IfEB-Spotlight November 2024: Michael Eder

Welches Thema bearbeitest Du und was bedeutet es für Dich?

Ich habe mich im Zuge meiner Masterarbeit mit dem Thema „Schulverweigerung“ beschäftigt, insbesondere mit der Prävention und Intervention durch Schulsozialarbeit. Seit einigen Jahren beschäftige ich mich beruflich als Schulleiter einer Mittelschule intensiver mit diesem Thema, weil Schulverweigerung in etwa 5% der Schülerinnen und Schüler betrifft.

Durch die intensive Recherche während des Schreibens der Arbeit konnte aufgezeigt werden, wie wichtig die Implementierung von Schulsozialarbeit an allen Schulstandorten wäre, und dass eine Rückführung von schulverweigernden Kindern und Jugendlichen mit Hilfe von Schulsozialarbeit durchaus möglich ist – wenn die Intervention so früh wie möglich beginnt.

Für meine berufliche Tätigkeit habe ich durch diese Arbeit eine wichtige Argumentationsquelle für den Verbleib von Schulsozialarbeit an meiner Schule erhalten, umgekehrt hat auch die Schulsozialarbeit eine Argumentationsquelle für die wichtige Arbeit an den Schulen gewonnen.

Wie ist dieses Thema mit Deinem Studium verbunden?

Im Zuge des Studiums „Schulpädagogik“ habe ich eine Veranstaltung zur Schulsozialarbeit und deren Angeboten besucht, wodurch ich auf die Einzelfallhilfe von Schulsozialarbeit aufmerksam wurde. Die Inhalte des Seminars habe ich dann mit meiner beruflichen Arbeit perfekt verbinden können. Ich wollte mit dem Thema die gering bis gar nicht beachtete Gruppe der schulverweigernden Kinder und Jugendlichen vor den Vorhang holen.

Wie gehst Du im Forschungsprozess vor?

Im ersten Teil der Arbeit habe ich mich intensiv mit der vorhandenen Literatur zu den Themen Schulverweigerung und Schulsozialarbeit beschäftigt: Was sind die Gründe und die auslösenden Faktoren für Schulverweigerung, wie viele schulverweigernde Kinder und Jugendliche gibt es, wurden dazu bereits Studien durchgeführt? Ein großes Kapitel hat sich mit der Arbeit der Schulsozialarbeit beschäftigt. Danach habe ich versucht diese beiden Themengebiete in Verbindung zueinander zu setzen.

Im qualitativen Forschungsteil der Arbeit wurden Experteninterviews geführt, welche die Wichtigkeit von Schulsozialarbeit an allen Schulstandorten unterstrichen haben, im Besonderen bei der heiklen und zeitintensiven Rückführungsarbeit von schulverweigernden Kinden und Jugendlichen. Die Interviews wurden im Zuge der Auswertung in Bezug zur Literaturrecherche gesetzt.

Was möchtest Du anderen Studierenden an Erfahrungen und Tipps mitgeben?

Die Themenauswahl einer Arbeit ist eine wichtige Entscheidung. Man taucht über einen längeren Zeitraum in ein Thema ein, daher sollte dieses Thema eines sein, welches man mit Neugier, Interesse und Freude angeht. Der wichtigste Tipp ist, sich genügend Zeit für die Arbeit zu nehmen, um nicht unter Druck schreiben zu müssen. Manchmal benötigt man dazwischen ein paar Tage Abstand, um dann wieder voll durchstarten zu können. Und mit dem richtigen Betreuer an der Seite wird das Schreiben zum Genuss!

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Jack Mezirow Living Theory of Transformative Learning Award: Honorable Mention für Monika Kastner

Das Paper “Encompassing Transformation: A Holistic Approach to Assessing Learning in Adult Basic Education” wurde im Rahmen der 15th Biennial International Transformative Learning Conference (ITLC), die vom 11. bis 13. September 2024 an der Universität Siena (Italien) stattfand, mit einer “Honorable Mention” ausgezeichnet. Monika Kastner (Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung) beschäftigt sich darin mit Lernerfahrungen in der Erwachsenenbildung, die in bisherigen Ansätzen zur Erfassung von Lernergebnissen nur eingeschränkt sichtbar werden.

„In diesem Modell gehe ich davon aus, dass Alphabetisierungs- und Basisbildungsangebote Lernerfahrungen ermöglichen, die bei benachteiligten erwachsenen Lernenden zu tiefgreifenden persönlichen und sozialen Veränderungen führen können. Diese Veränderungen müssen im Lernprozess reflektiert werden. Dazu brauchen wir einen ganzheitlicheren Blick auf das Lernen mit seinen transformativen, formativen und summativen Dimensionen“, erläutert Monika Kastner. Das in diesem Paper vorgestellte Modell bildet die Grundlage für ein von der Europäischen Union kofinanziertes, community-basiertes und partizipativ angelegtes Forschungsprojekt (Erasmus+ Programm 2023-2-AT01-KA210-ADU-000178483). Im Zentrum steht die partizipative Zusammenarbeit zwischen Lehrenden und Lernenden aus Alphabetisierungs- und Basisbildungsprogrammen. Forschungsgruppen an drei Volkshochschulen (zwei in Österreich, eine in Deutschland) analysieren gemeinsam bestehende Ansätze zur Erfassung von Lernfortschritten und erarbeiten Grundlagen, um transformative Veränderungen im Denken, Fühlen und Handeln in einen neuen Ansatz zur Erfassung von Lernergebnissen integrieren zu können. Die Forschungsergebnisse werden dazu beitragen, das Wissen über die komplexen Lernbiographien von Teilnehmer:innen und über Wirkungszusammenhänge zu erweitern. Darüber hinaus fördert das Projekt den Dialog zwischen akademischem Wissen über transformatives Lernen und der Expertise von Lehrenden und Lernenden in der Alphabetisierung und Basisbildung.

