06.03.: Franziska FÜCHSL und Barbara JUCH

Franziska Füchsl

Barbara Juch

Lesung und Präsentation des Klagenfurt Kurir

 

Mittwoch, 06. 03. 2024

19.30 Uhr                    

 

Franziska Füchsl: Die Straßen sind sichtbar

Suspekte Begegnungen mit Nachbarn, Bäumen, Angestellten der Stadt, Schwestern unter Schwestern, einer Geschützabwerferin und einem Fallschirmspringerchen, sowie Beobachtungen driftender Passant*innen und strauchelnder Tauben machen Versehrtheiten spürbar, die vom Zupflastern individueller Spielräume herrühren. Umgeben von struktureller Feindseligkeit versuchen die Suspekten dieser Texte in ungewohnten Blickwinkeln und eigenwilligen Einsichten Souveränität zu erlangen und auszuloten, wie viel Spiel sie noch haben. Losgelöst aus gewohnten Konstellationen verbinden sich Wörter und Wendungen auf neue Art und überlagern im poetischen Bild Mensch und Baum, mentale Vorgänge und physische Natur, Virtualität und Gegenständlichkeit. Solcherart werden die Narben und klaffenden Wunden heutigen Lebens erkennbar, aber auch, wieviel Spiel Sprache noch hat.

Ritterverlag | Die Straßen sind sichtbar. Erzählungen (ritterbooks.com)

Franziska Füchsl, geboren 1991 in Putzleinsdorf (OÖ), Studium der deutschen Philologie und Anglistik an der Universität Wien und Sprache und Gestalt an der Muthesius Kunsthochschule Kiel. 2020 erhielt sie den rotahorn Förderpreis sowie den Heimrad-Bäcker-Förderpreis. Für ihr Prosadebüt Tagwan war sie für den Rauriser Literaturpreis und den Clemens-Brentano-Preis nominiert, für Denkt 1 Dodltopftropf erhielt sie 2022 den Floriana Förderpreis. Füchsl ist auch als literarische Übersetzerin tätig und Mitglied in den Vereinen Versatorium – Verein für Gedichte und Übersetzen sowie Neuberg College – Verein für Übersetzung der Gesellschaft. Sie wurde 2023 mit dem Morgenstern-Preis des Landes Steiermark ausgezeichnet. Lebt und arbeitet als freie Autorin in Wien und Kiel.

 

Barbara Juch: SPORT

Regelwerke, Parcours, feste Zeiten oder einfach das Streben nach Geschwindigkeit. Sport durchzieht unhinterfragt unseren Alltag – und auch das künstlerische Arbeiten. In ihrem Essay beleuchtet Barbara Juch die Frage, wo genau diese Überkreuzungen stattfinden und fördert ungeahnte Momente und Parallelen zu Tage. Vor Publikum stehen, einen Schluck Wasser trinken, beginnen: Mit einem vorher klar definierten Bewegungsablauf in einer gegliederten Zeit, einem festen Rhythmus und gesetzten Atempausen. So könnte eine Lyriklesung beginnen, so beginnt ein Sportwettkampf. Sport und Gedichte werden oft in Abgrenzung gedacht, dabei sind sie sich nah: Atem, Rhythmus und Linien durchziehen beide. Aber was hat der Sport der Lyrik zu sagen – und was die Lyrik dem Sport?

Barbara Juch führt beide in ihrem Essay zusammen, lotet Analogien und Überschneidungen aus – und befragt ihren Ort im Spannungsfeld zwischen Auswahlmechanismen im Bildungssystem, im Sportbetrieb, der Lyrikszene. Ein Essay über Lyrik nah am Körper.

