Klima-Themen: Je heftiger Kommentare ausfallen, desto weniger glaubwürdig wird Berichterstattung wahrgenommen
Die Kommentarfelder, die an journalistische Berichte zu Klimathemen anschließen, werden vielerorts mit Hasskommentaren geflutet. Andreas Schulz-Tomančok und Florian Woschnagg haben nun in einer Studie untersucht, welche Auswirkungen die oft unflätigen Statements auf die Einstellung zu Nachrichten zum Klimaschutz haben. Sie kommen dabei zu einem deutlichen Ergebnis: Mit zunehmender Intensität der Hassrede nimmt die wahrgenommene Glaubwürdigkeit der entsprechenden Nachrichtenartikel ab.
Journalistische Massenmedien sind eine der wichtigsten Quellen für Informationen über den Klimawandel, die das Thema ins Bewusstsein rufen und Wissen vermitteln. Medial stark präsent waren zuletzt die häufig polarisierenden Protestformen von Klimaaktivist:innen wie der Letzten Generation, die in den User:innenforen der Medien besonders intensiv diskutiert wurden. Sie bilden den inhaltlichen Ausgangspunkt der vorliegenden Studie.
Insgesamt 486 Österreicher:innen haben im Herbst 2023 dafür an einer Online-Befragung teilgenommen. Sie wurden mit einem Zeitungsartikel zu einer Aktion von Klimaaktivist:innen sowie unterschiedlichen User:innenkommentaren konfrontiert. Daraufhin wurde unter anderem abgefragt, für wie glaubwürdig die Befragten den journalistischen Artikel einschätzen. Eine wichtige Rolle spielten in der Befragung auch die politische Orientierung und die Einstellungen zum Klimaschutz.
Mit dieser Untersuchung wollten Andreas Schulz-Tomančok (Institut für Vergleichende Medien- und Kommunikationswissenschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Klagenfurt) und Florian Woschnagg (Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaften der Universität Klagenfurt) dem so genannten nasty effect auf den Grund gehen. Der Effekt beschreibt das Phänomen, dass negative Kommentare in Online-Diskussionen die Wahrnehmung der Leser:innen von dem, was sie lesen, negativ beeinflussen können.
„Insgesamt konnten wir anhand der Gesamtmittelwerte keinen signifikanten nasty effect nachweisen. Die Einzelbewertungen im Vergleich zur Kontrollgruppe waren aber signifikant, weswegen wir daraus schließen können: Je heftiger die Hassrede in den Kommentaren ausfällt, desto weniger glaubwürdig wird der Nachrichtenartikel wahrgenommen“, so Andreas Schulz-Tomančok. Das Fehlen eines signifikanten nasty effects unterstreicht dabei die komplexe Natur von Hassreden in digitalen Kontexten und seinen nuancierten Einfluss auf die öffentliche Einstellung zu Klimaschutzmaßnahmen.
Aus der Studie ergeben sich für die Autoren wichtige Schlussfolgerungen für die öffentliche Debatte, wie Florian Woschnagg betont: „Hassreden haben das Potenzial, große gesellschaftliche Anstrengungen wie die Bekämpfung des Klimawandels zu beeinträchtigen. Das Bewusstsein für diese Gefahr muss in Gesellschaft und Politik gestärkt werden.“ Besonders die Medien spielen hier eine wichtige Rolle: „Die Hassreden sind häufig implizit; umso wichtiger ist es, auch diese Formen in den Nutzerforen aufzuspüren und zu bearbeiten. Medien brauchen bessere Maßnahmen, um die Auswirkungen von diesen Kommentaren in Online-Foren abzuschwächen und damit die Glaubwürdigkeit des Journalismus zu erhöhen.“
Schulz-Tomančok, A., & Woschnagg, F. (2024). Credibility at stake. A comparative analysis of different hate speech comments on journalistic credibility and support on climate protection measures. Cogent Social Sciences, 10(1). https://doi.org/10.1080/23311886.2024.2367092