Victoria Meklin ist als Projektmitarbeiterin im Rahmen des Projektes „Die Governance von und durch Tests“ am Institut für Gesellschaft, Wissen und Politik tätig und strebt eine Promotion an. Die im Rahmen des Studiums erworbenen Fähigkeiten zur Strukturierung sowie die vielseitige Lesekompetenz bieten eine ideale Grundlage, um ihre Dissertation ebenfalls im Bereich der COVID-Testungen zu schreiben.
Warum haben Sie sich für das Studium „Wissenschaft, Technik und Gesellschaft“ (vormals Science, Technology and Society Studies, kurz STS, Anm.) entschieden?
Eigentlich war das ein purer Zufall. Ich habe meinen Bachelor in der Slawistik gemacht und dachte mir dann, dass ein Master sinnvoll wäre. Zunächst dachte ich, dass ich nur den Master in der Slawistik machen kann. In dem Moment, in dem ich mich gerade inskribieren wollte, sehe ich, dass ich noch den Master Wissenschaft, Technik und Gesellschaft machen kann. Ich habe dann nachgelesen, was das ist, und fand das ganz interessant. Es war also eigentlich ein Ausweichmaster, aber es war der beste Master, den ich hätte machen können.
Welche Themen in Ihrem Studium haben Ihnen am besten gefallen?
Also man muss sich ja für zwei Module entscheiden und da habe ich mich zum einen für Gender & Diversität, Körper, Identitäten entschieden. Mir hat gefallen, wie weit man diesen Genderbegriff und Diversität fassen kann aus wissenschaftlicher Sicht aus. Und die zweite Spezialisierung war Demokratie, Macht, Politik. Die Spezialisierung habe ich ehrlichgesagt nicht nur gemacht, weil mich das am meisten interessierte, sondern weil ich wusste, dass ich das hier machen muss, damit ich dann ins Ausland nach Maastricht gehen kann, weil die sich dort darauf spezialisiert haben. Die Themen waren aber im Endeffekt extrem interessant, weil es auch darum ging, woher eigentlich die Politik ihre Expertise bekommt und wer die Forschung für die Politik betreibt.
Hat sich Ihr Blick auf die Welt durch das Studium verändert?
Also er hat sich auf jeden Fall verändert, weil ich vorher keine Idee hatte, was man alles wissenschaftlich untersuchen kann. Ich könnte jetzt zum Beispiel hingehen und die Funktion von Stuhlbeinen untersuchen und wie sie sich über die Jahre hinweg verändert haben. Zum Beispiel unter dem Aspekt der Social Construction of Technology, wie sich Stuhlbeine verändert haben, weil sich die Gesellschaft verändert hat. Umgekehrt aber auch, wie hat sich die Gesellschaft durch die unterschiedlichen Stuhlbeine verändert. Also man könnte praktisch alles erforschen und das begegnet mir im Alltag immer wieder. Also die vielfältige Forschung auch transdisziplinär. Das hat mich auf jeden Fall auch geprägt, weil das Studium auch so wahnsinnig viele Perspektiven bietet und mit STS kann ich in jeden Bereich gehen und unsere Theorien anwenden.
Sie haben ein Auslandssemester in Maastricht absolviert, warum haben Sie sich für diese Stadt entschieden wie war es?
Das war eigentlich auch ein Zufall. Wir hatten eine Lehrveranstaltung und da hat eine Kollegin die Partneruniversitäten vorgestellt. Sie hat dann gesagt, dass es in Maastricht die Option eines Double Degrees gibt. Das heißt, man schreibt die Masterarbeit in Maastricht erwirbt dort dann einen Master und ändert dann die Masterarbeit für Klagenfurt. Damit erwirbt man zwei Masterabschlüsse. Die Idee fand ich ziemlich cool. Ich habe dann einen Abschluss an der Universität Maastricht gemacht und den zweiten an der AAU. In Klagenfurt musste ich die Masterarbeit noch einmal überarbeiten und erweitern und die Abschlussprüfung machen. Ich wollte sowieso ins Ausland gehen und da hat sich das angeboten.
Wie hat Sie diese Erfahrung geprägt?
Ich bin auf jeden Fall stressresistenter geworden. In Maastricht ist es zeitlich doch recht knapp. Man hat in den ersten zwei Monaten normale Lehrveranstaltungen und hat auch sehr viel zu Lesen. Die übrigen zwei Monate hat man dann Zeit, um die Forschung für die Masterarbeit zu betreiben und die Masterarbeit zu schreiben. Das ist schon sportlich und insofern hat man dann gelernt, mit Stress umzugehen. Und natürlich hat es mich insofern geprägt, dass ich die Niederlade liebe gelernt habe und ich habe auch den Eindruck, dass mir Englisch viel leichter von der Zunge geht. Außerdem macht es einen offener. Es ist eine coole Erfahrung, die ich nicht missen möchte.
Dort haben Sie auch Ihre Masterarbeit geschrieben. Was war das Thema?
Der Titel war no risk, no vaxx und es ging um die COVID-Impfung als Risikoojekt. In dem Sinne, dass in den Medien und von allen möglichen Leuten, die eben gesellschaftlichen Einfluss haben, Risiken in Bezug auf die COVID-Impfung konstruiert, kommuniziert und in der Folge auch abgelehnt werden.
Haben Sie Tipps für gegenwärtige Studierende, die ins Ausland gehen möchten?
Also ich würde es auf jeden Fall machen, aber es ist auch stressig. Man kann die Masterarbeit zwar auch verlängern, aber man braucht ein gutes Zeitmanagement und eine gute Einteilung. Aber wenn man das macht, dann sollte man sich trotzdem auch etwas für sich rausnehmen. Ich bin auch mit Kolleg:innen zusammen gereist, zum Beispiel ins benachbarte Belgien oder nach Frankreich. Man sollte sich trotzdem immer wieder ein paar Tage rausnehmen. Also ich würde es auf jeden Fall wieder machen. Es ist außerdem eine einzigartige Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen.
