Autonome Roboter sollen Schiffskörper warten
Die Reinigung eines Schiffsrumpfs dauert derzeit rund acht Tage und verursacht Kosten von 100.000 bis 200.000 Euro. Ein Forschungsteam, dem auch Stephan Weiss und Jan Steinbrener am Institut für Intelligente Systemtechnologien angehören, möchte nun autonome Roboter für diese Aufgabe einsetzen.
Ungefähr 56.000 mehr als 500 Tonnen schwere Schiffe sind auf den Weltmeeren unterwegs. Sie sind dabei massiven Verschmutzungen ausgesetzt: Zuerst setzen sich Algen an den Rümpfen fest und danach bilden diese einen Nährboden für Muscheln. Je länger man mit der Reinigung wartet, desto größere Elemente verschmutzen den Rumpf. Damit wird auch der Widerstand, dem das Schiff bei Bewegung ausgesetzt ist, größer und Treibstoffverbrauch sowie Abgase steigen deutlich an. Eine autonome Reinigung und Inspektion der Schiffshüllen hätte mehrere Vorteile: „Man könnte häufiger reinigen und damit Zeit und Treibstoff einsparen sowie die Umwelt schonen. Eine automatisierte Reinigung sollte während des Ladevorgangs eines Schiffs möglich sein“, erklärt Stephan Weiss, der vorwiegend in der Drohnenforschung tätig ist. Ein weiterer Vorteil wäre, dass autonome Roboter „objektive“ Entscheidungen treffen, während ein menschlicher Inspekteur nach Augenmaß darüber richtet, ob ein Riss nun bedenklich sein könnte oder nicht oder ob ein gewisses Maß an Verschmutzung noch hinzunehmen ist. Neben finanziellen Einsparungen seien auch die Umwelteffekte eklatant: Sauberere Schiffe verbrauchen in der Regel 5 bis 10 Prozent weniger Treibstoff, in extremen Fällen kann dieser Wert bis zu 30 Prozent betragen.
Aber was haben nun Drohnen mit der Reinigung von Schiffshüllen zu tun? Stephan Weiss erläutert: „Drohnen sollen ein Schiff von außen abfliegen, um den gesamten Rumpf in den Blick zu nehmen. Dafür werden wir mehrere Mini-Helikopter benötigen, weil die Flugzeit einer Drohne in der Regel auf wenige Minuten bis zu einer halben Stunde beschränkt ist. Die aufgenommenen Bilder müssen zu einer Gesamtübersicht zusammengefügt werden. In der Folge sollen magnetische Crawler am Schiff die eigentliche Inspektions- und Reinigungstätigkeit durchführen. Über Wasser werden wir hierfür andere Roboter benötigen als unter Wasser.“ Dafür sei vor allem Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Roboterarten nötig. Hinzu kommt, dass nicht nur verschiedene Umgebungen inspiziert und gereinigt werden müssen, sondern auch verschiedene Oberflächenmaterialien zu bearbeiten sind. Dazu können Stephan Weiss und Jan Steinbrener die Expertise ihrer Gruppe „Control of Networked Systems (CNS)“ einbringen: „Wir brauchen Methoden, die grundsätzlich die Lokalisierung mobiler Roboter vornehmen, aber mit verschiedenen Geräten, Sensoren und in verschiedenen Umgebungen“, sind sich die beiden einig.
Eine der größten Herausforderungen ist für uns auch die geringe Textur und glatte Oberfläche des Schiffskörpers, die eine präzise Navigation erschwert.
(Stephan Weiss)
Die Roboter sollen dabei zur Kooperation in der Lage sein: Die Drohnen sollen ihre Bilder den Crawlern zur Verfügung stellen, weil diese – an der Oberfläche des Schiffsrumpfs agierend – kein GPS zur Navigation zur Verfügung haben, aber dennoch einen Überblick darüber haben sollten, wo sie sich gerade befinden. „Eine der größten Herausforderungen ist für uns auch die geringe Textur und glatte Oberfläche des Schiffskörpers, die eine präzise Navigation erschwert“, so Stephan Weiss. Gleichzeitig sollen die Drohnen zusammenarbeiten können. Aus Klagenfurt kann man Wissen zur Kooperation, aber vor allem zur kollaborativen Zustandsschätzung und Navigation dieser Roboter einbringen.
Aktuell ist es dem Team gelungen, erste Methoden hierfür vorzustellen, die mit mehreren Sensoren zusammenarbeiten können. Jüngst fand auch ein erstes Experiment in der Drohnenhalle der Universität Klagenfurt statt. Stephan Weiss erzählt: „Unsere Projektpartner von der RWTH Aachen haben über deren virtuelle Brille Drohnen in unserer Drohnenhalle gesteuert. Wir haben dabei ein Schiff im Maßstab 1:10 simuliert und die Bilder sowie reale Positionsdaten der Drohne nach Aachen geschickt, die das wiederum in der virtuellen Welt dargestellt haben.“ Zu den Zielen des Projekts gehört, dass die Expert*innen für die Handhabung der autonomen Inspektion und Wartung nicht im Hafen selbst sein müssen, sondern extern arbeiten. Wir fragen nach, ob Reedereien teure Schiffsstunden für experimentelle Arbeiten in tatsächlichen Häfen zur Verfügung stellen, und erfahren: „Das wäre wohl zu kostspielig. Stattdessen gibt es eigene Forschungsschiffe, unter anderem im Hafen von Trondheim in Norwegen.“
Das Forschungsprojekt mit dem Titel „BugWright2 Autonomous Robotic Inspection and Maintenance on Ship Hulls and Storage Tanks“ wird von einem internationalen Konsortium unter der Leitung von Cédric Pradalier des französischen Centre National de la Recherche Scientifique mit insgesamt 21 Partnern (darunter die Universität Klagenfurt und die Lakeside Labs) durchgeführt. Die Mittel stammen aus dem Forschungsund Innovationsprogramm „Horizon 2020“ der Europäischen Union.
für ad astra: Romy Müller