23.01.: Ingram Hartinger. Zum 70. Geburtstag

Ingram Hartinger

Zum 70. Geburtstag

19.30 Uhr

 

Ein Abend für und mit Ingram Hartinger zum 70. Geburtstag.

Eine gemeinsame Veranstaltung mit der GAV (Grazer Autorinnen und Autoren Versammlung) Kärnten

 

Texte und Gratulanten: Lydia Mischkulnig; Erik Adam: „Aus der Vogelperspektive“. Zu Ingram Hartinger und „Storch und Amsel“; Axel Karner: „Ach Schrebergärtner, sei getrost“. Ingram Hartinger zum Geburstag; Josef K. Uhl,

Musik: Georg Maurer, Rainer Spieler

 

Ingram Hartinger

Geboren 1949 in Saalfelden, studierte Romanistik, Psychologie und Medizin. Nach längeren Aufenthalten in Italien, Frankreich und Südamerika lebt der Schriftsteller seit 1979 in Klagenfurt am Wörthersee, wo er bis 2009 im Krankenhaus als Kinderpsychotherapeut tätig war. Literarische Tätigkeit und Veröffentlichungen von Lyrik und Prosa seit 1973. Zahlreiche Buchpublikationen in österreichischen Verlagen; Radiofeatures für den ORF.

Zuletzt erschienen (u.a.): Kigo (2012), Das verschmutzte Denken (2014), Dinge aus Angst (2015), Mangoldgerippe (2018), Storch und Amsel (2019).

 

Ingram Hartinger

„Die Welt schlüpft zuweilen in ihr pflanzliches Kleid zurück.“

 

Kunst ist Hartinger zu wenig. Aber sie ist auch gemeint: sein Schreiben ist Bekenntnis und Experiment, Zerstörung und Assoziation. Der Anspruch, der Raum dieser Textwelt ist enorm.

 

Mit Verve und Vehemenz, mit Subtilität und poetischer Leuchtkraft schreibt der Salzburger Romanist und Psychologe Ingram Hartinger nun seit mehr als vier Jahrzehnten unermüdlich an einem umfassenden Œuvre, kompromisslos und unberührt, eine Ecriture abseits aller Opportunität, sprachgewaltig und energievoll. (Martin Kubaczek)

 

Ingram Hartinger: Storch und Amsel (2019, Wieser Verlag)

Für den Schreiber, Denker und Dichter Giacomo Leopardi sind Vögel »die fröhlichsten Geschöpfe auf der Welt« – von den volatilen Wesen bezaubert ist auch unser Autor. So rät er einer möglichen Leserin dieser Schrift, im Freien oder zumindest bei geöffnetem Fenster zu lesen. Möge es ihr gelingen, sich durch bloßes Gezwitscher in den einen oder anderen Vogel zu versetzen, ihn, der beides kann – fliegen und singen.

Die Methode ist denkbar einfach: Hie die jeweils taxonomisch vorgeführte Spezies und da der Autor. Ob flugtauglich oder nicht, einerlei, sie treten auf, schlüpfen in eine Rolle und sprechen. In Form von Prosavignetten gelangen wir ins Innere einer Zwiesprache. Der Autor, der als Mensch einer viel zu aufgeblasenen Spezies angehört, tritt in diesem Buch verblüffend zurück. Es gibt viele Gründe, warum Vögel zu uns sprechen – sie tun das im Übrigen manchmal so lange, bis uns das Grinsen vergeht. Wenn wir nicht in uns gehen und bei den Vögeln sind, werden wir nie erfahren, welche Botschaft sie singen.

Indes, der Vogel bleibt, so wie der Mensch, ein Mirakel. Gegenstand der Neugierde bleibt der Vogelflug für uns allemal. Nur selten fliegen sie im Kreis. Wir, die wir laufend im Kreis gehen, wissen nicht, was kommt und ob wir uns nicht doch auf die Auflösung der Zeit zubewegen. Am Vogelgezwitscher erkennen wir die vielen unterschiedlichen Bedeutungen unserer gegenwärtigen Fragen.

Mönchsgrasmücke im Großzeitengang:
Die schwarze Federkappe dieses Solitärs wie das Barett eines Intellektuellen. Die leise schwätzende Strophe, der ein schmatzender Erregungslaut folgen kann oder ein leierndes Zwitschern mit unverkennbarem Überschlag. Staubblätter von Mandelbäumen als Menü. Nest wie ein halb offener Napf. Und Bestandszunahmen erstaunlicherweise. Im Gehölz dann Sonnenträume, dem Wettergrollen trotzend. Ein Weltinnesein. Stillebefangener Zustand, wenn Gegenwart bricht. Nonne und Mönch haben beim Anblick dieses Feschen und Artigen Lichtahnungen. Himmlische Spende. Und das Menschliche die ratlose Eigenschaft des Rätsels. Als ob es natürlich sei, den Herzschlag zu hören und zu atmen.

