Beitragsbild zur szenischen Lesung der Musil-Text-Collage im klagenfurter ensemble am 22.10.2024

22.10.: Von der Seele träumen dürfen. Robert Musil und die Sängerin Anna Griewisch – Szenische Lesung – ORT: klagenfurter ensemble

 

Mit einer szenischen Collage widmet sich Karl Corino – Literaturkritiker, Schriftsteller und Robert-Musil-Biograph – der Beziehung zwischen dem Autor des Romans Der Mann ohne Eigenschaften und der Sängerin Anna Griewisch.

Das klagenfurter ensemble und das Robert-Musil-Institut laden im Vorfeld der Theaterproduktion mit dem großen Löffel (Musil) (Premiere am 6. November, dem 144. Geburtstag Musils), zu einer theatralen Annäherung an das Werk des in Klagenfurt geborenen Dichters.

„Von der Seele träumen dürfen“.
Robert Musil und die Sängerin Anna Griewisch
Eine Collage

Dienstag, 22. 10. 2024
20.00 Uhr

ORT:
theaterHALLE11
Messeplatz 1/11, 9020 Klagenfurt

 

Szenische Lesung mit: Katarina Hartmann, Magda Kropiunig, Angie Mautz, Oliver Vollmann
Eingerichtet von: Anja Wohlfahrt & Effe U Knust
Mit einleitenden Worten von: Artur R. Boelderl

Freier Eintritt / Spenden herzlich willkommen
Kartenreservierungen unter: +43 463 310 300 oder ke [at] klagenfurterensemble [dot] at
www.klagenfurterensemble.at

 

Niemand wird leugnen, dass die Beziehungen zu Frauen ein eminent wichtiges Kapitel in der Biographie und im Werk eines Schriftstellers bilden. Robert Musil bildet da keine Ausnahme. Selbst wenn man seine Werke nur durchblättert, sieht man mit flüchtigem Blick, dass in den ,“Vereinigungen“, in den „Sclwärmern“, in den „Drei Frauen“ und schließlich im „Mann ohne Eigenschaften“ Frauen im wahren Wortsinn Hauptfiguren bilden. Was wären die „Vollendung der Liebe“ ohne Claudine, die ,,Schwärmer“ ohne Maria und Regine, die „Drei Frauen“ ohne Grigia, die Portugiesin und Tonka, „Vinzenz“ ohne die Alpha, „Der Mann ohne Eigenschaften“ ohne Diotima, Clarisse und Agathe? Undenkbar.

Unleugbar ist auch, dass diese weiblichen Figuren Vorbilder im Leben des Autors hatten. Die Pianistin Valerie Hilpert eröffnet die Reihe der Frauen sine qua non, sie setzt sich fort mit Herma Dietz und endet schließlich bei Martha Marcovaldi.
Musil verwischt häufig die Spuren, und wir verdanken es oft dem glücklichen Zufall, dass das Rätsel der Identität dieser Frauen gelöst wurde. Wenn nicht eine alte Münchner Dame eines späten Tages das Stammbuch ihrer Mutter mit einer Eintragung des 20-jährigen Musil aus dem Herbst 1900 in einem Münchner Museum abgegeben hätte, die Frau, der Musil das erste Erlebnis der taghellen Mystik verdankte, Valerie Hilpert, wäre sozusagen nicht von den Toten auferstanden.

Eine ähnliche Schattenexistenz führte seit der Veröffentlichung der Musilschen Tagebücher (1955) eine Miss Greevish respektive Griewisch. Die spärlichen Notizen aus rund dreißig Jahren und die doppelte Namensform gaben Rätsel auf, auf die sich die Forschung lieber gar nicht einließ. So machte das voluminöse Musil-Handbuch um den Fall Greevish einfach einen Bogen, der Name kommt auf vielen hundert Seiten nicht vor. Die Musil-Biographie von 2003 äußerte die Vermutung, Miss Greevish könne Kind deutscher Auswanderer gewesen sein, das für kurze Zeit in das Stammland der Eltern zurückgekehrt sei. Und siehe da – das vielgescholtene Internet bestätigte eines schönen Sonntagmorgons binnen Sekunden die Vermutung. Das nennt man
ballistisch ins Blaue schießen und ins Schwarze treffen. Anna Griewisch, so stellte sich heraus, war das Kind norddeutscher Eltern, die in die Gegend von Chicago gezogen waren. Anna wollte Sopranistin werden und hatte deswegen ein paarmal in Berlin Unterricht genommen. So hatte sie Musil kennengelernt und einen Heiratsantrag von ihm bekommen.
Hätte sie den angenommen, wer weiß, wie sein Leben verlaufen wäre. Man kann im Namen der deutschen Literatur nur dankbar sein, dass es bei dem von Anna stimulierten Prosastück „Tagebuch Hippolyts“ blieb.
(Karl Corino)

 

Eine Kooperation des klagenfurter ensemble & Robert-Musil-Institut für Literaturforschung/Kärntner Literaturarchiv