Denken ist ausdrücklich erwünscht
Dr. Michael Stephan Kornau hat an der AAU das Doktoratsstudium der Philosophie absolviert. Heute leitet er bei der Sparkasse Vest Recklinghausen das Referat „Generationenmanagement“ und engagiert sich ehrenamtlich im ältesten deutschen stationären Hospiz in Recklinghausen-Süd. Im Interview erzählt er, wie er an die AAU kam, warum ein Rechnungsbeleg hinter seiner Promotionsurkunde liegt und was er an der Universität Klagenfurt besonders schätzt.
Fällt Ihnen eine nette Anekdote aus Ihrer Studienzeit ein?
Der Abgabetermin meiner Dissertation fiel mitten in den Streik der Deutschen Post AG. Daher musste bzw. durfte ich die Vorzüge von DHL Express erleben: Es garantierte glücklicherweise die Empfängerzustellung innerhalb von 48 Stunden nach Versandabgabe und sie haben ihr Versprechen gehalten. Als kleine Erinnerung liegt der Rechnungsbeleg (von rund 100 Euro pro versandter Dissertationsschrift an die Uni) bis heute hinter meiner Promotionsurkunde.
Was haben Sie an der AAU studiert?
Ich habe von 2009 bis 2015 an der IFF Wien ein Promotionsstudium der Philosophie absolviert, das habe ich damals berufsbegleitend gemacht und am 29.11.2015 mit dem Rigorosum abgeschlossen.
Wie kommt jemand aus dem Ruhrgebiet eigentlich an die Alpen-Adria-Universität?
Alles begann 2008 am Bielefelder Hauptbahnhof mit einer Verspätung – nicht die des ICE zum Flughafen Düsseldorf, wohin mein Gesprächspartner und späterer Doktorvater Prof. Andreas Heller fuhr, sondern meine verspätete Ankunft zu seinem Vortrag in Bethel über die Hospizbewegung. Bei einem Kaffee sprachen Norbert Homann (Geschäftsführer des Hospiz) und ich mit Prof. Heller u.a. über das Studienangebot an der IFF Wien und am heutigen Institut für OrganisationsEthik und Palliative Care. Prof. Heller lud mich zu einem Infotag für Promotionsinteressierte nach Wien ein und verwies dabei auf die kulturellen Vorzüge der Stadt an der Donau. Der Hinweis war folgenreich: Am 17.3.2009 fand diese Erstinformation mit 17 weiteren Interessierten statt, ich fing Feuer und machte mich auf die Suche nach einem Thema. Außerdem musste ich koordinieren und planen, denn es galt, mit einem Vollzeitberuf und älteren Eltern eine Organisationsstruktur aufzubauen, die in den kommenden Jahren konsistent und dabei überschaubar bleiben sollte. Hier half mir unter anderem die benediktinische Gastfreundschaft im Schottenstift und eine kleine Klosterzelle im Stift St. Peter in Salzburg weiter.
Wie haben Sie das alles vereinbaren können?
Das Studienprogramm lief über drei Jahre, mit Blockveranstaltungen im Semester, mit kollegialen und individuellen Beratungen durch ein hoch motiviertes und engagiertes Lehrstuhlteam. Auch die administrativen Tätigkeiten ließen sich trotz der großen Distanz und dank der digitalen Welt gut bewältigen – die Korrespondenz sowohl mit dem Studiensekretariat als auch mit dem Prüfungsamt verlief einfach optimal.
Im Sommersemester 2011 begleitete ich außerdem eine Masterstudentin aus der Schweiz im Praktikum, in einer Zeitschrift konnte ich einige kurze Beiträge veröffentlichen. Das Studium forderte mental einiges von mir ab, gleichzeitig aber durfte ich viele schöne und unvergessliche Erfahrungen machen: abendlichen Austausch mit Gleichgesinnten im Café Central und diversen Heurigen, Wanderungen in der Wachau, Schiffsfahrt über die Donau, natürlich immer mit Büchern und/oder Konzepten im Marschgepäck.
Würden Sie wieder an der AAU studieren?
An der AAU schätze ich besonders den offenen Gedankenaustausch und die „irritierenden Begegnungen“, so umschrieben Prof. Heller und sein Team die Kollegiatstreffen. Denken ist ausdrücklich erwünscht, es wird gerne quer zum „Mainstream“ gedacht. Als Absolvent von zwei privaten Business Schools in Deutschland tat das erfrischend gut. Die zeitweilige Einsamkeit in mönchischen Athosgefilden bildete ein wichtiges zweites Studienbein auf dem Weg zur Promotion. Drei lange Jahre galt es, in intensiven Intervallen am Thema zu bleiben und die Spannung zwischen Theorie und Praxis auszuhalten. Der Arbeitstitel „Was kostet uns das Sterben ? Zur finanziellen Zukunft stationärer Hospize in Deutschland“ setzte auch am Dialog von Ökonomie und Ethik an. Die Überlegungen und erste Forschungsergebnisse wurden im Kolleg kommentiert und diskutiert.
Und was folgte nach dem „Studium in gewissem Alter“?
Zunächst einmal der normale Berufsalltag ohne große Veränderungen, ein wenig Erholung und Luftholen. Jetzt, rund ein Jahr später, zeichnet sich im Zuge des Promotionsthemas eine neue, für mich interessante und wünschenswerte Aufgabe am Horizont ab.
Was würden Sie heutigen Studierenden mit auf den Weg geben?
Ich wünsche den nachfolgenden Prüfungsaspiranten die Erfahrung, die auch ich gemacht habe, ohne auch nur einen einzigen Tag zu bereuen: den Horizont weitende Studien mit hohem Praxisbezug. Das ist und bleibt der geistige Mutterboden für ein lebenslanges Lernen in sich stetig verändernder Umgebung. Der Sinn des Lebens besteht meines Erachtens darin, sein Leben, so wie es ist, anzunehmen und dankbar zu sein. Das sage ich bewusst auch vor dem Hintergrund, dass mein Vater in und von unserer Familie über sieben Jahre lang, auch innerhalb meiner Promotionszeit, gemeinsam in seiner demenziellen Erkrankung begleitet wurde, dass meine Schwägerin schwer erkrankte und auch eine gute Freundschaft zu Ende ging.