Ein Wiedersehen mit … Solveig Menard-Galli
Solveig Menard-Galli hat an der AAU Angewandte Betriebswirtschaft studiert und ist heute CFO der Business Unit Clay Building Materials Europe der Wienerberger AG. Im Interview mit ad astra erzählt sie, wie sich die Arbeitswelt im Controlling verändert hat, warum sie den Austausch mit Studierenden so schätzt und wie sich die Unternehmenskultur von Österreich und den Niederlanden unterscheidet.
Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an Ihre Studienzeit zurückdenken?
Radikale Veränderung. Zu meiner Studienzeit gab es tatsächlich noch kein Excel, und jetzt ist es das Brot- und Buttergeschäft für jeden Controller und Finanzlerweltweit. Das ist schon sehr aufregend, was da in den letzten Jahren im Feld der Digitalisierung passiert ist und wie das massiv die Art und Weise, wie wir arbeiten, verändert hat. Artifi cial Intelligence, Machine Learning, das steckt heute viel-leicht noch in den Kinderschuhen, die möglichen Anwendungen im Business Umfeld entwickeln sich jedoch rasant. Es ist interessant zurückzublicken: Wo war das Controlling vor zwanzig Jahren, was hat sich alles verändert und was heißt das für heutige Studierende, die bald ins Berufsleben einsteigen.
Was geben Sie ihnen mit auf den Weg?
Offenheit für Neues, offen sein für Weiterbildung und Weiterentwicklung. Mit dem Studium hat man eine gute Basis, aber das reicht nicht. Es gibt so viele Themen, die sich immer wieder neu auftun, wo es notwendig ist, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Mein Wissen weiterzugeben und gemeinsam mit Studierenden an Business-Cases zu arbeiten und neue Tools zu diskutieren, das finde ich sehr spannend und wertvoll. Das ist auch der Grund, warum ich so gerne in der Lehre bin. Man bekommt viel zurück, auch für meine Position.
Wie schaffen Sie das zeitlich?
Das passiert natürlich in meiner Freizeit, da nehme ich mir ein paar Tage Urlaub, um wieder eine Lehrveranstaltung anbieten zu können. Aber es zahlt sich aus, denn mir persönlich gibt das wirklich Energie, und es macht mir einfach auch Spaß.
Wie haben Sie Ihre Karriere begonnen?
Nach dem Studium habe ich als Universitätsassistentin bei Professor Kropfberger am Institut für Controlling und Strategische Unternehmensführung angefangen. So habe ich das Berufsleben einer Wissenschaftlerin kennengelernt, immer mit voller Unterstützung der Professoren. Mit Mitte zwanzig durchläuft man eine Phase, in der man sich erst selbst finden und überlegen muss, was man in seinem Berufsleben wirklich machen will. Ich wusste dann immer mehr, dass ich in die Praxis gehen wollte, und habe begonnen, bewusst nach außen zu schauen. Auch darin wurde ich positiv gefördert, das war einfach toll.
Wohin sind Sie dann gewechselt?
Ich habe bei Pago International in Klagenfurt als Controllerin angefangen. Pago wurde damals als Tochterunternehmen der Brau Union geführt, und innerhalb von zehn Jahren habe ich verschiedene Finanzpositionen bis zum CFO innegehabt. Dann wurde die Brau Union durch den Heineken-Konzern übernommen. Für mich persönlich war es extrem spannend zu sehen, wie ein Take-Over, den man im Studium in der Theorie gelernt hat, von einem Weltkonzern in der Praxis umgesetzt wird. Vor allem der Human-Resource-Approach von Heineken war ein anderer, mit viel mehr internationalen Möglichkeiten. Sie haben verstärkt nach MitarbeiterInnen gesucht, die international arbeiten wollen und das Potenzial haben, mehr Verantwortung zu übernehmen. In diesem Kontext habe ich dann das Angebot bekommen, aus meiner Pago-Funktion in die Heineken Holding nach Amsterdam zu wechseln. Dort war ich erst im Corporate Controlling und dann als CFO in der lokalen Heineken Niederlande Organisation tätig.
Gibt es Unterschiede in der Unternehmenskultur zwischen den Niederlanden und Österreich?
Was ich an den Niederlanden sehr geschätzt habe, sind die flachen Hierarchien in den Organisationen. Die MitarbeiterInnen laufen wirklich beim CFO rein und sagen „das ist mir aufgefallen“ oder „das finde ich nicht gut“. Man hat direktes Feedback und kann Dinge offen angehen. Das bedeutet aber auch, dass sehr viele MitarbeiterInnen in Diskussionen und Entscheidungen miteingebunden werden, was auch sehr viel Zeit in Anspruch nehmen kann. In Österreich sind wir sehr diplomatisch, das hat seine Vorteile. Manchmal ist das aber auch nicht sehr effizient, vor allem im internationalen Umfeld ist es oft wichtig, dass man klare Ansagen macht und in seinen Formulierungen nicht zu vage bleibt. Grundsätzlich ist Österreich nach meiner Erfahrung sehr auf Mitarbeiterentwicklung bedacht und schaut, dass jeder dort arbeitet, wo er sich nach seinen Stärken am besten entfalten kann. Heute sind Sie Finanzvorständin einer Business Unit der Wienerberger AG, dem weltweit größten Ziegelproduzenten mit 200 Produktionsstandorten in über 30 Ländern.
Was macht ein CFO?
Was ich am wichtigsten finde, ist die finanzielle Transparenz der Ergebnisse eines Unternehmens nach innen und nach außen sicherzustellen. Nach außen ist man natürlich an internationale Financial-Standards gebunden. Noch viel wichtiger ist aber die Transparenz nach innen, um das Business besser führen zu können und rechtzeitig zu wissen: wo sind Problemfelder, wo müssen wir eingreifen, was wollen wir in der Zukunft erreichen und welche Investition macht am meisten Sinn? Wesentlich dabei ist es, Entscheidungen gemeinsam mit den KollegInnen im Management-Team faktenbasiert zu treffen. Dazu kommt Risk- und Compliance-Management, also sicherzustellen, dass Risiken transparent gemacht und minimiert werden und Policies und Regeln eingehalten werden. In diesem Sinne sind neben fachlicher Kompetenz und Verständnis für das Business vor allem auch Leadership und Integrität wichtige Grundlagen für die Position als CFO.
Nehmen Sie sich Auszeiten?
Man muss schon aufpassen, dass man sich nicht total vereinnahmen lässt von E-Mail, Social-Media und dem Telefon, das man permanent bei sich hat. Man muss sich bewusst digitale Auszeiten nehmen und sagen: „Ich geh jetzt Ski fahren, lass das Telefon zu Hause und fahr ein paar Stunden durch die weiße Skiwelt.“
Welche Skiwelt wäre das und wie verbringen Sie Ihre Zeit sonst am liebsten?
Wir haben ein Haus auf der Gerlitzen, und da kommt die Familie oft zusammen. Wir verbringen viel Zeit beim Skifahren, Mountainbiken oder Wandern in den Bergen. Im Sommer sind wir auch gerne an der Adriaküste mit dem Segelboot unterwegs. Sport und Natur liegen mir sehr am Herzen.
Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?
Grundsätzlich macht mir der Job sehr viel Spaß, das Finanzthema zieht sich ja bei mir durch mein Leben, und in diesem strategischen Feld möchte ich auch weitermachen.
Für ad astra: Theresa Kaaden