Werner Wintersteiner: Der Tod und die Satire. Kritik am Krieg im 17. Jahrhundert und heute im Vergleich
Abendvortrag am 22. Mai von em. Univ.-Prof. Werner Wintersteiner im Rahmen der internationalen Konferenz „Der Dreißigjährige Krieg – Ereignis und Narration“.
„Jener Angriffswitz, den ihr Satire nennt, hat seinen guten Nutzen in dieser schlechten, nichtsnutzigen Zeit. […]
Vor dem Übermut des Reichtums und der Gewalt schützt euch nichts – als der Tod und die Satire.“
Heinrich Heine, 1828
Der Dreißigjährige Krieg ist von seinen ZeitgenossInnen wohl als allgegenwärtige und grenzenlose Gewalt erlebt worden. Denn die Feldzüge ergriffen alle Bereiche des Lebens, von der Vernichtung der Ernte durch marodierende Truppen, über erhöhte Abgaben und Zwangsrequirierungen, bis hin zu Plünderungen, Verwüstungen, Vergewaltigungen und Ermordung von ZivilistInnen. Kein Wunder, dass dieser Krieg in der zeitgenössischen Literatur breit und kontrovers diskutiert wurde.
Mit dem Simplicissimus hat H. J. Ch. von Grimmelshausen eine bis dato unerreichte Form der (nicht nur satirischen) Kritik an Krieg und Gewalt entwickelt, die mit Ironie, der Erzählperspektive eines Simplex, dem Kinderblick, der Differenz zwischen Erzählzeitpunkt und erzählter Zeit arbeitet und unter Rückgriff auf pikaresken Motive und Verwendung intertextueller Anspielungen ein raffiniertes Spiel treibt. Zugleich setzt er sich aber auch mit zeitgenössischen Staatstheorien und Anthropologien auseinander, die Erklärungen für die Ursachen exzessiver Gewalt liefern wollen. Dieser Roman, ein damals relativ neue literarische Form, die die traditionellen Gattungskonventionen aufsprengte und bereits das „ästhetische Regime“ (Jacques Rancière) ankündigte, hat m. E. eine politische wie literarische Modernität erreicht, die seine bis heute andauernde Faszination ausmacht.
In diesem Vortrag wird Grimmelshausens Roman auf seine Leistungsfähigkeit als satirische Gewaltkritik untersucht und die Aktualität seines Werkes herausgestrichen. Dazu wird als Kontrastfolie auch ein heutiger Roman, der einige Parallelen zum Simplicissimus aufweist, nämlich Ahmadou Kouroumas Allah muss nicht gerecht sein, herangezogen.
Dienstag, 22. Mai 2018, 18 Uhr – Oman-Saal (Z.1.29)
Das Institut für Germanistik/AECC freut sich auf ein zahlreiches Publikum.