Berufsbildung in Österreich und Äthiopien: Bildungswissenschaftler*innen forschen gemeinsam
In Österreich gibt es ein sehr traditionsreiches Berufsbildungssystem mit berufsbildenden Schulen und Lehrbetrieben. Allerdings war man mit der Einführung eines Nationalen Qualifikationsrahmens, sowohl für Zwecke der Vergleichbarkeit und die Schaffung von Einstiegsmöglichkeiten in berufliche Lernprozesse in späteren Lebensphasen, verhältnismäßig zögerlich. Nach rund zehnjährigen Vorbereitungsarbeiten gibt es seit 2016 nun ein entsprechendes Gesetz. In Äthiopien implementierte man schon 2006 ein entsprechendes Modell. Gleichzeitig arbeitet man dort momentan intensiv am Auf- und Ausbau der beruflichen Bildung. In einem gemeinsamen Projekt von äthiopischen und österreichischen Bildungswissenschaftler*innen tauschen sich Expert*innen nun über die jeweiligen Systeme aus und forschen an den neuen Konzepten der Qualifikationsrahmen.
„In erster Linie wollen wir die beiden Systeme miteinander vergleichen und dabei voneinander lernen“, erklärt Monika Kastner, die das Projekt mit dem Titel „Employability and Lifelong Learning in Technical and Vocational Professions“ leitet. „Wie stehen die beiden Länder in der Entwicklung und Implementierung von Nationalen Qualifikationsrahmen? Unser Fokus liegt dabei auf der beruflichen Bildung, Weiterbildung und auch auf arbeits(platz)bezogenem Lernen.“ Außerdem wird das Team unter die Lupe nehmen, welche Resultate mit beruflicher Bildung bisher erreicht werden konnten, wie leicht oder schwer Menschen in Beschäftigung kommen bzw. Übergänge zwischen verschiedenen Berufsfeldern meistern und wie Lehrkräfte für die berufliche Bildung ausgebildet werden.
Die Programmschiene „Kooperation Entwicklungsforschung“ der Agentur für Bildung und Internationalisierung (OeAD) stellt Forschungsmittel des BMBWF für das Projekt zur Verfügung. Der äthiopische Projektkoordinator Yekunoamlak Alemu wurde 2006 an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften promoviert und ist 2015 als Ernst-Mach-Stipendiat nach Klagenfurt zurückgekehrt. Damals ergab sich die Gelegenheit zur Vernetzung mit Monika Kastner. Gemeinsam mit Peter Schlögl und dem Team der Addis Ababa University, Yekunoamlak Alemu, Demoze Degefa und Befekadu Zeleke vom College of Education and Behavioral Studies, gelang nun die erfolgreiche Beantragung. Das Forschungsteam setzt insbesondere darauf, dass man gemeinsam Bildungskonzepte analysiert und deren Resultate und Wirkungen erforscht. „Wir wollen also weder Wissen vom Norden in den Süden noch umgekehrt transferieren, sondern kooperativ daran arbeiten, auf Augenhöhe mehr über unsere Bildungssysteme im Feld der beruflichen Bildung zu erfahren“, so Monika Kastner abschließend.