Apps installieren und sicher im Netz navigieren: Projekt möchte Zugang zur digitalen Welt für Menschen mit Lernschwierigkeiten erleichtern

Für Rollstuhlfahrer:innen sind es Stiegen und Stufen, die es ihnen erschweren, ungehindert überall hin zu kommen. Äquivalent dazu sind es fehlende Bodenmarkierungen, die Menschen mit eingeschränkten Sehvermögen das Leben schwerer machen. Kathrin Arndt ist studentische Mitarbeiterin im EU Erasmus+ Projekt INDICO, das Menschen mit Lernschwierigkeiten den Zugang zur digitalen Welt erleichtern soll. Fragt man sie danach, was denn nun die metaphorischen Stufen und fehlenden Bodenmarkierungen für die Menschen mit Lernschwierigkeiten seien, erfährt man: „Für unsere Zielgruppe ist die Sprache, die wir online verwenden, hinderlich. Wollen wir Menschen mit Lernschwierigkeiten ermöglichen, sich gleichberechtigt im digitalen Raum zu bewegen, brauchen wir die so genannte Einfache Sprache.“

Die Europäische Kommission will bis 2030 erreichen, dass 80 Prozent der erwachsenen EU-Bürger:innen über zumindest digitale Grundkenntnisse verfügen. Menschen mit Lernschwierigkeiten stehen dabei vor besonderen Herausforderungen. Allein die Assmessment-Tools, die es bereits gibt, um die eigenen digitalen Kompetenzen einzuschätzen, werden nicht in Einfacher Sprache angeboten. „Die digitale Welt ist kein inklusiver Raum“, so Kathrin Arndt. Im Projekt geht es nun zuerst darum, einen Rahmen für digitale Kompetenzen für diese Zielgruppe zu entwickeln: „Wir wollen verstehen, welche digitalen Kompetenzen Menschen mit Lernschwierigkeiten benötigen und wie wir diese klassifizieren können.“ Dafür werden Interviews mit Expert:innen und Menschen mit Lernschwierigkeiten geführt. Schließlich soll daraus eine Methodologie entstehen, die Kompetenzen erfasst. Mit Hilfe eines Tools, das darauf basiert, sollen Menschen gemeinsam mit ihren Unterstützer:innen feststellen, wie es um ihre digitalen Kompetenzen steht.

„Uns geht es darum, Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es Zugangshürden im digitalen Bereich gibt“, erklärt Kathrin Arndt. Betroffen sind nicht nur Menschen mit Lernschwierigkeiten, sondern auch Personen, die Basisbildungsbedarf haben, also Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben haben und Menschen, deren Erstsprache nicht Deutsch ist.
Wir fragen nach, wie Kathrin Arndt denn die Gruppe der Menschen mit Lernschwierigkeiten definiert und erfahren: „Für das Projekt mussten wir eine Definition finden. Ich bin aber der Meinung: So ein Angebot, wie wir das in INDICO entwickeln, soll jede:r nutzen, der:die es brauchen kann und darin Vorteile für sich sieht. Definitionen führen uns oft allzu sehr in enggeführtes, schubladisiertes Denken, also etwas, das Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht weiterhilft.“ Das Projekt INDICO ist dabei nur eines von mehreren Beispielen, mit denen es den Forscher:innen im Arbeitsbereich Erwachsenenbildung und berufliche Bildung am Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung gelingt, sich für soziale Gerechtigkeit, Inklusion und Förderung von Teilhabe aller Menschen in unserer Gesellschaft einzusetzen.

Als Projektmitarbeiterin kann Kathrin Arndt viele ihrer Erfahrungen einbringen. Seit Februar 2020 ist sie Studentin im Bachelorstudium Erziehungs- und Bildungswissenschaft, im August 2020 kam ihr Sohn zur Welt. Trotzdem gelang es ihr, ihr Studium konsequent fortzusetzen und sich auch bereits ab 2021 als Tutorin und später als Studienassistentin zu engagieren. Ihr Schwerpunkt ist die Erwachsenenbildung. In dem Bereich weiß sie auch aus eigener Erfahrung, wovon sie spricht: Nach der Matura startete sie als „klassisches Arbeiterkind“ ins Berufsleben, das sie in die Hotelbranche, in die Buchhaltung und das Rechnungswesen und schließlich zu einer Steuerberatungskanzlei führte. Später entschied sie sich für das Studienfach „Soziale Arbeit“ an der Fachhochschule Kärnten, das sie in ihrer Schwangerschaft aber wieder aufgab. Danach wechselte sie wegen der stärkeren Flexibilität an die Universität. Im Sommersemester 2025 möchte sie ihr Studium abschließen: „Bis jetzt läuft alles wie am Schnürchen“, so Kathrin Arndt, die danach das Masterstudium „Erwachsenenbildung und berufliche Bildung“ anschließen möchte.

 

Auf ein paar Worte mit … Kathrin Arndt



Was ist das Besondere am Bachelorstudium „Erziehungs- und Bildungswissenschaft“?

Im Allgemeinen finde ich es sehr spannend zu beobachten und zu lernen, welchen Einfluss soziale, aber auch ökologische Phänomene auf das menschliche Leben und Lernen ausüben und wie Inhalte aus anderen Disziplinen, wie der Philosophie, Psychologie, Kulturwissenschaft und Soziologie, um nur einige zu nennen, mit ‚unserem‘ Fach interferieren. Im Speziellen schätze ich die Diversität, die vielfältigen Lebensentwürfe, aber auch das Bemühen um Offenheit, das ich bei meinen Kommiliton:innen des Bachelorstudiums der Erziehungs- und Bildungswissenschaft an der Uni Klagenfurt erleben darf.

Was gefällt dir an der Universität Klagenfurt am besten?

Die Begegnungszonen am Campus, wie der 1. Stock der Bibliothek oder die Aula. An ‚trüben‘ Tagen sitze ich oft hier und beobachte das bunte Treiben und den respektvollen Umgang der Menschen untereinander. Das füllt die Zuversicht in mir wieder auf.

Was würdest du neuen Studierenden raten?

Arbeitet gemeinschaftlich und proaktiv daran, dass die Uni Klagenfurt für alle ein ‚Safe Space‘ sein kann – ein sicherer Ort des differenzierten Austauschs und der Würdigung von Diversität, an dem sich jede:r ausprobieren und ihre:seine Haltung kundtun darf. Und: Bleibt im Diskurs, so bleibt ihr verbunden – auch mit euch selbst.

Wo ist dein Lieblingsplatz am Campus?

Das Café Como, ohne jetzt bewusst Werbung dafür machen zu wollen, aber dort durfte ich bei einem leckeren Kaffee schon sehr viele anregende und prägende Gespräche führen und mitverfolgen.