Valentinstag ist nicht kommerzialisiert.

Die Vergnügungstheoretikerin Gerda Moser beschäftigt sich mit Pornografie, Erotik und Romantik in Populärkultur und Konsum. Dabei beobachtet sie mehr Schenkerinnen zum Valentinstag, kommunikativere Männer und das Ende der schmerzerfüllten Leidenschaft.

Mit den erweiterten Möglichkeiten in Freizeit und Konsum gewinnt das romantische Geschenk an Bedeutung. „Romantik per se ist schon als luxuriös zu betrachten. Man/frau kümmert sich über das Notwendige hinaus umeinander, spricht und kommuniziert über die gegenseitig beobachteten Bedürfnisse und Wünsche“, so Moser. Dabei folgen die Geschenke vom Kristallherz bis zum Liebesurlaub in Venedig grundlegenden Mustern: einer „sexbetonten Flirtromantik“ einerseits und einer „harmoniebetonten Paarromantik“ andererseits, je nach Status und Definition der Beziehung.

In Hinblick auf die geschenkten Produkte sowie mit Blick auf die entsprechenden Websites hat Moser noch zahlreiche traditionelle Geschlechterrollen gefunden: Für Männer gelten Spirituosen, Grillsets, Bierzapfanlagen und Bungeejumpingsprünge als angebracht. Für Frauen gibt es häufig Blumen, Süßigkeiten, Schmuck, wärmende Plüschherzen und Teddybären im Angebot. Moser sieht aber ebenso eine Weiterentwicklung: „Es gibt eine Annäherung zwischen den Geschlechtern. Auch Frauen übernehmen die Rolle der romantischen Schenkerin am Valentinstag. Und für Männer wird die mit dem Romantischen verbundene Gesprächskultur bedeutsamer.“ Als eher geschlechtsneutrale Geschenke schätzt sie Wellnessurlaube und Weine ein.

Basierend auf den Thesen der israelischen Soziologin Eva Illouz hält Moser den Valentinstag aber nicht für kommerzialisiert: „Das Tauschprinzip des Konsums und das Tauschprinzip der romantischen Liebe passen einfach prinzipiell gut zusammen. Beim einen tauschen sich zwei Seelen miteinander aus, beim anderen Zahlungsmittel und Waren, die immer mehr als Symbole für Identitäten und Stile eingesetzt werden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich die beiden Tauschsysteme so leicht überlappen lassen.“

Während früher ökonomischer Status und Familienhintergrund für die Partnerwahl entscheidend waren, sind die Beziehungsformen der Gegenwart von einer Übereinstimmung der Gefühlswelt und dem Teilen von Bedürfnissen geprägt. Moser dazu: „Man könnte meinen, heute treffen sich zwei ganz alleine, ohne Ökonomie und Status beachten zu müssen.“ Ein Irrtum, wie sie meint. Die heutige Hürde bilden demnach die Kommunikationsmuster, die in den sozialen Schichten und Lebensstilen recht unterschiedlich sein können. In den Hintergrund geraten sind hingegen Bilder von schmerzerfüllter Leidenschaft, etwa von Liebestod und -verzicht. Der Effekt auf das parallele System Konsum ist nützlich und angenehm, denn „mit Leid und Schmerz lässt sich nichts verkaufen.“

English press release

 

Gerda Elisabeth Moser | Foto: aau/KK

Gerda Elisabeth Moser | Foto: aau/KK