IfEB-Spotlight Mai 2024: Ricarda Ressmann „Gelebte Diversität im Klassenzimmer – Jahrgangsübergreifendes Lernen an Volksschulen im ländlichen Raum“
Welches Thema bearbeitest Du und was bedeutet es für Dich?
Der Titel meiner Masterarbeit lautete „Gelebte Diversität im Klassenzimmer – Jahrgangsübergreifendes Lernen an Volksschulen im ländlichen Raum“. Da ich selbst als Volksschullehrerin tätig bin, war es mir ein besonderes Anliegen ein Thema zu wählen, zu dem ich auch einen persönlichen Bezug herstellen kann. Ich unterrichtete viele Jahre in jahrgangshomogenen Klassen und konnte mir nicht vorstellen, wie es ist, mit zwei oder sogar mehreren Schulstufen parallel zu arbeiten.
Der altersgemischte Unterricht ist bei uns am Land mittlerweile zur Normalität geworden. Dennoch gehen die Meinungen auseinander: Während Befürworter*innen der Jahrgangsmischung vor allem das gegenseitige Helfen der Schüler*innen als besonders vorteilig hervorheben, äußern sich andere Stimmen eher kritisch in Bezug darauf, auch möglichst jedem Kind gerecht werden zu können. Diese Ambivalenz weckte mein Forschungsinteresse und so ging ich der Frage nach, welche Chancen und Herausforderungen der jahrgangsübergreifende Unterricht für Schüler*innen mit sich bringt.
Wie ist dieses Thema mit Deinem Studium verbunden?
Die modernen Gesellschaften von heute sind durch Komplexität und Pluralität gekennzeichnet. Dasselbe Bild zeigt sich in den Klassenzimmern: Die „homogene“ Klasse von früher gibt es de facto nicht mehr. Die Schüler*innen stammen aus unterschiedlichen sozialen Milieus und wachsen in unterschiedlichen Familienkonstellationen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen auf. Hinzu kommt die breite Vielfalt an Erfahrungen, Begabungen und Interessen, die Kinder in die Schule mitbringen.
Bildungsinstitutionen sind im Sinne des Diversity-Ansatzes dazu aufgefordert, Differenzen anzuerkennen und die Verschiedenheit und einzigartigen Persönlichkeiten der Lernenden zu berücksichtigen. Eine Möglichkeit, diesem Bildungsauftrag nachzukommen, besteht darin, die individuellen Fähig- und Fertigkeiten der Schüler*innen zunehmend für Lernprozesse als Ressource zu nutzen. Auf schulorganisatorischer Ebene stellt der jahrgangsgemischte Unterricht eine Form dar, Lernen unter dem Aspekt der Heterogenität zu ermöglichen und zu gestalten.
Wie ist es Dir im Forschungsprozess ergangen?
Im empirischen Teil meiner Masterarbeit habe ich untersucht, wie Pädagog*innen das Unterrichten in jahrgangsgemischten Klassen wahrnehmen. Da es sich hier um subjektive Sichtweisen und persönliche Eindrücke von Personen handelt, war schnell klar, dass sich eine qualitative Forschung als Herangehensweise am besten dafür eignet. Für die Datenerhebung griff ich auf das Experteninterview zurück, welches durch einen Leitfaden gestützt wurde. Die Auswertung der Interviews erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Philipp Mayring (2015).
Der Umstand, dass ich als Volksschullehrerin in einem Feld forschte, das ich selbst nur allzu gut kenne, war sicherlich eine große Hilfe: Schnell fand ich Kolleginnen, die bereit waren, mir ein Interview zu geben. Auch das Führen der Interviews ging leicht von der Hand, da ich selbst mit den Unterrichtsroutinen vertraut bin und so spontan, aber dennoch gezielt nachfragen konnte. Andererseits musste ich bei der Interpretation der Ergebnisse darauf achten, meine persönlichen Wahrnehmungen in Bezug auf das Unterrichten nicht in die Arbeit miteinfließen zu lassen und die gewonnenen Erkenntnisse objektiv als Forscherin zu analysieren.
Was möchtest Du anderen Studierenden an Erfahrungen und Tipps mitgeben?
Die Themenwahl für eine Masterarbeit sollte im Vorhinein gut durchdacht sein. Ein persönlicher Bezug, vorhandenes Interesse oder bestehendes Vorwissen sind sicherlich förderliche Indikatoren für den Schreibprozess. Dennoch sollte man sich im Vorhinein auch absichern, ob ausreichend Literatur zur Verfügung steht und genau recherchieren, welche Forschungen auf dem jeweiligen Gebiet bereits gemacht wurden.
Für mich war es immer sehr wichtig, eine Struktur in Bezug auf den Aufbau meiner Arbeit im Kopf zu haben. Eine grobe Einteilung in Hauptkapitel und Unterkapitel hilft von Anfang an den Überblick über das Geschriebene zu behalten – auch wenn man diese im Nachhinein wieder mehrmals abändert.
Ganz nach dem Motto „Aller Anfang ist schwer“ habe ich mich beim Schreiben meiner Arbeit bewusst dafür entschieden, mit dem Ausarbeiten und Zusammenfassen der aktuellen Forschungslage zu beginnen. Dieses Vorgehen war sehr aufwändig und zeitintensiv und hat mich hin und wieder auch zur Verzweiflung gebracht. Im Nachhinein war ich aber froh, dass dieser „große Brocken“ gleich zu Beginn des Schreibprozesses erledigt war.