 

 

14.01.: Drago Jančar „Wenn die Liebe ruht“, Lesung in slowenischer und deutscher Sprache

Drago Jančar

„Wenn die Liebe ruht“

19.30 Uhr

Zweisprachige Lesung in slowenischer und deutscher Sprache mit dem Autor und der Übersetzerin Daniela Kocmut

 

Slowenien, Zweiter Weltkrieg: Die junge Medizinstudentin Sonja erkennt in dem SS-Offizier, den sie auf der Straße in Maribor trifft, Ludek wieder, der sie als Kind einmal beim Skifahren aus dem Schnee gezogen hat. Ludek heißt jetzt Ludwig und ist ein überzeugter Nazi. Sonja bittet ihn um Hilfe für ihren inhaftierten Freund Valentin. Für Ludwigs Hilfe zahlt Sonja einen hohen Preis. Doch Valentin, der bei den Partisanen kämpft und später im Kommunismus Karriere macht, dankt Sonja ihren Einsatz nicht.

Stilistisch brillant lotet Jančar in seinem preisgekrönten Roman aus, wie weit wir bereit sind zu gehen, wie der Krieg Beziehungen neu formt und die Liebe, auch wenn das Leben weitergeht, in die Knie zwingt.

 

Drago Jančar, geboren 1948 in Maribor, lebt in Ljubljana und gilt als der bedeutendste zeitgenössische Autor seines Landes; seine Romane, Essays und Stücke wurden in viele Sprachen übersetzt. 1974 wurde er wegen „feindlicher Propaganda“ inhaftiert. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen (u.a.): Prešeren-Preis (1993), Europäischer Preis für Kurzprosa (1994), Jean-Améry-Preis für Essayistik (2007) und Prix Européen de Littérature (2012).

 

Mit freundlicher Unterstützung von SKICA – Slowenisches Kulturinformationszentrum

 

 

09.01.: „Schreiben sehen.“ Buchpräsentation

„Schreiben sehen“. Wie entsteht ein literarischer Text

Buchpräsentation, 19.30 Uhr               

 

Textgenese in der digitalen Edition. Herausgegeben von Anke Bosse und Walter Fanta in der Reihe Beihefte zu Editio, Band 45
Verlag De Gruyter 2019

Im Anfang war das Wort, der Archetyp, das richtige Zeichen, der wahre Text. Am Ende steht das digitale Zeichen, das Bild.

Ein literarischer Text ist nicht einfach ‚da‘, sondern entstanden. Wie lässt sich seine Genese darstellen, seine dritte, zeitliche Dimension? Das zweidimensionale Buch stößt hier an seine Grenzen. Erst mit der Digitalisierung und neuen bild- und textgebenden Verfahren lässt sich nun die zeitliche Dimension von Texten sicht- und erfahrbarer machen, lassen sich die Benutzer*innen einbeziehen. Wie sich neue digitale und hybride Editionen damit auseinandersetzen, zeigt der Band Textgenese in der digitalen Edition. Hg. von Anke Bosse und Walter Fanta.

Passend zu seinem Thema wird der Band von einer digitalen Komponente begleitet. Sie wird an diesem Abend gelauncht.

 

Launch des Online-Panoptikums in einer Präsentation von Leon Bernhofer

Artur R. Boelderl im Gespräch mit Anna Schober-de Graaf, Anke Bosse und Walter Fanta zur Frage, wie Texte entstehen und wie der Entstehungsprozess am besten gezeigt werden kann

 

 

 

 

12.12.: Martin Pollack: „Die Frau ohne Grab. Bericht über meine Tante“, Lesung

Martin Pollack

„Die Frau ohne Grab. Bericht über meine Tante“

Lesung

19.30 Uhr                   

 

In seinem neuen Buch erforscht Martin Pollack die Hintergründe rund um den Tod seiner Großtante Pauline im Sommer 1945. Es ist nach „Der Tote im Bunker“ Pollacks zweites Werk, das sich mit seiner eigenen Familiengeschichte rund um die NS-Zeit auseinandersetzt.

Sommer 1945: Die siebzigjährige Pauline Drolc, geborene Bast, wird von jugoslawischen Partisanen in ihrem Heimatort Tüffer, slowenisch Lasko, verhaftet und in das provisorische Internierungslager Schloss Hrastovec gebracht. Wenige Wochen später ist sie tot. Ihr Grab wird nie gefunden. Pauline ist die Großtante von Martin Pollack, dessen Buch über den eigenen Vater, SS-Sturmbannführer Gerhard Bast, zu den Meilensteinen der Erinnerungsliteratur zählt. Und sie ist die Einzige in der stramm deutschnationalen Familie, die am Ende des Zweiten Weltkriegs zu Tode kommt.

In seinem detektivisch recherchierten Bericht erzählt Martin Pollack über das Schicksal eines Menschen, das beispielhaft ist für die historischen Verstrickungen an einem kleinen Ort zwischen den Grenzen.

 

Martin Pollack, geboren 1944 in Bad Hall / Oberösterreich, studierte Slawistik und osteuropäische Geschichte. Bis 1998 Korrespondent des Magazinz Spiegel in Wien und Warschau. Übersetzer u. a. von Ryszard Kapuściński. Preise u. a.: Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung (2011), Johann-Heinrich-Merck-Preis, Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik (beide 2018).

 

Moderation: Edith Bernhofer