Verlagshaus Berlin_Barbara Juch: Sport

Barbara Juch, geboren 1988 in Klagenfurt und aufgewachsen in Ferlach, lebt in Wien. Studium der Amerikanischen Literatur an der Universität Wien, Fulbright Stipendium der Vergleichenden Literaturwissenschaft an der New York State University Stony Brook sowie Master in Critical Studies an der Akademie der bildenden Künste Wien. Sie arbeitet als Autorin und Künstlerin in zumeist interdisziplinären und kollaborativen Kontexten. 2017 erhielt sie 2017 Cathrin-Pichler-Preis (2017) für ihre filmische Arbeit. Mit Claudia Bossard erarbeitete Barbara Juch u. a. Das Werk von Elfriede Jelinek am Kosmos Theater Wien und Making a Great Gatsby am Schauspielhaus Graz. Ihr Debütband BARBARA erschien 2020 im Verlagshaus Berlin. Mitglied in: Chor Mala Sirena, Rennradgruppe Skinny Devils, Studio HDS59 und Hekate Film Collective.

 

Klagenfurt Kurir:

Der von Barbara Juch und Franziska Füchsl herausgegebene „Klagenfurt Kurir“ versammelt Beiträge der Leute, die sie während ihres Klagenfurt-Aufenthalts von September bis Dezember 2022 kennengelernt haben. Die Zeitung wird von Füchsl und Juch gesetzt und in ihren Wiener Ateliers aufmerksam hergestellt. Mit Literatur, Sachtexten, Freizeittipp, Kreuzworträtsel, Rezept, Leserbrief … von Bella Ban, Edith Bernhofer, Mark Duran, Tino Hillebrand, Christian Klingspiegel, Herbert Maschat, Monika Masser, Martina Mosebach Ritter, Erich Pacher, Barbara Pachler, Dominik Srienc, Josef Winkler.

25.01.: Ingeborg BACHMANN – Buchpräsentationen

Uta Degner und Irene Fußl-Pidner

Ingeborg Bachmann: Spiegelungen eines Lebens

Ingeborg Bachmann: Die gestundete Zeit

Buchpräsentation und Lesung

 

Donnerstag, 25. 01. 2024

19.30 Uhr     

Moderation: Anke Bosse

Lesung: Susanne Kubelka

 

Ingeborg Bachmann. Spiegelungen eines Lebens

50 Jahre nach ihrem Tod in Rom gibt dieser einzigartige Bildband einen tiefen Einblick in Leben und Werk der großen Dichterin. Selten gezeigte Fotografien aus dem Familienbesitz und entlegenen Quellen zeichnen Ingeborg Bachmanns Lebensweg nach: ihren Abschied von der Kärntner Kindheitslandschaft und den Umzug nach Italien, den kometenhaften Aufstieg, das Ringen um Unabhängigkeit. Deutlich werden die enge Verwobenheit von Leben und Literatur, aber auch die schwierige Selbstbehauptung als schreibende Frau in Literaturbetrieb und Mediengesellschaft. Wie keine zweite deutschsprachige Autorin stand Ingeborg Bachmann im Licht der Öffentlichkeit. Sie verkörperte den Aufbruch in den 1950er-Jahren wie die Frauenbewegung der 1970er. Die Fotos zeigen, dass eine Trennung zwischen ‚öffentlich‘ und ‚privat‘ nicht möglich war. Was sie in ihrer Gesamtheit sichtbar machen, sind die vielen Gesichter der Bachmann, ihre Wandlungsfähigkeit und Ausstrahlung, ihre einzigartige Aura.

Uta Degner lehrt als assoziierte Professorin Neuere Deutsche Literatur an der Universität Salzburg. Gastprofessuren in Leiden und Wien, Gastdozenturen in Verona und Neapel. Gemeinsam mit Irene Fußl gibt Uta Degner die Werke und Briefe Ingeborg Bachmanns in der Salzburger Bachmann Edition heraus.

 

