D!ARC Lectures veröffentlicht vom Universitätszentrum D!ARC – Digital Age Research Center

Interview mit Estrid Sørensen: Dekolonialistische Datenforschung um Beziehungen sichtbar zu machen

In Ihrer Keynote „Von distanzierten Daten zu engagierten Daten“ am Donnerstag, 18.05. 2023, 19 Uhr (Stiftungssaal AAU) während der Konferenz „Alltag und Kultur/en der Digitalität“, stellt Estrid Sørensen (Bochum) den Ansatz einer engagierten und dekolonialistischen Datenforschung vor.

Veranstalter der Konferenz sind das Institut für Kulturanalyse (AAU), das Digital Research Center (D!ARC/AAU) und das kulturwissenschaftliche Netzwerk Alltag und Technik. Das Interview führten Studierende des Studiengangs Angewandte Kulturwissenschaft und Transkulturelle Studien an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt / Celovec

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Von distanzierten Daten zu engagierten Daten: Versuch einer dekolonialistischen und kulturwissenschaftlichen Datenforschung

18. Mai  2023    19:00 – 20:00 Uhr / 7:00 – 8:00 pm     Stiftungssaal AAU

Prof. Dr. Estrid Sørensen, Ruhr-Universität Bochum, LS Kulturpsychologie und Wissensanthropologie

Abstract:

Wir leben in einer Zeit, in der das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Praktiken, Lebensentwürfe und Epistemologien eine zentrale Herausforderung darstellt. Zugleich stellt die junge Data Science neue Analysen zur Verfügung, die einen größeren Überblick und einen breiteren Einblick in Variablen und Parameter der Welt anbieten. Für eine ethnographische Sensibilität, für die konkrete und praktische Alltage zentral stehen, erscheinen Big Data Analysen oft als Maschinen distanzierter Weltbezüge. Aus der Perspektive postkolonialer Ansätze, die sich bemühen, Konzepte für die Reflexion der Koexistenz inkommensurabler Welten zu entwickeln, wirken Ergebnisse computergestützter Analysen oft übergeneralisierend und unterschiedsvernichtend.

Anstatt der Data Science den Rücken zu kehren, können digitale Daten, Datenanalysen und Datenvisualisierungen als Möglichkeit angenommen werden, verschiedene, andere und spekulative Entwürfe von heterogenen Praktiken, Lebensformen und Epistemologien aufzuzeigen. Als methodische Mittel sind solche Entwürfe engagierend, nicht als distanzierend. Die Keynote zeichnet eine Skizze einer engagierten und dekolonialistischen Datenforschung als theoretisierende Praxis der empirischen Kulturwissenschaft.

CV

Since 2019
Founder and Head of RUSTlab, Ruhr-University Science & Technology Studies Lab.

Since July 2016:
Professor for Cultural Psychology and Anthropology of Knowledge, Faculty of Social Science, Ruhr-Universität Bochum

2010-2016:
Junior Professor for Cultural Psychology and Anthropological Knowledge in the Mercator Research Group “Spaces of Anthropological Knowledge: Production and Transfer” and the Faculty of Social Science, Ruhr-Universität Bochum

2008 – 2010:
Assistant Professor at Danish School of Education, Aarhus University, Department for Learning

2008 – 2010:
Scientific co-ordinator of the „Collaboratory: Social Anthropology and Life Science“ at the Department for European Ethnology, Humboldt Universität zu Berlin

2007:
Alexander von Humboldt Fellow at the Department for Sociology of Technology, Technical University, Berlin

 

Transforming the Digital Forschung und Kollaboration in algorithmischen Räumen

20th of March 2023  17 Uhr/ 5 pm   HS 3/ Hörsaal 3

Antrittsvorlesung von Frau Univ.-Prof. Dr. Katharina Kinder-Kurlanda

Der Link für den Livestream lautet:

https://classroom.aau.at/b/sag-893-nqz-qhq

 

 

Engineering Turn: Digitalisierung von Wissenschaft als Nebenfolge komplexer Problemlösungsprozesse?

ABGESAGT  30. März 2023    16 Uhr/ 4 pm     HS C/ Hörsaal C

Prof. Dr. Stefan Böschen

 

Abstract:

Im Kontext transformativer Forschung wird Wissenschaft zunehmend mit sehr differenzierten kollektiven Anforderungen konfrontiert. Diese sind mitunter stark umstritten und erhöhen die soziale Komplexität von Forschung. Dazu wurden in der Zwischenzeit auch eine Fülle von Formaten und Perspektiven entwickelt, um diesen Anforderungen gerecht werden zu können. Dazu zählen insbesondere Formate der partizipativen Forschung, wie etwa Reallabore. Auf der anderen Seite werden solche Anforderungen in der Wissenschaft aufgegriffen und führen dort wiederum zu einem Komplexitätsaufbau. Dabei spielt insbesondere die Digitalisierung von Forschung eine relevante Rolle. Diese Prozesse erhöhen letztlich die epistemische sowie sozialer Komplexität bei der Produktion wissenschaftlichen Wissens. Die These der Präsentation lautet, dass die genannten Veränderungen im System wissenschaftlicher Wissensproduktion als „Engineering Turn“ in der Wissenschaft interpretiert werden können, bei dem die Rahmenbedingungen der Wissensproduktion und der Geltung von Wissen neu konfiguriert werden. Der Vortrag beleuchtet diese These mit empirischen wie konzeptionell-theoretischen Überlegungen. Dabei wird sich zeigen, dass die Wissenschaftsforschung selbst sich neu orientieren muss. Denn um diese Verschiebungen erkennen und deuten zu können, bedarf es einer neuen Form integriert-interdisziplinärer Wissenschaftsforschung. Diese sollte in der Lage sein, unterschiedliche disziplinäre Bereiche der Wissenschaftsforschung ins Gespräch zu bringen, insbesondere aber Wissenschaftsphilosophie und Wissenschaftssoziologie.

CV

Stefan Böschen hat zunächst Chemie-Ingenieurwesen studiert und ein Diplom an der Friedrich-Alexander Universität in Erlangen-Nürnberg erworben. Seine interdisziplinären Interessen führten ihn zur Philosophie und Soziologie mit Studien in Wissenschaftsforschung und Technikfolgenabschätzung, die er in einer Promotion in Soziologie bündelte. Stationen im DFG-Sonderforschungsbereich Reflexive Modernisierung, dem Wissenschaftszentrum Umwelt (WZU) an der Universität Augsburg sowie dem Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) am KIT Karlsruhe führten ihn an die RWTH Aachen University. Dort ist Stefan Böschen seit 2018 Professor für Technik und Gesellschaft sowie seit 2019 Sprecher des Human Technology Center. Seine Forschungsarbeiten mündeten 2021 darin, mit der Wissenschaftsphilosophin Gabriele Gramelsberger ein prestigereiches Käte Hamburger Kolleg zu gewinnen, das der Form nach ein International Center für Advanced Studies darstellt. Das Kolleg in Aachen fokussiert auf „Kulturen des Forschens“.