In einem gemeinsamen Forschungsprojekt sind Bildungswissenschaftler*innen der Universitäten Graz, Linz und Klagenfurt dem Erfolg im Lehramtsstudium auf der Spur. In einer kürzlich veröffentlichten Studie haben Barbara Weissenbacher, Corinna Koschmieder, Georg Krammer, Florian H. Müller und Aljoscha Neubauer nachgewiesen, dass insbesondere sprachliche Fähigkeiten, hohe Gewissenhaftigkeit und intrinsische Studienmotivation für den Erfolg im Lehramtsstudien verantwortlich sind. Es wurden mehr als 500 Lehramtsstudierende in einer Längsschnittstudie befragt.
Gerade in Zeiten, in denen unser Bildungssystem dringend Lehrkräfte benötigt, ist es entscheidend, die individuellen Faktoren zu untersuchen, die zum erfolgreichen Abschluss der Lehramtsausbildung und dem anschließenden Berufseinstieg beitragen. In OECD-Ländern schließen etwa ein Drittel der eingeschriebenen Studierenden ihr Bachelorstudium nicht ab (OECD 2022). Auch in Österreich ist die Abbruchquote hoch (etwa 40 %; Aina et al. 2022); für das Lehramtsstudium teilweise deutlich höher.
In einer kürzlich veröffentlichten Studie untersuchten Florian H. Müller und seine Mitautor:innen Barbara Weissenbacher, Corinna Koschmieder, Georg Krammer und Aljoscha Neubauer, welche Faktoren den langfristigen akademischen Erfolg von Lehramtsstudierenden vorhersagen können.
Studiendesign
Dafür wurde der akademische Erfolg in drei Kriterien unterteilt: (1) akademische Leistung (Notendurchschnitt), (2) die Absicht, im Studium zu verbleiben und (3) die tatsächliche Verbleibquote bzw. Studienabschluss.
Zur Vorhersage dieser Kriterien wurden (a) kognitive Merkmale, (b) Persönlichkeitsmerkmale und (c) motivationale Aspekte berücksichtigt. Die Erhebungen erfolgten zu zwei Zeitpunkten: einmal im Rahmen des Aufnahmeverfahrens für das Lehramtsstudium und erneut nach dem ersten Studiensemester. Informationen über den tatsächlichen Verbleib im Studium sowie den Studienabschluss wurden aus der Universitätsstatistik im Jahr 2023 abgerufen. Insgesamt wurden 537 Lehramtsstudierende befragt. Von ihnen gaben 34 Prozent ihr Studium innerhalb von sieben oder acht Jahren auf.
Verbale Fähigkeiten, Gewissenhaftigkeit und Motivation
Die Analysen mithilfe von Strukturgleichungsmodellen zeigten, dass die Prädiktoren unterschiedliche Vorhersagekraft aufwiesen. Rund ein Viertel der Varianz im Studienerfolg konnte durch verbale Fähigkeiten und Gewissenhaftigkeit erklärt werden. Gewissenhafte Personen zeichnen sich durch Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit, Fleiß, Organisation und Durchhaltevermögen aus – Eigenschaften, die sich positiv auf den Studienverlauf auswirken. Verbale Fähigkeiten, die zu den kognitiven Fähigkeiten zählen, sind insbesondere im Lehramtsstudium von großer Bedeutung.
Die Absicht, im Studium zu verbleiben, konnte vor allem durch die intrinsische Motivation erklärt werden, die für einen Großteil der Varianz verantwortlich war.
Im Hinblick auf die tatsächliche Verbleibquote erklärten Alter, verbale Fähigkeiten und intrinsische Motivation zusammen etwa zehn Prozent der Varianz.
Verbale Fähigkeiten und Gewissenhaftigkeit haben einen signifikanten Einfluss auf die akademische Leistung. Motivationale Aspekte und die allgemeine kognitive Fähigkeit (IQ) sind allerdings nicht mit der akademischen Leistung assoziiert.
Praktische Implikationen
Die Ergebnisse der Studie haben praktische Bedeutung für angehende Lehrkräfte sowie die Gestaltung der Lehrer*innenbildung. Die Identifikation kognitiver und nicht-kognitiver Merkmale als Prädiktoren für den akademischen Erfolg kann zur Entwicklung gezielter Interventionen beitragen. Zudem sollten lehramtsführende Institutionen Maßnahmen zu Motivationsförderung umsetzen sowie Programme zur Unterstützung von Studierenden mit Risikofaktoren (wie zum Beispiel Schwächen in Bezug auf verbale Fähigkeiten) anbieten, um die Bindung an die Universität und den Erfolg zu fördern.
Link zum Artikel: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/02619768.2024.2414200