„Der Austausch von Know-how ist enorm wichtig“
An der Spitze der Industriellenvereinigung vertritt Claudia Mischensky nicht nur die Interessen der Kärntner Industrie, sondern sie ist auf Bundesebene auch als Vize-Generalsekretärin tätig. Im Alumni-Porträt spricht die promovierte Wirtschaftsexpertin mit uns über ihre Studien an der Universität Klagenfurt, über aktuelle Herausforderungen und Chancen der Branche sowie über die Schnittstellen zwischen Industrie und Universität.
Frau Mischensky, Sie sind seit über 20 Jahren als Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Kärnten tätig und zeichnen als Vize-Generalsekretärin auch auf Bundesebene u.a. für die interne Koordination sowie Weiterentwicklung des IV-Netzwerks verantwortlich. Was reizt Sie an Ihren Tätigkeiten besonders?
Für mich ist das Netzwerk der Industriellenvereinigung deshalb besonders reizvoll, weil es zum einen eine Möglichkeit ist, mit herausragenden Persönlichkeiten in Kärnten und in ganz Österreich zu tun zu haben. Zum anderen ist die Industrie der bedeutendste Wirtschaftszweig in Kärnten, vor allem durch die hohe Wertschöpfung, den hohen Grad an Internationalisierung und durch das Schaffen von Arbeitsplätzen. Sich damit zu beschäftigen ist eine kontinuierliche Weiterentwicklung, die einen selbst auch nie zum Stillstand kommen lässt – das macht es für mich so spannend.
Ein neuer Tag im Büro beginnt für Sie mit…?
Zuerst gehe ich zu meinen Kolleginnen und Kollegen und begrüße Sie mit einem „Guten Morgen“ und mit einem Händedruck. So starten wir gemeinsam als Team in einen Tag, von dem wir meist nicht wissen, was an Herausforderungen auf uns zukommen wird.
Sie haben in Klagenfurt ein Diplom- und Doktoratsstudium der Wirtschaftswissenschaften absolviert. Warum fiel Ihre Wahl genau auf die Universität Klagenfurt?
Das war eine bewusste Entscheidung: Die angewandte Betriebswirtschaft in Klagenfurt war damals ein extrem innovatives Studium mit einem ganz modernen Curriculum und einer sehr hohen Praxisorientierung – eine österreichweite Ausnahme, sozusagen. Dabei wurde der Internationalität Rechnung getragen, weil schon damals zwei Fremdsprachen verpflichtend zu absolvieren waren. Und es war auch das Team der damaligen Professorinnen und Professoren, die das Studium mit sehr viel Engagement, Weitblick und internationaler Erfahrungen aufgebaut haben. In der Retrospektive war diese Wahl für mich absolut die richtige Entscheidung.
Gibt es etwas, das Sie aus Ihrer Studienzeit nie vergessen werden?
Das waren sicher die vielen schönen Begegnungen an der Universität und die Menschen, die diese Momente ausmachen. Wenn ich an meine Zeit als Universitätsassistentin denke, erinnere ich mich auch gut an das fachliche Gefordertsein oder daran, das erste Mal in einem Hörsaal vor 150 Studierenden eine Vorlesung zu halten. Alleine durch die Vortragstätigkeit ist es dann selbstverständlich, Veranstaltungen zu eröffnen, zu moderieren, vor einer großen Gruppe von Menschen zu sprechen – da wurde ein wichtiges Rüstzeug mitgegeben.
Mit Ihrer langjährigen Erfahrung kennen Sie nicht nur Bedürfnisse und Potenziale, sondern auch die Herausforderungen der Industriebranche. Derzeit schwächen hohe Lohn- und Energiekosten, viel Bürokratie und der Fachkräftemangel den Wirtschaftsstandort. Welche Veränderungen braucht die Branche?
Kärnten, Österreich und vor allem Europa braucht Wettbewerbsfähigkeit. Wenn wir uns europäische Vergleiche ansehen, haben wir in Österreich enorm hohe Energie- und Lohnstückkosten. Durch „Gold Plating“ sind sehr viele Regelungen entstanden, die zu übermäßiger Bürokratie geführt haben. Ein Blick auf die Entwicklungen weltweit bekräftigt, dass wir uns wettbewerbsfähig gut aufstellen müssen. Denn mit Donald Trump gibt es nun einen neuen Präsidenten in den USA, der Druck auf Europa ausüben wird – das wird auch ein Weckruf für Europa sein.
Wann werden diese weltweiten Entwicklungen auch in Kärnten spürbar sein?
Wir sind schon massiv betroffen. Unsere Industrie ist international aufgestellt. Die Märkte, Kunden und Lieferanten befinden sich auf der ganzen Welt und wir können uns als kleine offene Volkswirtschaft nicht von internationalen Entwicklungen abkoppeln.
Universitäten tragen u.a. durch ihre „Third Mission“ zur Bewältigung von gesellschaftlichen Herausforderungen bei. Inwiefern können aus Ihrer Sicht Industrie und Universität voneinander profitieren? Wie kann die Kärtner Industrie mit der Universität Klagenfurt noch weiter zusammenwachsen?