Was machen Sie heute beruflich und wie sind Sie dazu gekommen?
Jetzt bin ich wieder an unserem Institut gelandet und bin Projektmitarbeiterin bei Herrn Aarden in einem wissenschaftlichen Projekt, wo es um COVID-Testungen geht. Es geht um einen Ländervergleich zwischen Österreich, Großbritannien und den Niederlanden. Es soll untersucht werden, wie die Länder, die Regierungen, die Politik, durch die Art und Weise, wie getestet wurde und durch die Menge, wie getestet wurde, unsere Gesundheit wahrten oder nicht wahrte. Ob die Moralvorstellungen von unserer Gesundheit gewährleistet wurde und da bin ich jetzt Projektmitarbeiterin und strebe auch meine Promotion im Zuge des Projektes an. Für meine Dissertation plane ich mich auf den Bereich der Schulen zu konzentrieren, eben auch weil meine Masterarbeit im Bereich der COVID-Impfungen angesiedelt war und ich das Feld der Testungen auch sehr spannend fand. Wie wurden COVID-Testungen an den Schulen durchgeführt? Was waren die Herausforderungen? Was waren die Anforderungen seitens der Schulen? Und da ich früher selbst als Gymnasiallehrerin tätig war, weiß ich, dass es oft individuelle Umsetzungen und kreative Lösungen für die Testungen gab. Das fände ich spannend zu untersuchen. Aber da muss ich noch schauen, wie ich das genau mache.
Wie sieht Ihr beruflicher Alltag aus, was sind Ihre Aufgaben?
Also im Moment erinnert mich das wieder sehr stark an mein Masterstudium, nämlich lesen, lesen, lesen. Einfach um sich in das Thema einzuarbeiten. Das sind jetzt ziemlich viele wissenschaftliche Artikel und Berichte aus den einzelnen Ländern, wie mit den COVID-Testungen umgegangen wurde, generell zu Testungen, wie funktioniert das alles. Das Ganze versuche ich mir aber auch zu verbildlichen. Wenn ich mal eine Lesepause brauche, dann mache ich mir zum Beispiel eine Mindmap oder dann schaue ich mir auf der Homepage an, wie das jetzt alles mit der Promotion funktioniert. Das mache ich nebenbei, damit ich nicht den ganzen Tag nur lese und damit ich Abwechslung habe. Aber jetzt am Anfang ist es der Einstieg in die Forschung und mich mit dem Thema vertraut zu machen.
Von welchen Fähigkeiten und Kenntnissen aus dem Studium profitieren Sie in Ihrer Arbeit?
Ich profitiere auf jeden Fall von der Vernetzung der Texte, die ich dort gelernt habe. Weil man wahnsinnig viele Texte aus verschiedenen Disziplinen gelesen hat und die dann auf die STS-Theorien anwenden musste und andererseits das auch in den Texten wiederfinden musste. Das hilft mir jetzt, wenn ich die Fülle von Texten habe, dass ich nicht den Überblick verliere. Ich denke mir dann: „Das kam hier schon vor und das habe ich da schon gelesen und das könnte man damit verknüpfen“. Dass man so diese Zusammenhänge einfach sieht und dass ich so viel lesen kann, also die Lesekompetenz, sage ich mal. Das System, das ich mir damals angewöhnt habe beim Lesen, das habe ich jetzt auch übernommen. Ich unterstreiche mir die wichtigsten Stellen und fasse dann noch einmal zusammen, worum es jetzt in dieser Textpassage geht. So kann ich schnell auf die Informationen zurückgreifen, die ich schon einmal gelesen habe.
Was würden Sie heutigen Studierenden mit auf den Weg geben?
Also ich würde auf jeden Fall mitgeben, dass man alle Möglichkeiten, die man hat, auch nutzt. Also dass man ins Ausland geht, dass man auf Exkursionen geht, wenn es welche gibt. Dass man sich auch mit anderen Leuten vernetzt. Das habe ich auch in den Niederlanden gelernt, dass man Lerngemeinschaften bildet. Nicht in dem Sinne, dass jeder das Gleiche lernen muss, sondern dass man sich mit Studienkolleg:innen für ein paar Stunden trifft, in dieses oder jenes Institut oder Café geht und jeder an seinen eigenen Sachen arbeitet. Man arbeitet dann konzentriert und kann sich zwischendurch austauschen und unterhalten. Das erleichtert den Studienalltag und dafür müssen nicht alle den gleichen Studiengang haben. Und wenn man STS studiert, sollte man sich auf jeden Fall To-do-Listen machen. Welchen Text muss man bis wann bei wem unter welchem Aspekt gelesen haben. Das macht es auf jeden Fall einfacher.
Auf ein paar Worte mit Victoria Meklin
Ein glücklicher Moment an der Uni Klagenfurt war … bei der Masterverleihung, als ich dann erfahren habe, dass ich das Studium mit ausgezeichnetem Erfolg geschafft habe. Das wusste ich nämlich nicht.
Aus meiner Studienzeit besitze ich noch … sämtliche Texte, die gelesen wurden.
Inspiriert hat mich … einen Text zu dem sogenannten Folded Object. Das ist mir wahnsinnig hängen geblieben.
Wenn ich noch einmal studieren würde, würde ich … wahrscheinlich genau dasselbe tun, was ich gemacht habe.
Mein Studium in vier Worten: Spannend, vielfältig, interdisziplinär, strukturiert.