Gastprofessur SoSe19

Fr. Dr. Veronika Hofer ist im Sommersemester 2019 zu Gast am Institut für Wissenschaftskommunikation und Hochschulforschung. Ihre Lehrtätigkeit umfasst ein Seminar an der AAU in Klagenfurt mit dem Titel: „Theorien und Themenfelder der Wissenschafts- und Technikforschung 2„ LV.Nr. 819.019. – Die Studierenden erwerben über einen historischen Zugang ein differenziertes und kritisches Verständnis von Zusammenhängen zwischen Wissenschaftsidealen, Theorien, Experimentaltechniken und anwendungsspezifischen  Bildrepräsentationen. Dabei erfährt die chronologisch wie thematisch geordnete Darstellung der Problematik von Objektivität in wissenschaftlichen Zeichnungen, Fotografien, Atlanten, Modellen etc. besondere Berücksichtigung. Dies schließt die Kenntnis grundlegender Theorieansätze und empirischer Studien ein.

Zum Inhalt: Technik- und Kulturgeschichte der Wahrnehmung. Eine Einführung in die Wissenschaftsgeschichte

Mit den Anfängen der modernen Wissenschaft, die mit ihrer experimentellen Wende im 16. Jahrhundert angesetzt wird, setzt auch ein verändertes Verhältnis zur Wahrnehmung insgesamt ein. Im Bemühen um Schärfung und Erweiterung des Sinnesvermögens hat man für die experimentelle Praxis der Wissenschaften vielerlei Techniken und Hilfsmittel konstruiert, die von einer Reflexion über korrekte, verzerrte, täuschende oder reglementierte Potentiale von Wahrnehmung und ihren verschiedenen Repräsentationen begleitet war. In dieser wissenschaftshistorischen Lehrveranstaltung sollen der soziokulturelle Kontext und der technische Aspekt dieser sich verfeinernden Methode zusammen mit den theoretischen Diskursen über die Möglichkeiten, ein möglichst objektives Bild der Natur zu erhalten, besprochen werden. Die eingehende Besprechung der Darstellung dieses Wissens in Sammlungen, Karten/Atlanten, Modellen, Bildern, Fotografien und Filmen wird dabei helfen. Der Aspekt ihrer Historizität soll Einblick geben in die Unterschiede ihrer sozialen und wissenschaftlichen Entstehungs- und Anwendungskontexte, beispielsweise um etwa die veränderte Wahrnehmungspraxis von Bildern in Medizin und Gesundheitsvorsorge oder die Genese von Passbildern in den sozialen Praktiken des Erfassungsdispositivs moderner Gesellschaften genauer in den Blick zu nehmen. Dieser weitläufige historische Überblick schafft verschiedene Zugänge, um die zunehmende methodische Vielfalt und ihre begleitenden Reflexionen über Güte und  Sicherstellung der Objektivität/Naturtreue/Wissensumfang von Bildrepräsentationen im komplexen Prozess ihrer Aufzeichnung und Wiedergabe kennen zu lernen und um die historisch unterschiedlichen Funktionen ihres Einsatzes in Wissenschaft und Gesellschaft und damit auch ihren jeweils institutionellen und/oder symbolischen Ort ihres Einsatzes verstehen zu können.

 

Gastwissenschaftlerin

Von 1. Jänner bis 31. März 2019 ist Fr. Mag. Dr. Hanna Lucia Worliczek zu Gast am Institut für Wissenschaftskommunikation und Hochschulforschung. Link: zur Person Hanna Lucia Worliczek. Sie wird im Jänner 2019 den Bader-Preis für die Geschichte der Naturwissenschaften erhalten, für ihr Pilotprojekt „Merely Descriptive“ and therefore Dismissed? A History of Descriptive Research and the Imperative of Mechanistic Explanation in Cell Biology. Das Projekt wird in Kooperation mit Fr. Univ.-Prof. Dr. Martina Merz durchgeführt.