Salzburger Bachmann Edition. Die gestundete Zeit

Für die junge Ingeborg Bachmann und ihre Generation erwies sich die große Hoffnung nach dem Krieg auf eine Zeit des Friedens bald als trügerisch. Restauration und das vorherrschende schnelle Verdrängen und Vergessen markierten jenen Horizont, vor dem Bachmann ihre Gedichte schrieb. Die gestundete Zeit, der erste, Ende 1953 erschienene Lyrikband der 27-jährigen Autorin, erwies sich, nach verzögerter Rezeption, als repräsentativ für Erfahrungen, die das Schreiben nach 1945 bestimmten: Aufbruch und Abschied, Schuld und Gedächtnis. In der dramatischen Kraft und in den einprägsamen Bildern ihrer Lyriksprache, deren „alarmierendes, skandalöses, befremdliches, erschreckendes“ Hans Werner Henze sofort erkannte, hat diese Erfahrung einen Ausdruck gefunden, der über ihre Zeit hinausreicht. Bachmanns sicheres Gefühl für den sprachlichen Gestus hat ebenso wie das vielschichtige Geschichtsbewusstsein dazu beigetragen, ihren Gedichten einen Platz in der europäischen Moderne nach 1945 zu sichern – aufgenommen auch im Werk bedeutender Bildkünstler und Komponisten wie Anselm Kiefer, Cy Twombly oder Hans Werner Henze.

Dass sich in diesen Gedichten zugleich ein ‚verzweifeltes Sprechen‘ mit Paul Celan verbirgt, wurde erst spät entdeckt. Seit der Publikation des Briefwechsels zwischen Bachmann und Celan (Herzzeit, 2008) ist diese Lesart der Gedichte aber unabweisbar. In der nunmehr ersten kommentierten Edition von Die gestundete Zeit, herausgegeben von Irene Fußl, wird dieses Verständnis durch neue Materialien aus Bachmanns Nachlass ergänzt und vertieft.

Irene Fußl ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Literaturarchiv Salzburg und gemeinsam mit Uta Degner (in Nachfolge von Hans Höller) Gesamtherausgeberin der Salzburger Bachmann Edition. Forschungsschwerpunkte: Ilse Aichinger, Ingeborg Bachmann und Paul Celan.

 

              

19.01.: Alida BREMER & Laura FREUDENTHALER

Freitag, 19. 01. 2024
19.30 Uhr                     

Alida Bremer: Tesla oder die Vollendung der Kreise
Laura Freudenthaler: Arson

Lesungen

Moderation: Harald Gschwandtner

 

Tesla oder Die Vollendung der Kreise

Nikola Tesla, Erfinder zwischen Genie und Wahnsinn, mit serbischen Wurzeln im heutigen Kroatien geboren, schillernde Figur im Gesellschaftsleben New Yorks um 1900, war schon zu Lebzeiten legendär. Einer seiner Bewunderer ist der junge Anton aus Zadar, der nach politischen Umtrieben gegen den österreichischen Kaiser von der Schule fliegt und mit zehn Dollar in der Tasche nach Amerika auswandert. Dort fasst er schnell Fuß, lernt Englisch, arbeitet als Dolmetscher im anatomischen Museum eines deutschen Arztes am Broadway und studiert schließlich Medizin. Er trifft den alten, vereinsamten, wunderlich gewordenen Tesla, sein Idol, und wird ihm in langen Gesprächen über dessen Leben und Gott und die Welt zum Freund. Doch dann erreicht Anton eine Nachricht aus Europa: Er soll zurückkehren, um sich um seine alten Eltern zu kümmern. Also macht er sich wieder auf, mit Frau und Kindern, in die Armut verwahrloster Dörfer im Hinterland Dalmatiens kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Zum Abschied vertraut ihm Tesla die Pläne zu einer »Friedenswaffe« an, und er bittet ihn, nach einem verschollenen Porträt zu suchen, das erst 2006 wieder auftauchen wird.

Alida Bremer studierte Vergleichende Literaturwissenschaft, Romanistik, Slawistik und Germanistik in Belgrad, Rom, Münster und Saarbrücken. Sie arbeitet als Autorin, Übersetzerin, Herausgeberin und Kulturvermittlerin zwischen Südosteuropa und dem deutschsprachigen Raum. Ihre Essays, Kolumnen, Erzählungen und Gedichte erscheinen in Zeitungen, Zeitschriften und Internetportalen und werden in verschiedene Sprachen übersetzt. Sie lebt in Münster und Split.

