Florian Klösch – Herbstfreuden.

Florian Klösch

Herbstfreuden

 

 

Im Herbst des Jahres 1972 kam es zur Entstehung eines Bildes, das meiner Familie noch lange in Erinnerung bleiben sollte. Wie gewöhnlich pflegte es meine Mutter an spätsommerlichen Tagen in ihrem schwarzen Lieblingskleid, darunter trug sie eine weiße Bluse und eine weiße Strumpfhose, im Freien zu spielen. Sie dürfte sehr glücklich gewesen sein, als mein Großvater sie spontan auf den Kofferraum seines neuen Autos, ein Opel, setzte. Vermutlich befanden meine Großeltern diese Szene einfach als herzig, bevor sie sich entschlossen, ein Bild von meiner Mutter zu machen. Man sieht der Sechsjährigen an, dass es ihr eine große Freude bereitet, die Hauptfigur dieses Fotos zu sein. So widme auch ich ihr ein kleines Gedicht:

 

Vor langer Zeit es gab einmal.

Es ereignete sich nach dem Mittagsmahl.

Im Freien tollte ein junges Kind

mit großen Schritten eilte es geschwind.

Ein weißes Fahrzeug war sein Ziel,

welches ihm sehr gefiel.

Die Freude sah man dem Kinde an,

als der Vater um die Ecke kam.

Des Weiteren seine Tochter in den Arm nahm,

er hatte schon einen Plan

und setzte seine Erstgeborene flott auf den Wag‘n.

Die Mutter bemerkte die Möglichkeit,

nutzte des Tochters Besonnenheit,

machte mit der Kamera ein paar Schnappschüsse

und zog daraus sehr herzige Schlüsse.

Schon war es auserkoren,

das Bild, das wir noch lange bewahren.

Wer es wieder einmal sieht,

erinnert sich so gut, wie an

ein altes Lied.

 

Nach dem Knipsen des Fotos nahm mein Großvater meine Mutter wieder vom Kofferraum runter. Sie war sehr glücklich und rannte in die Stube des Bauernhofes, wo ihre zwei Schwestern zu Mittag aßen, und berichtete ihnen von ihrem positiven Erlebnis.

 

05.03.: Andrea Grill: „Cherubino“, Lesung

Andrea Grill

„Cherubino“

Lesung, 19.30 Uhr

 

Musik: Marie Orsini-Rosenberg
Moderation: Christina Glinik

 

Eine starke Frau, zwei Männer, eine Schwangerschaft und die große Oper – in ihrem neuen Roman erzählt Andrea Grill eindringlich von einer Sängerin zwischen Kind und Kunst.

 

Die 39-jährige Sängerin Iris Schiffer ist zielstrebig, selbstbewusst und auf gutem Karriereweg. Demnächst gibt sie als Cherubino in Mozarts Oper „Hochzeit des Figaro“ ihr Debüt an der Met, und unverhofft wird ihr eine Hauptrolle bei den Salzburger Festspielen angeboten. Aber die schönste Nachricht ist ihre Schwangerschaft, von der Iris zunächst weder den beiden in Frage kommenden Vätern noch ihrer Agentin etwas verrät, zumal die Premiere in Salzburg und der Tag der Geburt nah beieinander liegen. Andrea Grill erzählt von einer souverän handelnden Frau, die erst allmählich bereit ist, ihre Schwangerschaft anzunehmen. Von den Männern nimmt sie, was sie braucht. Denn das, was zählt, sind sie und ihr Kind.

 

Andrea Grill, 1975 in Bad Ischl geboren, studierte u. a. in Salzburg und Thessaloniki und promovierte an der Universität Amsterdam in Biologie. Sie wurde u. a. mit dem Förderpreis zum Bremer Literaturpreis (2011) und dem Förderpreis für Literatur der Stadt Wien (2013) ausgezeichnet. Cherubino wurde für die Longlist zum deutschen Buchpreis 2019 ausgewählt.

 

 

Deutschnationalismus, hohe Schreibkunst und eine blutige Grenze? Öffentliche Vorlesungsreihe zum „Mythos Kärnten“

Gehen in Kärnten die Uhren anders als in den restlichen Bundesländern Österreichs? Spätestens beim dramatischen Abgang Jörg Haiders stellte man sich diese Frage auch im Ausland. Die Vorstellungen von einem Besonders- und Anders-Sein Kärntens ist zu einem Klischee geworden, im Laufe eines Jahrhunderts sind Fakten, Halbwahrheiten und pure Erfindungen zu etwas gefroren, das man als einen Mythos bezeichnen kann. An 15 Terminen bietet die Universität Klagenfurt im Sommersemester eine Ringvorlesung mit Beiträgen hiesiger und auswärtiger Wissenschaftler*innen. Die Veranstaltungsreihe ist öffentlich zugänglich.

Weiterlesen

David Jamnig – Zuckerland.

David Jamnig

Zuckerland

Die Riesenspinnen bewegen sich schon wieder. Gerade eben dachte ich noch, sie wären nun endlich ruhig. Nun gut, ich lass die Spinnen, Spinnen sein und zähle weiter mein Geld. Mittlerweile habe ich mehrere Milliarden Euro gesammelt und bald werde ich mir mein Haus kaufen. Natürlich mit großem Pool und Garten. Ja sogar einen eigenen Streichelzoo mit Wellensittichen werde ich mir erbauen. In der Garage wird der rote Ferrari stehen, mit dem ich dann über die Landstraße brettern werde.Was will denn meine Schwester schon wieder von mir? Ich verzaubere sie einfach zu Eis und dann habe ich meine Ruhe. Gesagt, getan. Ich kann sie schon nicht mehr hören. Kaum hat man Ruhe von seiner Schwester, geht einem schon wieder die Mutter auf den Wecker. Sie verlangt allen Ernstes, dass ich das Geschirr in das Maul des Monsters stecke. Mit Sicherheit werde ich dir diesen Wunsch nicht erfüllen, denn sonst wird es mich verschlingen. Langsam macht sich bei mir auch der Hunger bemerkbar, deshalb werde ich jetzt den Riesenapfel verschlingen. Somit muss ich nun für ein ganzes Jahr nichts mehr essen.

Heute werde ich mich auch noch auf die mit „Zucker“ bedeckte Wiese stürzen und daraufhin mit meinem Motorfahrzeug Runden im Garten ziehen. Natürlich habe ich auch vor, einen „Zuckermann“ mit einer Karottennase zu bauen. Gleich daneben wird meine „Zuckerburg“ stehen, welche ich vor meiner Schwester, also einem Eindringling, verteidigen werde. Ach, die Welt ist so schön!