen Lehraufträgen an der Universität Klagenfurt fand ich es spannend, die persönliche Entwicklung von Studierenden zu sehen. Messbarkeit bleibt relativ, aber Veränderung ist in jedem Fall sichtbar und spürbar – auch wenn diese oft nicht auf den ersten Blick erkennbar ist.
Wie bringt man diese Selbstständigkeit und das Ehrenamt unter einen Hut?
Planen, planen und noch einmal planen. Das Ehrenamt, so wie ich es für mich verstehe und beim ÖAMTC lebe, nimmt schon sehr viel Zeit in Anspruch. Aber es ist mir wichtig und wird daher im Kalender genauso eingetragen wie jeder andere berufliche Termin.
Sie machten Ihre Grundausbildung im Bereich Sozialpädagogik und fingen im Jahr 1998 an, in Klagenfurt „Angewandte Kommunikationswissenschaft“ zu studieren. Warum fiel Ihre Wahl damals auf die Universität Klagenfurt?
Einerseits hat mich die Kommunikationswissenschaft schon immer interessiert. Dass das Studium in Klagenfurt damals angeboten wurde, war für mich schon ein großer Faktor. Andererseits bin ich jemand, der das Familiäre, was der Universität Klagenfurt ja auch zugeschrieben wird, sehr schätzt. Tatsächlich ist man nicht eine:r unter zehntausenden Studierenden, sondern ermöglicht der gute Betreuungsschlüssel das intensivere Arbeiten an wissenschaftlichen Themen sowie einen besseren Zugang zum Wissen von Professor:innen. Wenn man, wie ich damals, nebenberuflich studiert, ist dies besonders von Vorteil.
Wie kam es, dass Sie auch ein Doktoratsstudium an der Universität Klagenfurt anhingen?
Gott sei Dank habe ich mir an der Universität nicht schwer getan und mir hat die Art des wissenschaftlichen Arbeitens gefallen – konkret der Entwicklungsaspekt, denn man muss immer etwas Neues auf die Beine stellen. Meine Dissertation, die ich bei Brigitte Hipfl und Rainer Winter geschrieben habe, hat mit der Identifikation von Medienfiguren und Bedeutungskonstruktionen im Internet zu tun.
Gibt es jemanden, der Sie auf Ihrem Karriereweg besonders inspiriert hat?
Das eine Vorbild oder große Idol hat es nicht gegeben. Inspiriert haben mich vielmehr die kleinen Überraschungsmomente, welche in ihrer Summe etwas Großes ausgemacht haben. Das waren beispielsweise unerwartete Handlungen von fremden Personen, nach welchen man die eigenen Wertungen reflektiert; die für einen selbst neue Ansatzpunkte liefern und die man folglich in das eigene Leben integrieren möchte.
Welche drei Worte fallen Ihnen ein, wenn Sie an die Universität Klagenfurt denken?
Neugier, Chancen und Zeit. Zeit, sich in Ruhe mit den wichtigen Themen unserer Welt auseinandersetzen zu können.
Fällt Ihnen auch eine Anekdote Ihrer Studienzeit ein?
Früher wurden wir nicht in digitaler anonymer Form über unsere Prüfungsnoten informiert, sondern es musste sich jede:r Studierende das Zeugnisblatt in einem Karteikasten im Sekretariat abholen, wo alle Zeugnisblätter, von A bis Z sortiert, aufbewahrt wurden. Ein Exemplar behielt sich jeweils die Universität, das andere durften wir aber behalten bzw. diente dieses als Nachweis für die Studienabteilung, um die Lehrveranstaltung im Prüfungsbuch einzureichen. Mich wundert heute noch, dass nie ein Zeugnisblatt vom Karteikasten verschwunden ist. Auch Datenschutz war damals kein Thema, obwohl man alle Noten der anderen einsehen konnte – gestört hat es trotzdem keinen, soweit ich mich erinnere [lacht].
In Kärnten gibt es rund 18.000 Unternehmerinnen, jede zweite Unternehmensgründung ist inzwischen weiblich. Welche Herausforderungen haben selbstständige Frauen in der Wirtschaft? Gibt es in Sachen Gleichberechtigung noch immer Aufholbedarf?
Ich hatte zum Teil mit dem Thema zu kämpfen, wobei sich in der Vergangenheit viel getan hat! Beispielsweise wurde ich am Anfang meiner Karriere angefragt, um in einem Unternehmen eine Manager-Gruppe, allesamt Herren, zu unterrichten. Daraufhin wurde intern Ablehnung signalisiert, dass keine Frau eine reine Männergruppe coachen könnte. Letztendlich hat der Geschäftsführer umgelenkt und mich doch als Coach geholt, woraufhin alles einwandfrei lief. In vielen Unternehmen ist Gleichberechtigung nahezu kein Thema mehr, aber es gibt nach wie vor welche, in denen z.B. die Top-Management-Jobs nur männliche Berater übernehmen. Und wenn es in Richtung „Shopfloor“ geht, wird auch die Beratung weiblicher – da gibt es Aufholbedarf.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Ihnen aus?