 

Arson

„Ich muss zu überleben beginnen.“ Nüchtern, ruhig und gefasst beobachtet die Frau, deren Stimme wir in Laura Freudenthalers Buch hören, wie die Dinge außer Kontrolle geraten. Die Dinge in ihrem Umfeld, in ihrem Leben, die Dinge, die eine globale Katastrophe ankündigen: Überall brennen Feuer, herrscht Dürre, macht sich Hitze breit. Die Frau, die hier erzählt, registriert es mit kalter Verzweiflung und wachsender Besessenheit. Sie sucht Zuflucht, wechselt, von Träumen getrieben, ständig ihren Wohnort, tauscht die Zudringlichkeiten der Stadt gegen die Isolation am Land und entfernt sich zunehmend von der Welt, in der man bei Abendeinladungen und Festen über Beziehungen und Psychotherapien spricht. Stattdessen findet sie einen Komplizen ihrer Obsession in einem Mann, der als Experte für Wildfeuer am meteorologischen Institut arbeitet. Er leidet unter Schlaflosigkeit, weiß aber auch, dass viereinhalb Stunden Schlaf genügen, um zu überleben. Und so wacht er über den Feuerkarten, die weltweit jeden Brand verzeichnen. Als ließe sich kontrollieren, was längst außer Kontrolle geraten ist.

Laura Freudenthaler, geboren 1984 in Salzburg, studierte Germanistik, Philosophie und Gender Studies und lebt heute in Wien. Ihr Roman Die Königin schweigt (2017) wird mit dem Förderpreis zum Bremer Literaturpreis und als bester deutschsprachiger Debütroman beim Festival du premier Roman in Chambéry ausgezeichnet. 2020 gewinnt sie den 3sat-Preis bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt für ihren Text Der heißeste Sommer, 2021 wird sie für ihr Werk mit dem manuskripte-Preis ausgezeichnet.

16.01.: Markus KÖHLE – Das Dorf ist wie das Internet, es vergisst nichts

Dienstag, 16. 01. 2024
19.30 Uhr                    

Markus Köhle
Das Dorf ist wie das Internet, es vergisst nichts

Lesung

Moderation: Arno Rußegger

 

Das Romandebüt des großen Slam-Poeten Markus Köhle zeichnet ein ironisch-schonungsloses Porträt der österreichischen Mentalität – so rasant wie charmant, so offen wie ehrlich.

Wer einen realistischen Eindruck vom Zustand Österreichs gewinnen möchte, braucht das Land bloß mit dem Zug zu durchreisen – die freiwillig und halbfreiwillig geführten Gespräche in den Railjets und Speisewägen der Nation geben einen tiefen Einblick in die hiesige Verfasstheit, die zwischen „Fernsehkaisern und Kurzschlusskanzlern“ kaum unterscheiden zu können scheint.

Eine solche Tour de force unternimmt Markus Köhle mit viel Sprachwitz in seinem Romandebüt, in dem er seinen aufmerksam registrierenden Protagonisten Lukas auf seinen Zugreisen durch die Bundesländer den großen Themen unserer Zeit begegnen lässt: Deutlich zu spüren ist da das „Stadt-Land-Kluft-Schlamassel“, die sture Ignoranz gegenüber der nötigen Veränderung („die Füße schischuhschwer, aber die Nase immer oben“), ein bestenfalls halbes Bewusstsein von Überalterung und Pflegenotstand und, natürlich, eine große Unlust, sich mit all dem ernsthaft auseinanderzusetzen.

 

„Wenn es so etwas wie ein heimisches Pendant zur Great American Novel gibt, eines mit Augenzwinkern und Selbstironie, nämlich den zwiespältigen Österreich-Roman, dann hat Markus Köhle sich dieses Prädikat für sein beißend-vergnügliches Buch redlich verdient.“

(Presse/Spectrum)

 

Markus Köhle, geb. 1975 in Nassereith, Tirol, studierte Germanistik und Romanistik, bezeichnet sich selbst als Sprachinstallateur. Seit 2001 ist er literarisch, literaturkritisch, literaturwissenschaftlich und auch als Literaturveranstalter im In- und Ausland aktiv undaußerdem und Poetry Slammer der ersten Stunde. Seit 2004 lebt und arbeitet er in Wien.

 

In Kooperation mit dem Kulturreferat der ÖH Klagenfurt.