Einblick in die Lehre: 3 Fragen an Arnold Pöschl
Die Macht der visuellen Kommunikation ist unbestreitbar. Dokumentarfotografie eröffnet uns ein Fenster in die unterschiedlichsten Lebenswelten. Durch sie können wir Geschichten erzählen, die in Worten allein oft schwer zu fassen sind. Im Seminar „Ein Fotoprojekt: Flucht und Ankommen“ wurden Bilder mit den Stimmen der Menschen kombinieren, die sie darstellen. Die fotografischen Arbeiten der Studierenden wurden in Verbindung mit den Interviewtexten in einer öffentlichen Ausstellung präsentiert. Fotograf und LV-Leiter Arnold Pöschl sprach mit uns über die Lehrveranstaltung.
Können Sie uns etwas Näheres zu Ihrer LV „Ein Fotoprojekt: Flucht und Ankommen“ erzählen? Worum geht es dabei genau?
Im Rahmen eines Medienpraxisseminars erforschen Studierende der AAU die Erfahrungen und sozialen Praktiken von Geflüchteten und Migrant*innen zu den Themen Weggehen/Flucht und Ankommen. Als Forschungsinstrumente werden die Sozialfotografie und das thematisch strukturierte Interview eingesetzt. Aber auch die Migrant*innen werden als Forscher*innen angesprochen, indem sie nicht nur in das Seminar zu einem Dialog eingeladen, sondern auch gebeten werden, ihre eigenen Bilder, die den Weg nach Österreich und ihr Ankommen zeigen, beizusteuern. Dieses Vorgehen ist einer partizipativen Feldforschung zuzurechnen. Vorausgehend und begleitend setzen sich die Studierenden mit den Fotoarbeiten berühmter Dokumentarfotografen sowie mit einschlägigen theoretischen und literarischen Texten auseinander. Hinzukommen fotografische Übungen, die das Sehen und Wahrnehmen schärfen sollen. Die Fotos von Studierenden und den migrantischen Interviewpartner*innen sowie Ausschnitte aus den Interviews sollen in einer öffentlichen Ausstellung präsentiert werden, zu der Universitätsangehörige, Migrant*innen, die Studierenden, ihre Familien und Freund*innen, die Presse und die interessierte Öffentlichkeit eingeladen werden.
Was wollen Sie Ihren Studierenden mitgeben?
Die Studierenden sollen in dieser LV Einsicht in Lebenssituationen von Menschen gewinnen, die in den Medien und in der Politik zwar häufiges Thema sind und doch merkwürdig fremd bleiben. Sie bekommen die Chance, sich mit Diversität auseinanderzusetzen und zugleich Gemeinsamkeiten zu entdecken. Mit der Sozialfotografie und dem Interview lernen sie ein Forschungsinstrumentarium kennen, das Bild und Text miteinander kombiniert. Darüber hinaus erarbeiten sie sich einen theoretischen Rahmen, der Ansätze aus der Soziologie, der Kulturwissenschaft, der Medien- und Migrationsforschung sowie der Raumtheorie umfasst.
Warum ist Ihre Lehrveranstaltung gerade heute relevant?
Flucht und Migration spielen sich nicht am Rande der Gesellschaften ab, sondern in ihrer Mitte. Sie sind zu einer gesellschaftsverändernden Kraft geworden. Es ist die Aufgabe von Wissenschaft und Forschung neue soziokulturelle Entwicklungen ins Blickfeld zu nehmen und nach ihren Konsequenzen auf Makro- und Mikroebene zu fragen. Darauf kann bereits im Studium durch die Erprobung von Forschungsmethoden zur Untersuchung hybrider Lebenswelten sowie durch die Einübung neuer Kommunikationsmuster vorbereitet werden, die in zunehmend transnationalen und transkulturellen Gesellschaften gefordert sind.