Im Rahmen der 15th Biennial International Transformative Learning Conference (ITLC) stellte Monika Kastner ihr Paper vor. Die Konferenz bot auch den Rahmen für die Verleihung des Jack Mezirow Living Theory of Transformative Learning Award. Der Jack Mezirow Living Theory of Transformative Learning Award ist inspiriert von Jack Mezirow, dem Begründer einer der wichtigsten Theorien über das Lernen Erwachsener, der Transformative Learning Theory. Jack Mezirow (1923-2014) war ein US-amerikanischer Soziologe und Professor für Erwachsenen- und Weiterbildung am Teachers College der Columbia University.

Monika Kastner ist assoziierte Professorin an der Universität Klagenfurt. Ihre Schwerpunkte sind Lernen und Bildung Erwachsener mit Blick auf Bildungsbeteiligung über die Lebensspanne und soziale Gerechtigkeit; Analyse und Gestaltung des Zusammenhangs von Arbeit, Bildung und Lebenswelt, Analyse und Gestaltung erwachsenengerechter Lernwelten und Lernkulturen, auch im Bereich der beruflichen Bildung, pädagogische Lerntheorien sowie partizipative (Bildungs-)Forschung.

IfEB-Spotlight Oktober 24: Andrea Becker „Studienberechtigungsprüfung als Zugangsvoraussetzung zur Universität“

Welches Thema bearbeitest Du und was bedeutet es für Dich?

Meine Masterarbeit beschäftigte sich mit den Beweggründen und Motiven für die Aufnahme eines Studiums über den Weg der Studienberechtigungsprüfung (SBP). Ausgangspunkt war ein Projekt im Rahmen einer Studienassistenz bei Univ.-Prof. Dr. Peter Schlögl, das sich mit den Lern- und Lebenswelten von Personen, die die SBP absolviert haben, beschäftigte. Durch die Interviews, die ich im Rahmen dieses Projektes führte, stellte ich fest, dass alle Personen sehr motiviert waren, die SBP und in weiterer Folge das Studium abzuschließen. So kam ich zum ersten Mal mit der Studienberechtigungsprüfung in Berührung. Zwei Jahre später war ich selbst im Lehrgangsbüro dieses Lehrgangs tätig und stellte fest, dass einige der damals befragten Personen nicht mehr an der Universität inskribiert waren. Das weckte mein Interesse, den Gründen nachzugehen und herauszufinden, wo die damalige Motivation geblieben war. Leider scheiterte das Vorhaben am Zugang zu dieser Studierendengruppe aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen. So drehte ich das Thema um und stellte die Motive und Beweggründe dieser Personen in den Vordergrund. Damit änderte sich die Zugangsmöglichkeit zu dieser Studierendengruppe. Dankenswerterweise meldeten sich sehr viele Personen auf meine Aussendung. Damit war auch meine Motivation wieder da.

Wie ist dieses Thema mit Deinem Studium verbunden?

Nicht nur durch meine Ausbildung zur Lernberaterin, die ich vor über 10 Jahren abgeschlossen habe, liegt mein Interesse am Thema Lernen. Während meines Studiums konnte ich mich unter anderem intensiv mit verschiedenen Lern- und Bildungstheorien auseinandersetzen und wissenschaftlich fundiertes Wissen erwerben. Darüber hinaus ist es mir wichtig, das theoretisch erworbene Wissen mit der Praxis zu verknüpfen bzw. in die Praxis umzusetzen. Dies ist einer der Gründe, warum ich mich mit den Motiven und Beweggründen aus verschiedenen lerntheoretischen Perspektiven auseinandersetzen wollte.

Mein Thema hat viele Berührungspunkte mit den einzelnen Fächern des Studiums. Mein besonderes Interesse wurde im Masterstudium jedoch durch die verschiedenen Lerntheorien geweckt, insbesondere durch die subjektwissenschaftliche Lerntheorie, die subjektive Lernbegründungen im Kontext gesellschaftlicher Rahmenbedingungen betrachtet. Im Mittelpunkt steht das Subjekt mit all seinen Gründen zu lernen, aber auch nicht zu lernen. Gründe, etwas zu tun (oder nicht zu tun), sind nicht immer explizit verfügbar. Hier fließen biografische Aspekte ein, die in der Folge konkrete Bildungssituationen, Motivation und Lernhaltungen entsprechend förderlich oder hinderlich beeinflussen können und in der Erwachsenenbildung von großer Relevanz sind.

