Porträtfoto von Lucija Wakounig

Der Gründungsstandort Kärnten hat viel zu bieten

Unsere Absolventin Lucija Wakounig leitet das Gründerservice der Wirtschaftskammer Kärnten. Was der Gründungsstandort zu bieten hat, welche Ideen sie besonders innovativ gefunden hat und wie ihr das Studium Wirtschaft und Recht bei ihrem Werdegang geholfen hat, verrät sie in unserem Absolventinnen-Porträt.

STUDIUM

Was ist Ihnen aus Ihrer Studienzeit an der Universität Klagenfurt noch am besten in Erinnerung geblieben?

Am besten in Erinnerung geblieben ist mir die Atmosphäre an der Universität, weil sie sehr persönlich, familiär und extrem freundlich ist. Da ich davor das Juridicum Wien besucht habe, war das für mich eine besondere Erfahrung. Die Studierenden hier in Klagenfurt haben sich gegenseitig so gut unterstützt und einander geholfen. Man konnte in die Sprechstunden der Professor:innen gehen, vor der Unterrichtsstunde oder auch danach viele Fragen stellen. Es war ein Studieren auf gleicher Augenhöhe. Für mich war es eine wunderschöne Zeit. An der Uni waren viele Leute aus verschiedenen Ländern, ein bunter Mix aus Nationen und auch viele Studierende, die aus Familien ohne Hochschulabschluss kommen – das spricht für die Universität, dass sie die Möglichkeit schafft, viele Studierende in erster Generation auszubilden. Daraus sind einige Freundschaften entstanden.

Warum haben Sie sich dafür entschieden, Wirtschaft und Recht an der Universität Klagenfurt zu studieren?

Ich habe davor schon ein Jusstudium an der Universität Wien abgeschlossen und anschließend den Bachelor Wirtschaft und Recht in Klagenfurt absolviert. Nach dem Gerichtsjahr habe ich damals begonnen, in der Wirtschaftskammer Kärnten zu arbeiten, und gemerkt, dass mich wirtschaftliche Themen sehr interessieren. Daher habe ich mich für das Bachelorstudium Wirtschaft und Recht entschieden, welches mir auf Anhieb gut gefallen hat: Buchhaltung, Kostenrechnung, Unternehmensbesteuerung und nationale Rechnungslegung waren interessante Fächer für mich. Ich habe neben dem Studium 25 Stunden in der Woche in der Wirtschaftskammer gearbeitet. Nach der Arbeit habe ich fast täglich für die Uni gelernt – auch wenn es nur eine Stunde pro Tag war, war der Fortschritt konstant. Trotz der Doppelbelastung war es eine schöne Zeit, an der Uni die Studienkolleg:innen zu treffen, zu den Veranstaltungen zu gehen, die Seminare mit Gruppenarbeiten und der rege Austausch in den Pausen.

Wie ging es nach dem Studium weiter?

Nachdem ich das Studium Wirtschaft und Recht abgeschlossen habe, bin ich eine Vollzeitstelle im Gründerservice der Wirtschaftskammer angetreten. Etwa zwei Jahre später habe ich dann die Leitung des Gründerservice übernommen. Ein ausschlaggebender Grund dafür war, dass ich das Studium Wirtschaft und Recht absolviert habe. Das wirtschaftliche Zusatzwissen hat mir in meiner neuen Rolle als Teamleiterin im Gründerservice sehr weitergeholfen.

Porträtfoto von Lucija Wakounig

Lucija Wakounig | © Alexander Wieselthaler

BERUF

Was sind Ihre Aufgaben als Leiterin des Gründerservice der WKO Kärnten? Wie sieht eine Arbeitswoche bei Ihnen aus?

Am Montag in der Früh besprechen wir für gewöhnlich die Termine, die die kommende Woche anstehen. Ab 8 Uhr beginnen dann die ersten Gründungsberatungen. Viele Personen kommen auch ohne Termin zu uns, hier machen wir zunächst eher eine Kurzberatung. Zusätzlich bekommen wir auch sehr viele telefonische Anfragen. Untertags gehe ich von Mitarbeiter:in zu Mitarbeiter:in, frage, ob sie was benötigen. Zusätzlich nehme ich an Besprechungen teil, führe selbst Gründungsberatungen durch, kontrolliere, wie wir mit unserer Zielerfüllung vorankommen, überlege, welche Veranstaltungen anstehen, und vieles mehr.

Welche Veranstaltungen für Gründungsinteressierte bieten Sie denn an?

