Einblick in die Lehre… 3 Fragen an Sandra Husanović

In der Lehrveranstaltung Morphologie Bosnisch/Kroatisch/Serbisch (BKS) erhalten Studierende „ein möglichst umfassendes Bild über die Struktur des BKS“. Oft wird die Grammatik als das Anstrengende am Sprachen-Lernen wahrgenommen. Dabei ist das tiefergehende Verständnis des Systems der Sprachen ein wichtiger Schritt, der dazu führt, Sicherheit in der Sprachanwendung zu gewinnen. 

Können Sie uns etwas Näheres zu Ihrer LV erzählen? Worum geht es dabei genau?

In meiner LV geht es, wie der Name schon sagt, um die Morphologie des Bosnischen/Kroatischen/Serbischen (BKS). Der Begriff Morphologie leitet sich von den griechischen Wörtern morphē („Form“) und logos („Wort“) ab und bezeichnet den Teil der Grammatik, der sich mit den Wortarten, deren Formen und Kategorien, sowie deren morphologischer Struktur befasst. Die Studierenden erhalten in dieser LV einen Überblick über das morphologische System der bosnischen/kroatischen/serbischen Sprache. Sie vertiefen, erweitern und systematisieren, die in den Sprachkursen, also den Grund- und Aufbaukursen, erworbenen Kenntnisse grammatischer Strukturen des BKS.

Was wollen Sie Ihren Studierenden mitgeben?

Inhaltlich: ein möglichst umfassendes Bild über die Struktur des BKS, aber was mir persönlich noch viel wichtiger ist: Ich möchte ihren Zugang zur Grammatik ändern, ihr Interesse wecken, sie zum Nachdenken anregen. Die meisten Studierenden assoziieren mit Grammatik viele Regeln, unzählige Ausnahmen, mühsames Auswendiglernen von Merksätzen und Endungen; kurzum, nichts Spannendes und Fesselndes. Aber sie wissen, dass sie Grammatik lernen müssen, da sie für die Kommunikation in der Sprache notwendig ist. Ohne Grammatik kann die Sprache nicht funktionieren. Ich versuche daher, aus dieser „Not“ eine Tugend zu machen. Jede Sprache hat gewisse Regeln, die die Lerner*innen kennen müssen. Muttersprachler*innen lernen diese Regeln ohne sie benennen zu können, sie haben sich ein System im Kopf zurechtgelegt. Aus diesem Grund denken auch immer alle, dass die eigene Muttersprache ganz einfach sei, die anderen Sprachen dagegen schwierig und unlogisch. Es fehlt der Blick von außen, die Reflexion. Und genau das ist das Spannende im Morphologie-Kurs, denn die Gruppen sind immer heterogen. Das bedeutet, dass Studierende, deren Muttersprache Bosnisch, Kroatisch oder Serbisch ist, den Kurs zusammen mit Studierenden, die B/K/S als Fremdsprache lernen, besuchen.  Häufig wird angenommen, dass die Muttersprachler*innen schon alles wissen würden und die eigene Sprache jemandem lernen könnten. Die Beherrschung bestimmter grammatikalischer Phänomene und deren automatische Anwendung ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist das vertiefende Verständnis dieser Phänomene und die Kunst, sie aus der Sicht eines Lernenden zu sehen und erklären zu können. Die Studierenden merken in meinem Kurs sehr schnell, was für ein tolles Gefühl es ist, grammatikalische Phänomene erklären zu können. Dadurch bekommen sie auch mehr Sicherheit in der Zielsprache.

Warum ist ein Sprachstudium gerade jetzt wichtig?

Sprachen lernen ist schon immer ein Teil von uns Menschen. Jetzt ist es jedoch besonders wichtig, da wir in einer multikulturellen Gesellschaft leben, die immer vielfältiger wird. Das Erlernen einer neuen Sprache bringt uns anderen Kulturen und Welten näher und hilft uns, sie besser zu verstehen. Es heißt ja, dass eine neue Sprache nicht nur die Türen öffnet, sondern vor allem auch die Augen.

Zur Person

Sandra Husanović ist Lehrende am Institut der Slawistik an der Universität Klagenfurt. Sie forscht und lehrt in den Bereichen Angewandte Sprachwissenschaft, bosnische/kroatische/serbische Literatur und Kultur, Didaktik des Fremdsprachenunterrichts und Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweitsprache. Zusätzlich ist sie als Übersetzerin tätig.


Profilbild