Wie gehst Du im Forschungsprozess vor?

Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde eine qualitative empirische Untersuchung gewählt. Dabei war es mir wichtig, keine Antwortmöglichkeiten vorzugeben, um den tatsächlichen Motiven und Beweggründen möglichst nahe zu kommen. Die Kontaktaufnahme erfolgte über eine Mailaussendung an alle Studierenden der Universität Klagenfurt, auf die sich einige Personen meldeten, die die Studienberechtigungsprüfung abgelegt hatten. Als Erhebungsmethode wurde das problemzentrierte Interview gewählt. Nach einer intensiven Auseinandersetzung mit der Thematik wurde ein Leitfaden erstellt. Während der Interviews achtete ich darauf, den Leitfaden nicht aus den Augen zu verlieren, trotzdem aber flexibel, sensibel und dem Gespräch angepasst mit dem Leitfaden umzugehen.

Die Interviews wurden mit dem Einverständnis der Befragten aufgezeichnet und transkribiert. Die Auswertung der Daten erfolgte in Anlehnung an die Grounded Theory. Ziel dieser Arbeit war jedoch nicht die Erstellung einer Theorie, sondern vielmehr die Anwendung des Analyseverfahrens und die Entwicklung eines Kategoriensystems. Dazu verwendete ich MAXQDA, das ich sehr zu schätzen gelernt habe. Die einzelnen Schritte des Kodierens dienten dazu, das Datenmaterial vor dem Hintergrund des Vorwissens aufzubrechen, bestimmte Kategorien zu finden und auszuarbeiten, bevor diese theoretisch untermauert und wieder zusammengefügt wurden.

Der Forschungsprozess war zirkulär. Das Datenmaterial wurde unmittelbar nach der ersten Erhebung transkribiert und anschließend codiert. Nach weiteren Erhebungen wurde das Material laufend verglichen und das Codesystem verfeinert und angepasst. In weiterer Folge wurden die Ergebnisse dargestellt, wobei auf die einzelnen Kategorien eingegangen wurde, bevor sie im Kontext des theoretischen Rahmens zusammengefasst wurden.

Was möchtest Du anderen Studierenden an Erfahrungen und Tipps mitgeben?

Als einen der wichtigsten Punkte sehe ich das Interesse und die Neugier am Thema. Das Schreiben der Masterarbeit nimmt einige Zeit in Anspruch, wenn das Interesse am Thema fehlt, wird es schwierig, motiviert zu bleiben. Außerdem weckt Neugier den Forschergeist.

Um einen späteren Themenwechsel zu vermeiden, ist es wichtig, sich im Vorfeld über den Zugang zu Interviewpersonen zu informieren. Bei meinem ersten Projekt hatte ich zwar Bedenken, aber ich habe darauf vertraut und wohl auch gehofft, dass ich genügend Personen finden würde. Leider war das nicht der Fall und ich musste umdisponieren. Das hat viel Zeit gekostet und war sehr demotivierend.

Sollten einmal nur kürzere Zeitfenster zur Verfügung stehen, können diese beispielsweise für Literaturrecherchen genutzt werden. Die Recherchearbeit wird oft unterschätzt, ist aber ein wesentlicher Bestandteil, um später gut voranzukommen. Also nicht verzweifeln, wenn sich die investierte Zeit nicht in geschriebenen Zeilen niederschlägt. Jede Vorarbeit zahlt sich aus.

Um den Einstieg zu erleichtern, kann Freewriting eine gute Unterstützung sein. Wenn es schwer fällt, ins Thema zu kommen oder mit dem Schreiben anzufangen, kann es Wunder wirken, sich einen Begriff oder ein Thema auszusuchen und zehn Minuten lang einfach drauflos zu schreiben. Das kann helfen, ins Schreiben zu kommen, Vorwissen zu aktivieren oder auch neugierig auf mehr zu machen.

Ich habe mit dem Inhaltsverzeichnis angefangen. Das war zwar am Anfang sehr aufwendig, hat mir aber später das Schreiben sehr erleichtert. Im Grunde ging es dann „nur noch“ darum, die einzelnen Kapitel zu füllen, der Fahrplan war schon da (auch wenn sich natürlich noch Änderungen ergeben können).

Für die Auswertung der Interviews habe ich MAXQDA verwendet. Die Software wird übrigens von der Universität kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Zeit, die ich in die Einarbeitung investiert habe, hat sich auf jeden Fall gelohnt.

Zu guter Letzt:

Lasst euch von Tiefs nicht unterkriegen. Auf jedes Tief folgt ein Hoch!

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Peter Schlögl zum Vorsitzenden der ÖFEB gewählt

Peter Schlögl, Professor am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Universität Klagenfurt, wurde in der Generalversammlung der ÖFEB (Österreichische Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen) am 26. September 2024 zum Vorsitzenden gewählt. Die ÖFEB ist mit aktuell rund 500 Mitgliedern die größte österreichische wissenschaftliche Gesellschaft im Bereich der Bildungswissenschaft.

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