Neue Ideen für den Journalismus sollen Demokratie stärken
Die Kommunikationswelt im Umbruch: Zerrissene Öffentlichkeiten berufen sich auf unterschiedliche Informationsquellen. Fakten werden nicht mehr also solche erkannt, weil das Vertrauen in Medien schwindet. Das ist eine Gefahr für die Stabilität demokratischer Gesellschaften. Im Projekt „Innovationen im Journalismus in demokratischen Gesellschaften: Index, Einfluss und Voraussetzungen im internationalen Vergleich“ untersuchen Forscher:innen aus fünf Ländern seit drei Jahren, wie neue Formen des Journalismus die Demokratie stärken.
Es gibt viele Formen des innovativen Journalismus: Dazu zählen investigative Rechercheteams, journalistische Startups mit Crowdfunding, Datenjournalismus oder die kreative Nutzung von sozialen Plattformen wie Facebook und Youtube – mit Chancen und Risiken. Im Fokus des Forschungsteams, in Österreich geleitet von Andy Kaltenbrunner und Matthias Karmasin (Institut für Vergleichende Medien- und Kommunikationswissenschaften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Klagenfurt), steht die Frage nach den Voraussetzungen für Journalismusinnovationen – und wie diese dann Beiträge zur Demokratieentwicklung leisten.
Traditionelle Mediensysteme stehen in ganz Europa unter Druck, manche mussten nach schweren Krisen und Verlust tausender Arbeitsplätze in den legacy media besonders schnell reagieren: In Spanien etwa entstanden in den 2010er-Jahren fast 3.000 neue, digitale Journalismusangebote – von nationalen Factchecking-Plattformen bis zu vielen digitalen Lokalmedien. In UK führten Leitmedien wie BBC mit ihrem iPlayer und einem Innovationslabor oder der vormals kleine The Guardian als heute eines der größten Online-Nachrichtenmedien weltweit vor, wie digitale Transformation erfolgreich sein kann. In Deutschland erreichen ARD und ZDF mit ihrem Projekt Funk ganz neue, junge Zielgruppen, die für linearen öffentlichen Rundfunk schon verloren schienen. In Österreich waren Projekte des digitalen Audience Engagement in Traditionsverlagen wie etwa dem Standard interessante Benchmarks oder das Media-Lab der Austria Presseagentur mit seinem AI-Schwerpunkt. Noch junge Projekte wie die Investigativplattform Dossier oder der Erfolgs-Podcast Erklär mir die Welt zeigen, dass Start-Up-Kultur auch in Österreichs Journalismus möglich ist. Insgesamt wurden von 20 Forscher:innen dazu hundert Case-Studies in den fünf Ländern durchgeführt.
Aus den bisherigen Erkenntnissen ergeben sich auch für Österreich Empfehlungen für Medienpolitik und Medien selbst. „Deren Förderung wurde leider viele Jahre sehr altbacken und teils indirekt und sogar politisch undurchsichtig über Inseratenvergaben gemacht“, so Andy Kaltenbrunner: „Was es jetzt braucht, ist zielgerichtete Innovationsförderung im Journalismus, insbesondere auch für Entwicklung ganz neuer Projekte. Fast alles öffentliche Geld geht derzeit aber noch in Bestandserhalt. Damit wird man gegen die internationalen Plattformen nicht wettbewerbsfähig.“
Projektträger der großen internationalen Studie ist die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (D) gemeinsam mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (CH) und dem Institut für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Universität Klagenfurt und der Forschungsgesellschaft Medienhaus Wien in Österreich. Gefördert wird das Projekt mit 1,3 Millionen Euro durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), den österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) und den Schweizerischen Nationalfond (SNF).