Effizient und intelligent: So können Drohnen die Zustellung von Gütern planen
Wenn Güter im ländlichen Raum mit schlechter Verkehrsinfrastruktur oder in staugeplagten Großstädten dringend gebraucht werden, könnten sie von Drohnen ausgeliefert werden. Amazon kündigte als einer der ersten 2013 an, Waren automatisiert mit den kleinen, autonomen Helikoptern zustellen zu wollen. Ein multidisziplinäres Forschungsteam an der Alpen-Adria-Universität um Christian Bettstetter und Friederike Wall legt nun erste Ergebnisse zur Frage vor, unter welchen Umständen die (selbstorganisierte) Warenauslieferung effizient funktionieren könnte. Doktorand Pasquale Grippa wird die Erkenntnisse im Rahmen der Tagung „Robotics. Science and Systems“ ab 12. Juli am Massachusetts Institute of Technology (MIT) vorstellen.
„Wir analysieren ein System, in dem Kundinnen und Kunden Waren anfordern, die in Depots gelagert und von Drohnen ausgeliefert werden“, so Christian Bettstetter (Institut für Vernetzte und Eingebettete Systeme). „Diese Anfragen treten zeitlich und räumlich zufällig auf. Die Transportmittel arbeiten diese Anfragen ab und liefern das gewünschte Gut an den Kunden oder die Kundin.“ Für die Systemintelligenz müssen sich die Forscherinnen und Forscher fragen: Welcher Kunde wird als nächster bedient? Welche Drohne bedient den nächsten Kunden? Von welchem Depot wird die Ware ausgehoben? Was machen die Drohnen, wenn keine Aufträge warten?
Basierend auf diesen Fragen zur automatisierten Aufgabenverteilung in einem Netzwerk von Drohnen hat das Forschungsteam verschiedene Szenarien und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Systems berechnet. Die Ergebnisse zeigen: Wenn immer die älteste Anfrage als nächstes bedient wird (first job first), kann es passieren, dass das System schon beim Ausfall eines einzigen Transportmittels instabil wird. Bedient man hingegen immer die örtlich nächste Anfrage (nearest job first), tritt ein solcher Schwelleneffekt nur in einigen Szenarien auf. Zudem kann ein nearest job first-Verfahren sehr gut in verteilter Weise implementiert werden, so dass jedes Transportmittel selbst entscheidet, welche Anfrage es als nächstes abarbeitet, wodurch sich der Grad der Autonomie über das rein autonome Fliegen hinaus erhöht. Während der Zeitpunkt der Jobzuteilung bei der Verwendung von first job first deutlichen Einfluss auf die Lieferzeit und die Systemstabilität hat, ist er bei nearest job first bedeutungslos.
Basierend auf diesen Ergebnissen stellt das Team eine Methodik zur Dimensionierung eines drohnenbasierten Lieferdiensts vor, wie sie zum Beispiel von einer Firma für die Planung des Systems verwendet werden kann. „Wir setzen die monetären Kosten in Verhältnis zur erwarteten Lieferzeit. Dabei berücksichtigen wir die Anzahl der Depots (langfristiges Investment), die Anzahl der Transportmittel (mittelfristiges Investment) und die verwendete Jobzuteilung (kurzfristig veränderbar)“, so Friederike Wall (Abteilung für Controlling und Strategische Unternehmensführung), die das vom Kärntner Wirtschaftsförderungs Fonds (KWF) geförderte Projekt gemeinsam mit Christian Bettstetter leitete. Umgesetzt wurde die Forschungsarbeit in Zusammenarbeit mit der Lakeside Labs GmbH. Mit im Forscherteam war auch ihre PostDoktorandin Doris Behrens.
Bettstetter fasst zusammen: „Drohnenbasierte Warenauslieferung ist eine interessante Nische mit großem Potenzial für Start-ups. Für einen möglichst effizienten Einsatz müssen Drohnennetzwerke basierend auf verschiedenen Zeithorizonten dimensioniert werden. Außerdem gilt es, sie mit Systemintelligenz auszustatten. Unsere Ergebnisse zeigen unterschiedliches Verhalten bei verschiedenen Jobzuteilungen.“
Weitere Informationen: https://bettstetter.com/talks/drohnenbasierte-lieferdienste/