Das Gründerservice hat regelmäßigen Kontakt zu Organisationen, die sich mit Unternehmensgründungen und Startups beschäftigen, wie z. B. dem build!-Gründerzentrum, der BABEG, dem see:PORT, der Universität und der FH. Zwei Veranstaltungen begehen wir gemeinsam: den Tag der Gründung in der Wirtschaftskammer und den Ideenwettbewerb 90seconds im Lakeside Park. Am Tag der Gründung gibt es für Gründungsinteressierte die Möglichkeit, Workshops zu besuchen, Keynote-Speaker zu hören, bei Impulsgesprächen dabei zu sein und sich auszutauschen. Beim Ideenwettbewerb stellen innovative Gründer:innen ihre Geschäftsideen vor einer Jury vor und können spannende Preise gewinnen.

Wie läuft eine Gründungsberatung ab?

Die Gründungsberatungen finden bei uns im Gründerservice, aber auch in den Bezirksstellen in Völkermarkt, Spittal, Feldkirchen, Villach, Hermagor, St. Veit an der Glan und in Wolfsberg statt. Wir prüfen zunächst, welche Tätigkeit der Gründer oder die Gründerin ausüben möchte, ob es sich um ein freies oder reglementiertes Gewerbe handelt. Bei Letzterem muss geklärt werden, ob der Gründer oder die Gründerin auch die Zugangsvoraussetzungen erfüllt. Sodann besprechen wir im persönlichen Gespräch oder in einem unserer Workshops, wie viel Sozialversicherung oder Steuern für den Gründer oder die Gründerin in der Selbstständigkeit anfallen werden, ob eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich ist, welche Förderungen es gibt, welche Rechtsform die geeignete ist etc. Schließlich führen wir auch die Gewerbeanmeldung durch.

Für Startups und innovative Gründer:innen haben wir auch ein eigenes Programm, „Jetzt durchstarten“, in dem wir innovative Geschäftsideen begleiten und ihnen z. B. eine Meilensteinplanung anbieten. Uns ist es ein Anliegen, die Gründer:innen von Anfang bis zum Ende gut zu begleiten. Viele Erfolgsgeschichten beginnen im Gründerservice. So bestehen in Kärnten nach einem Jahr noch rund 95 % der Unternehmen, nach 6 Jahren rund 64 %. Damit liegen wir über dem österreichischen Durchschnitt von 62 %.

Werden die Angebote gut angenommen?

Auch ich bin noch regelmäßig in der Gründungsberatung und auch meine Kolleg:innen teilen mir regelmäßig mit, dass sich jemand bedankt hat, weil die Beratung so gut funktioniert hat, was sehr schön ist. Wir erhalten viel tolles Feedback.

Wer sind die Gründer:innen, die zu den Beratungen kommen?

Gründungen von gut ausgebildeten Fachkräften und von Expert:innen mit langjähriger Praxis sowie Gründungen im akademischen Bereich sind oft besonders spannend. Meist weiß man gleich von Anfang an, dass sich daraus eine Erfolgsgeschichte ergibt. Viele Gründer:innen fangen aber wirklich bei null an. Für sie haben wir besondere Angebote, wie etwa die Workshops „1×1 der Gründungsberatung“, „Kalkulation – richtig gemacht“, „So haben Sie Ihre Buchhaltung im Griff“. Fast die Hälfte der Gründer:innen, die zu uns kommen, sind übrigens weiblich, etwa 45,6 %.

Wie sind die Gründungszahlen aktuell? Ist Gründen in Kärnten im „Trend“?

Gründen in Kärnten ist im Trend. Die Halbjahresstatistik 2023 zeigt, dass von Jänner bis Juni 2023 fast 8 % mehr Firmen gegründet wurden als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Konkret gab es im ersten Halbjahr in Kärnten 1246 Gewerbeanmeldungen.

Woran liegt das? Was sind die häufigsten Gründe für den Einstieg in die Selbstständigkeit?

Viele haben das Bedürfnis, ihr eigener Chef zu sein und ihre Lebenszeit frei gestalten zu können, das sind die zwei wesentlichen Gründe, warum Leute in die Selbstständigkeit gehen. Manche wollen aber auch die Verantwortung, die sie als Angestellte getragen haben, in das Unternehmen einbringen oder suchen ein zweites Standbein zum Beruf.

In welchem Alter wird am häufigsten gegründet?

Ab dem 18. Lebensjahr ist es möglich, in Österreich ein Unternehmen zu gründen. Das Durchschnittsalter für eine Unternehmensgründung liegt aber bei 36,3, das heißt zwischen 35 und 40 erfolgen die meisten Gründungen. Die Gründe dafür sind eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Einkommenssteigerung sowie freie Zeit- und Lebensgestaltung. Von 35 bis 40 kommt auch häufig der Wunsch nach einer beruflichen Umorientierung auf.