Ich habe tatsächlich wenige typische Arbeitstage, weil die vielen Firmen und Organisationen, die ich betreue, unterschiedlich arbeiten und in ganz Österreich bzw. auch Deutschland verteilt sind. Ob Workshop, Training oder Coaching, auch meine Leistungen unterscheiden sich. Meistens beginnt der Tag gegen 4 Uhr früh, weil zu dieser Zeit mein Hund aktiv wird. Ich bin ein Morgenmensch und kann in der Früh gut arbeiten – mit Kaffee, Computer und E-Mails, was dazugehört. Bevor ich das Haus verlasse, sollten die To-dos weggearbeitet sein, damit ich mich untertags voll und ganz auf die Aufträge konzentrieren kann. Diese können einen halben Tag dauern, einen ganzen Tag oder, ab und zu, wirklich weit in den Abend hinein.
Wenn wir gerade beim Alltag sind: Gibt es eine Situation, in der Sie selbst froh waren, Unterstützung durch den ÖAMTC erhalten zu haben?
Beim Versuch zu bremsen haben einmal tatsächlich meine Autobremsen nicht ordentlich funktioniert, das war auf der Autobahnabfahrt Villach/Faakersee – ein sehr unangenehmes Gefühl! Zum Glück ist nichts passiert. Am nächstgelegenen ÖAMTC-Stützpunkt hat man schließlich die Karosserie samt Bremsen geprüft, welche tatsächlich defekt waren und im Anschluss repariert werden mussten. Man weiß in solchen Moment selbst nicht, welches Sicherheitsrisiko besteht oder ob man das Auto stehen lassen muss. Über den professionellen Service vom ÖAMTC war ich sehr dankbar.
Die Auswirkungen des Klimawandels beeinflussen die Automobil-/Motorradbranche stark. Welchen Beitrag kann der Verkehrssektor zum Klimaschutz leisten? Wohin geht die Reise des ÖAMTC?
Der Verkehrssektor kann viel leisten, keine Frage. Der ÖAMTC setzt sich klar dafür ein, dass wir auf allen Ebenen nachhaltig und klimafreundlich werden. Hierbei spielen Elektromobilität, sowie Kraftstoffe basierend auf erneuerbaren Energien in Kombination mit öffentlichem Verkehr und den aktiven Mobilitätsformen Radfahren und Zufußgehen eine wichtige Rolle. Ob E-Autos der Weisheit letzter Schluss sind, wissen wir nicht, daher ist der ÖAMTC offen für alle Technologien, die bewirken, dass im Verkehr keine Schadstoffe mehr ausgestoßen werden. Vielleicht wird es nicht wie in „Zurück in die Zukunft“ möglich sein, Autos mit Bananenschalen zu betreiben. Aber es gibt viele kluge Köpfe, die im Bereich Wissenschaft und Forschung tätig sind – dieses Forschungsgebiet möchten wir nicht einengen, sondern plädieren für Offenheit und Zielforschung. Wer weiß [schmunzelt]: Vielleicht kommt die Bananenschale doch noch…
Sie sind beruflich fest eingeteilt, Frau Mutzl. Was machen Sie zum beruflichen Ausgleich?
Am liebsten bin ich draußen an der frischen Luft – entweder mit meinem Hund oder mit meinem Pferd. Auch in den Bergen kann ich gut Kraft tanken, z.B. beim Wandern oder am Klettersteig. Mit Pferden führen wir übrigens auch Führungskräftetrainings durch, um Kommunikationskompetenzen zu verbessern und die Teamdynamik zu stärken.
Welchen Karrieretipp würden Sie frisch gebackenen Absolvent:innen mit auf den Weg geben?
Probiert Euch aus! Wenn man als junger Mensch eine gute Idee hat, sollte man diese verfolgen und nicht voreilig einstampfen. Auch wenn sich z.B. ein lang ersehnter Traum nicht so anfühlt, wie man es sich vorgestellt hat, ist es umso wichtiger, Neues auszuprobieren und vielleicht über den eigenen Schatten zu springen. Durch Dinge, die einem zufällig im Leben begegnen, ergeben sich oft spannende Karriere- oder Entwicklungsmöglichkeiten.
Was verbindet Sie heute mit der Universität Klagenfurt?
Nicht nur meine Studien, auch meine Zeit als externe Lehrende hat viel zu meiner persönlichen Entwicklung beigetragen – das möchte ich nicht missen. Es verbindet mich natürlich auch Dankbarkeit, denn an der Universität Klagenfurt durfte ich viele tolle Menschen kennenlernen und es wurde mir viel Vertrauen geschenkt. Wenn ich heute Studierende von damals wiedertreffe und sehe, wie sie sich entwickelt haben, denke ich auch immer erfreut an die Universität Klagenfurt zurück.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Mutzl.
Alumni im Porträt
Die Universität Klagenfurt ist stolz auf ihre Absolvent:innen. In unseren Alumni-Porträts erfahren Sie mehr über die Erfolge, Karrieren und Geschichten unserer Alumni, deren Pioniergeist für sich und die Universität Klagenfurt spricht. Sie kennen eine:n Absolvent:in mit inspirierendem Karriereweg? Dann schreiben Sie uns.
Alumni-Netzwerk der Universität Klagenfurt
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