Effizientere Nutzung der Wiesen kann zu erhöhter Nahrungsmittelproduktion beitragen
Nutzt man Weideflächen in einer effizienteren Weise, könnte man die globale Milch- und Fleischproduktion wesentlich erhöhen bzw. Landflächen für andere Nutzungen freigeben. Eine aktuelle Studie, die in der Zeitschrift Global Change Biology veröffentlicht wurde, zeigt auf, dass etwa 40 Prozent der natürlichen Wiesenflächen weltweit das Potenzial hätten, effizienter genutzt zu werden. Damit könnten potenziell 5 Prozent mehr Milch und 4 Prozent mehr Fleisch im Vergleich zum Jahr 2000 erzeugt werden. Setzt man nicht auf Mehrproduktion, könnte man ungefähr 2,8 Millionen Quadratkilometer Grünlandfläche anderen Zwecken widmen.
Um die weltweit wachsende Bevölkerung zu ernähren, muss die globale Nahrungsmittelproduktion gesteigert werden. Gleichzeitig hat die intensive Landwirtschaft Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima. Tierische Produkte, einschließlich Fleisch und Milch, sind eine bedeutende Nahrungsmittelquelle für Millionen von Menschen, und die Nachfrage nach diesen Produkten nimmt zu. Jedoch können eine gesteigerte Produktion tierischer Erzeugnisse und Veränderungen in der Landnutzung zu erhöhten Treibhausgasemissionen oder Bodenerosion durch Überweidung führen.
„Weideflächen gelten als wesentlicher Faktor bei der Steigerung der Nahrungsmittelproduktion zur Deckung des zukünftigen Nahrungsmittelbedarf der Weltbevölkerung “, sagt Tamara Fetzel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie in Wien der Alpen-Adria-Universität, die die Studie im Rahmen ihrer Teilnahme am Young Scientists Summer Program 2015 (YSSP) der IIASA (International Institute for Applied Systems Analysis) durchführte. „Um dieses Ziel nachhaltig zu erreichen, sollten wir uns auf eine effizientere Nutzung der derzeit verfügbaren Landressourcen konzentrieren, statt neue Flächen – beispielsweise durch Entwaldung – zu erschließen“, fasst Fetzel die Ergebnisse zusammen.
Wie groß der Effizienzeffekt sein kann, hänge dabei von einer Reihe von Variablen ab, einschließlich klimatischer, biologischer und sozioökonomischer Faktoren wie Management oder das Vorhandensein von Lagersystemen. In der neuen Studie untersuchten die Forscherinnen und Forscher die Auswirkungen von saisonalen Faktoren des Biomassewachstums auf die potenzielle Dynamik der Landnutzungsintensität von Weideflächen auf globaler Ebene. Fetzel und ihre KollegInnen identifizierten Gebiete, wo potenziell zusätzliche Biomasse von Weideflächen extrahiert werden könnte, indem sie die derzeitige Weideintensität mit der potenziellen maximalen Intensität, die durch saisonale Engpässe in der Verfügbarkeit von Biomasse definiert ist, vergleichen. Die AutorInnen diskutieren auch sozioökonomische und ökologische Einschränkungen zur Erschließung dieses Potenzials, wie fehlende Infrastruktur, Marktzugang, Wissen, Finanzen, Arbeitsbeschränkungen oder die Auswirkungen von Dürren sowie potenzielle negative Effekte wie den Verlust von Biodiversität oder Bodenerosion.
„Schätzungen über die Produktivität von Weideflächen und deren Intensivierungspotenzial gehören zu den unsichersten Parametern für globale Landnutzungsstudien, werden jedoch häufig verwendet um CO2-Kompensationsziele oder Ziele der Ernährungssicherheit festzulegen. Die Ergebnisse dieser Arbeit erlauben aufgrund der Berücksichtigung saisonaler Biomassezyklen eine realistischere Einschätzung der maximalen Nutzungsintensität und zeigen, dass die existierenden Potentiale zur Effizienzsteigerung deutlich geringer als gedacht ausfallen“, so Petr Havlik (IIASA), der Tamara Fetzel gemeinsam mit Karlheinz Erb (Institut für Soziale Ökologie Wien) während des YSSP betreute.
Fetzel T, Havlik P, Herrero M, Erb K-H (2017). Seasonality constraints to livestock grazing intensity. Global Change Biology, http://onlinelibrary.wiley.com/wol1/doi/10.1111/gcb.13591/full.