Welche besonders innovative Startup-Idee ist Ihnen in Erinnerung geblieben?

Eine Startup-Idee, die ich besonders innovativ und nützlich gefunden habe, war jene eines Unternehmers, der die Idee hatte, Dächer mit Drohnen zu überfliegen, um zu überprüfen, ob die Solarpaneele der Photovoltaikanlagen noch funktionsfähig oder beschädigt sind. Die Information gab er dann an die Eigentümer:innen zur Schadensbehebung weiter.

Was ist es, das Ihnen an Ihrem Job besonders gefällt?

Mir gefällt mein Job, weil er so vielfältig ist und ich so viele verschiedene Aufgaben habe. Man hilft Gründer:innen auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit, plant Veranstaltungen und neue Projekte. Auch die Teamführungsaufgaben sind für mich besonders spannend, weil es darum geht, wie man mit Menschen umgeht, mit ihnen spricht und ihre Leistung wertschätzt. Man möchte die Mitarbeiter:innen in ihren Stärken und Talenten fördern.

 

STANDORT KÄRNTEN

Was hat der Unternehmensstandort Kärnten zu bieten? Was sind seine Vorteile?

Kärnten hat viele tolle Bildungseinrichtungen, die Universität, die FHs und eine Vielfalt an erfolgreichen Unternehmen. Es gibt auch eine hohe Lebensqualität, die die Arbeitnehmer sehr schätzen, ob sie nun vom Ausland oder aus anderen Bundesländern kommen. Für Unternehmen spielt die Umgebung, in der sie sich ansiedeln, eine bedeutende Rolle. Standorte mit guter medizinischer Versorgung, effizienter Infrastruktur und funktionierender Rechtsprechung werden als attraktiv wahrgenommen. Ein zusätzlicher Pluspunkt ergibt sich aus der geografischen Lage des Alpen-Adria-Raums, der eine Nähe zu Italien und Slowenien aufweist. Diese grenzüberschreitende Nähe eröffnet zunehmend reizvolle Möglichkeiten für internationales Arbeiten.

Was könnte man tun, um noch mehr junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte oder Gründer:innen (zurück) nach Kärnten zu holen?

Kärnten zeichnet sich zweifellos durch eine herausragende Lebensqualität aus. Die bevorstehende Fertigstellung der Koralmbahn eröffnet auch vielversprechende Chancen für die Schaffung von Synergien. Dies könnte dazu führen, dass sich neue Unternehmen in der Region ansiedeln und ein verstärkter Austausch von Arbeitskräften zwischen der Steiermark und Kärnten stattfindet. Von essentieller Bedeutung ist es auch, dass Unternehmen über ausreichend Fachkräfte verfügen und Lehrstellen angeboten werden, damit auch in den handwerklichen Berufen zukünftig junge Leute ausgebildet werden. Auch die akademischen Bildungseinrichtungen spielen eine bedeutende Rolle, indem sie dazu beitragen, dass Akademiker:innen in Kärnten gehalten werden.

 

Die Gründung von Unternehmen spielt in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle. Oftmals entstehen erfolgreich agierende mittelständische Betriebe mit mehreren Mitarbeitenden, die als maßgebliche Arbeitgeber fungieren. Daher ist die Begleitung von Unternehmensgründungen von essenzieller Bedeutung, um die Stabilität des Wirtschaftsstandorts sicherzustellen.

 

FREIZEIT

Was machen Sie in Ihrer Freizeit zum Ausgleich?

Ich bewege mich sehr gerne und viel, fahre mit dem Fahrrad, auch in die Arbeit, gehe ins Fitnessstudio, singe im Chor oder treffe mich mit Freund:innen. Kulturelle Veranstaltungen besuche ich auch sehr gerne.

Was gefällt Ihnen am Leben in Kärnten am besten?

Ich bin ein extrem verwurzelter Mensch. Meine Freunde und Familie sind hier, zudem bin ich bei einigen Vereinen tätig. Die sozialen Kontakte sind mir sehr wichtig. Es ist immer viel los und in Kärnten trifft man immer wieder Leute, die man kennt. Ich bin außerdem zweisprachig aufgewachsen und hier gibt es viele zweisprachige Angebote. Ich liebe die Natur und die Möglichkeit, dort auszuspannen, schwimmen zu gehen, auf den Bergen zu wandern und auch das Skifahren. Ich bin ein Mensch, der sich gerne in der Natur bewegt, und dafür ist Kärnten ideal.