Die Verleihung des Bader-Preises inklusive Projektvorstellung findet statt am: Mi., 30. Jänner 2019, Beginn: 17:00, im Theatersaal der Österreichichen Akademie der Wissenschaften, Sonnenfelsgasse 19, 1010 Wien

https://www.oeaw.ac.at/en/detail/event/lieben-und-bader-preis-fuer-die-geschichte-der-naturwissenschaften/

Die heutige Zellbiologie, die von Forderungen nach mechanistischen Erklärungen zellulärer Prozesse dominiert wird, ist mit einem Dilemma konfrontiert: die epistemische Praxis beschreibender Forschung, wie sie etwa in der Zellmorphologie praktiziert wird, ist in Narrativen von Zellbiolog_innen häufig abschätzig konnotiert oder wird als nicht prestigeträchtig beurteilt. In den letzten Jahren haben allerdings renommierte Zellbiolog_innen nach einer Aufwertung deskriptiver Forschung verlangt, diese sogar als Voraussetzung für die Heuristik der zellbiologischen Wissensproduktion und für Innovation benannt. Nichts desto trotz lassen derartige Forderungen Bezugnahmen zu historischen Entwicklungen und klare Abgrenzungen unterschiedlicher epistemischer Praktiken vermissen. Auch fehlt eine historische Konzeptualisierung deskriptiver Forschungspraktiken und damit assoziierter Aushandlungsprozesse für den Zeitraum zwischen 1950 und heute.

Dieses durch den Bader-Preis geförderte Pilotprojekt dient zur Vorbereitung eines größeren Forschungsprojektes, in dem eine umfassende Untersuchung der Geschichte deskriptiver Forschung in der Zellbiologie nach 1950 durchgeführt werden wird. Das Projekt ist durch zwei zentrale Fragen geleitet: Welche Stile zellbiologischer Forschung – auch jenseits der Morphologie – wurden wann und warum von Zellbiolog_innen als deskriptiv eingeordnet? Wie haben sich diskursive Praktiken, die mit deskriptiver Forschung assoziiert waren, in der wissenschaftlichen Praxis, Publikations- und Forschungsförderungslandschaft entwickelt und das Feld der Zellbiologie beeinflusst? Mit der Untersuchung solcher diskursiven Konstruktionen soll dieser Ansatz einen Beitrag zu einem robusten historischen Verständnis jener Konzepte liefern, die von Zellbiolog_innen in heutigen Debatten zu Innovation abgerufen werden und gleichzeitig eine neue epistemologische Perspektive auf die Geschichte der Lebenswissenschaften des 20. Jahrhunderts bieten.

 

Abgeschlossene Dissertationen

Im November 2018 haben folgende Studierende am Institut für Wissenschaftskommunikation und Hochschulforschung ihr Doktoratsstudium abgeschlossen:

MMag. Senol Yagdi MA: „Bildungsaufstieg mit Migrationshintergrund – Aufstiegsrelevante Ressourcen und Strategien der zweiten Generation türkischer MigrantInnen in Österreich“, Betreuer: ao.Univ.-Prof. Dr. Hans Pechar. –

Mag. Marius Weigl: „Wissenschaft-Verwaltung-Polizei: Zur „Lösung der Zigeunerfrage“ in Österreich-Ungarn während des Ersten Weltkriegs“, Betreuer: ao.Univ.-Prof. Dr. Markus Arnold.

Wir gratulieren herzlich!

Internationaler Workshop „Ignorance and non-knowledge: what consequences for democratic governance, politics and policy?”

Am 13. und 14. November findet an der Universität Wien der von Helene Sorgner (WIHO) mitorganisierte internationale Workshop „Ignorance and non-knowledge: what consequences for democratic governance, politics and policy?” statt. Fallstudien aus der Politikwissenschaft, Soziologie, und der Wissenschafts- und Technikforschung untersuchen im Rahmen dieses Workshops die Bedeutung von Nichtwissen als Ressource in demokratischen Prozessen. Entgegen der Vorstellung, dass demokratische Politikgestaltung sich auf das beste vorhandene Wissen gründen soll, erweist sich bei genauerer Betrachtung gerade das Nicht-Einholen von Information für unterschiedlichste politische Akteure – etwa in der Migrations-, Gesundheits- oder Finanzpolitik – von Vorteil. Wie etwa bei der Planung großer zukünftiger Forschungsprojekte dieselben Unsicherheiten als Argumente für ganz unterschiedliche Forschungsstrategien und –technologien mobilisiert werden können, zeigen Helene Sorgner und Sophie Ritson in ihrem Beitrag anhand aktueller Beispiele aus der Hochenergiephysik.

Eine öffentliche Podiumsdiskussion mit Matthias Gross (Jena), Stefan Böschen (Aachen) und Ulrike Felt (Wien) am Abend des 13. November widmet sich darüber hinaus der Frage, wie sich Nichtwissen mit dem klassischen Ideal einer evidenz- und wissensbasierten Politik vereinbaren lässt.

Programm und weitere Informationen: politikwissenschaft.univie.ac.at/ignorance-workshop