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Im Kosmos von Michaela Szölgyenyi

Mein Kosmos ist eindeutig der Wörthersee. Das Strandbad ist nur fünf Minuten von der Universität entfernt, und ich schwimme, solange es von den Temperaturen möglich ist, täglich vom Südsteg aus eine Runde. Besser kurz geschwommen, als gar nicht geschwommen! So wie andere Leute eine Kaffeepause machen, gehe ich in eine Schwimmpause, meist gemeinsam mit zwei Kolleg*innen. Für mich ist das die ideale Unterbrechung, um den Kopf frei zu kriegen. Ich habe erst mit meinem Umzug 2018 hierher begriffen, dass ich ein totaler Wassermensch bin. Schon als Kind habe ich meine Ferien am Attersee verbracht; ich lernte vom Großvater Segeln und schnorchelte oft stundenlang. Heute schwimme ich nur noch über Wasser. Im Winter zieht es mich zum Schnee in die Kärntner Berge, hier habe ich das Skitourengehen erlernt. Im nächsten Sommer steht Windsurfen am Plan.

Einen Nachteil hat der Wörthersee schon: Hier geht kein Wind – zumindest im Vergleich zum Attersee. Die Freiheit beim Segeln ist ähnlich wie beim Reiten. Das ist pure Freiheit. Noch besitze ich kein Boot, die Rüstkosten dafür sind zu hoch. Man weiß aber nie, was die Zukunft noch bringen wird. Jedenfalls möchte ich nicht künstlich einen Mangel erzeugen, sondern danach leben, was mir die aktuelle Situation erlaubt. Entscheidungsfreudig bin ich genug; alles frei laufen zu lassen, würde nicht zu mir passen.

Andere Dinge kann ich weniger gut. Etwa das Einrichten und Dekorieren einer Wohnung. Das Ergebnis fällt dann sehr linear und aufgeräumt aus. In anderen Wohnungen gefällt mir das Nichtlineare. Ich bestehe nur auf eines: auf meine Grünlilien und ein großes Vollholzregal für die vielen Bücher. Ich lese gerne – und lieber dicke Romane in Hardcover als Kurzgeschichten. Das beste Buch im letzten Sommer war für mich „Sechzehn Wörter“ der Bachmann-Preisträgerin Nava Ebrahimi.

Beruflich bin ich gut ausgelastet mit Forschung, Lehre und mit der Administration des FWF-Doktorand*innenkollegs Multiple Perspectives in Optimization. Von den 14 jungen Forschenden sind zehn Frauen. Das freut mich natürlich besonders. Die Benachteiligung von Frauen und andere Ungerechtigkeiten ärgern mich nämlich ungemein. Das war schon in der Schule so, damals habe ich bei Ungerechtigkeiten aufgemuckt und bin für andere eingestanden.

Der Spirit, den diese jungen Leute an die Institute für Statistik und Mathematik bringen, ist großartig und belebend. Die zuletzt spürbare coronabedingte Stille auf dem Campus widerspricht seinem ursächlichen Wesen als Ort der Begegnung. Ich bin zwar froh, dass derzeit internationale Konferenzen zumindest virtuell erfolgen können und diese unökologischen und anstrengenden Reisen in Zukunft weniger sein werden, dennoch halte ich den persönlichen Kontakt zu anderen Forschenden für essenziell.

Ich mag es, unter Menschen zu sein und mit ihnen zu lachen. Ich habe nichts davon, wenn ich lange eingeschnappt bin. Humor, Sarkasmus und Die Tagespresse halten mich bei Laune. Nur bei der realen Politik vergeht mir manchmal der Humor.

Musik spielt für mich eine ähnlich große Rolle wie das Wasser. Ich höre oft und gern Musik, auch bei der Arbeit mit Kopfhörern, vorwiegend Rockmusik der 1980er – die Rolling Stones, Guns n’ Roses, Solid Gold. Das Spotify Recommender System muss aber noch verbessert werden, damit es meinen Geschmack ganz trifft. Beim Musikhorchen lässt sich gut nachdenken. Ins Narrenkastl schauen kann ich auch sehr gut. Ja, und Nichtstun kann ich vortrefflich.

Aufzeichnung: Barbara Maier

Zur Person



Geboren: 1988 in Linz an der Donau

Beruf: Professorin für Stochastische Prozesse und Institutsvorständin, Institut für Statistik

Ausbildung: Masterstudien Industriemathematik und Volkswirtschaftslehre sowie Doktorat in Mathematik an der JKU Linz, Postdoc an der WU Wien und der ETH Zürich

Kosmos: Strandbad Klagenfurt, 12. Oktober 2021

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