Was es für die Attraktivität und für die Wettbewerbsfähigkeit eines Standortes braucht, ist ein Ökosystem – bestehend aus Unternehmen, Hochschulen und außeruniversitären Forschungszentren. Wenn diese drei Akteure gut zusammenwirken, profitiert der gesamte Standort. Mit der Technischen Fakultät der Universität Klagenfurt veranstalteten wir zuletzt beispielsweise das Format „University meets Industry“, bei dem erfolgreiche Kooperationsprojekte vorgestellt und Unternehmen, Studierende und Forschende zusammengebracht wurden, um die Zusammenarbeit zu vertiefen bzw. den Grundstein für neue Kooperationen zu legen: von Praxissemesterprojekten, über Masterarbeiten bis hin zu PhD-Arbeiten oder internationalen Forschungsprojekten. Der Austausch von Know-how ist enorm wichtig.
Die Koralmbahn wird den Süden Österreichs verändern. Wie gut ist die Kärntner Industrie darauf vorbereitet?
Die Industrie denkt weit über Landes- und Staatsgrenzen hinaus. Mit diesem Jahrhundertprojekt haben wir die Chance, dass im Süden Österreichs ein hochinteressanter, größerer Wirtschaftsraum entsteht und sichtbar wird. Aus meiner Sicht wird es nicht darum gehen, ob Klagenfurt oder Graz eine Rolle spielt, sondern wie wir uns gemeinsam außerhalb dieses Raumes positionieren: Als forschungsstarker Industriestandort mit Top-Unternehmen, Top-Hochschulen und Top-Forschungseinrichtungen in einem lebenswerten Umfeld sind wir nicht nur für Investoren von Interesse, sondern können uns als Arbeits-, Lebens- und Bildungsstandort positionieren – das ist eine Riesenchance.
Die Industrie ist nicht nur Kärntens stärkster Wirtschaftszweig, sondern auch ein großer Arbeitgeber. Welche Fähigkeiten und Kompetenzen sind in der Industrie besonders gefragt?
Wir haben vor Kurzem eine empirische Erhebung unter Industriebetrieben gemacht, welche Kompetenzen als besonders relevant angesehen werden. In fachlicher Hinsicht waren dabei Digitalisierungskompetenzen ganz weit vorne, dicht gefolgt von überfachlichen Kompetenzen, wie zum Beispiel Verantwortungsbewusstsein, Eigeninitiative oder Teamfähigkeit. Jedenfalls ist es die Digitalisierungskompetenz, die in vielen Bereichen eine Querschnittsfunktion darstellt.
In Ihrer Doktorarbeit beschäftigten Sie sich mit der Internationalisierung von Unternehmen. Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht Internationalität für den Karriereweg?
Aus meiner Beobachtung sind Auslandsaufenthalte, egal ob im Rahmen des Studiums oder später im Beruf, inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Sie ziehen sich auch durch fast jedes Curriculum, was den Anforderungen der Industrie entspricht.
Was macht aus Ihrer Sicht einen guten Lebenslauf aus?
Sich der eigenen Stärken und Fähigkeiten bewusst zu werden. Für mich hängt das stark mit Authentizität zusammen – nämlich das, was ich kann, mutig zu vertreten. Es geht in der Entwicklung der beruflichen Laufbahn auch darum, die richtigen Entscheidungen zu treffen, da unterschiedliche Karrierestationen den Lebenslauf prägen. Basis ist eine fundierte Ausbildung, egal in welcher Form, und sich dann lebenslang weiterzuentwickeln bzw. im beruflichen Umfeld mit neuen Bedingungen auseinanderzusetzen.
Was war für Ihren Karriereweg besonders prägend?
Im Rückblick war es für mich immer wesentlich, von Menschen begleitet zu werden – das waren Vorgesetzte, Kollegen und Sparringpartner, die mich unterstützt und an mich geglaubt haben.
Als Interessensvertreterin haben Sie mit sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten, Unternehmen und auch Meinungen zu tun. Gibt es in Ihrem Job etwas, das Sie in Rage bringt?
Nein, Rage ist keine Kategorie. Es geht immer darum, mit unterschiedlichen Meinungen und Zugängen umzugehen. Selbstverständlich kommt es auch in meinem beruflichen Alltag zu „interessanteren“ Situationen, aber als Industriellenvereinigung gehen wir das immer faktenorientiert und mit einem sehr objektiven Blick an.
Ihr Wohlfühlort ist…?
Da gibt es keinen bestimmten Ort, sondern es sind jene Orte, wo Menschen sind, die mir wichtig sind. Die Natur spielt beim Wohlfühlen für mich eine besondere Rolle.
Gibt es abschließend etwas, das Sie den Studierenden von heute mit auf den Weg geben möchten?
Zum einen immer neugierig bleiben, sich weiterentwickeln und bewusst vor Augen halten, wo die persönlichen Stärken liegen, denn dort könnte auch die berufliche Destination sein. Das ist ein Prozess mit großer Reflektiertheit, aber auch mit viel Selbstbewusstsein. Ich empfehle außerdem, sich einen Sparringpartner zu suchen, der den beruflichen Weg begleitet, unterstützt und neue Möglichkeiten eröffnet – eine aus meiner Sicht äußerst wertvolle Bereicherung.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Mischensky.
Alumni im Porträt
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