Psychologie studieren: „Was ich lerne, kann ich direkt beobachten und anwenden“
Claudia Neuses stammt aus Haßloch, dem größten Dorf Deutschlands. Nach der Schule ging es von dort aus nach Mannheim zum Studieren, wo sie durch ein Auslandssemester auf den Geschmack von Klagenfurt gekommen ist. Für den Psychologie-Master hat es sie wieder in den Süden Österreichs verschlagen, weil – warum denn nicht? Was sie Studieninteressierten mitgeben möchte und was Klagenfurt besonders macht, erzählt sie im Interview.
Warum hast du dich dazu entschlossen zu studieren? Und wie hast du dich für unsere Uni entschieden?
Mir war relativ früh klar, dass ich, wie auch meine beiden Eltern und mein Bruder, studieren möchte. Die Schule ist mir vergleichsweise leichtgefallen und ich war schon immer extrem wissbegierig und ehrgeizig. Außerdem habe ich mich direkt nach dem Abitur noch nicht in einem konkreten Beruf gesehen. Ich wollte mich noch persönlich weiterentwickeln, meinen Interessen nachgehen und selbstständiger werden. All das habe ich von einem Studium erwartet – und auch bekommen.
Für die Universität Klagenfurt habe ich mich tatsächlich bereits in meinem Bachelor in Mannheim entschieden, indem ich bereits 2017 ein Jahr als Erasmus-Studentin in Klagenfurt verbringen durfte. Die Erfahrungsberichte von Mannheimer Studierenden waren durchwegs positiv – vor allem bezogen auf die Größe der Universität und das Angebot zur Gruppendynamik, die Nähe zu Kroatien, Slowenien und Italien, der Wörthersee und die Berge – pure Lebensqualität. Daher war für mich ganz klar, dass ich nach meinem Bachelor unbedingt nach Klagenfurt zurückkommen möchte. Und auch rückblickend muss ich sagen: Ich hätte mir keinen schöneren Ort zum „Hängenbleiben“ oder „Versacken“, wie man hier so schön sagt, aussuchen können.
Wann und wie hast du herausgefunden, was du studieren willst?
Oje, meine absolute „Lieblingsfrage“. Für viele meiner Kommiliton*innen scheint das Psychologie-Studium immer eine Art Beruf gewesen zu sein, also etwas, was sie von Anfang an machen wollten. Das war bei mir überhaupt nicht so. Nach meinem Abitur habe ich lange gehadert, was ich genau studieren möchte – und glaubt mir, von Zahnmedizin über Sport, bis hin zu Medien und Kommunikation war quasi alles dabei. Ehrlicherweise habe ich dann einfach ein paar Schnuppertage an der Universität besucht und mich in ein paar Lehrveranstaltungen hineingesetzt, um zu schauen, was mich auch in der Theorie am meisten interessiert. Ich erinnere mich noch genau an die Sozialpsychologie-Vorlesung, die mich einfach auch Tage danach nicht losgelassen hat. Und dann dachte ich: Probier’s einfach! Psychologie ist so ein breites Fach, man kann so ziemlich alles damit machen. Und im Notfall kann man sich jederzeit umentscheiden. Also hat mich am Ende einfach das Gesamtpaket Psychologie überzeugt.
Welcher Moment wird dich immer an dein Studium hier erinnern?
Tatsächlich erinnere ich mich an meine zweite Lehrveranstaltung im Rahmen meines Auslandssemesters hier. Ich war erst eine Woche da und kannte fast niemanden – außer ein, zwei nette Psychologiestudierende, die ich in meiner allerersten LV kennengelernt habe. Ich betrat den Seminarraum, kannte niemanden und setzte mich in die hinterste Reihe. Auf einmal dreht sich einer vor mir zu mir um und fragt grinsend: „Bist du die deutsche Erasmus-Studentin aus Mannheim?“ Ich bejahte diese Frage mehr als verdutzt, worauf dieser nur antwortete: „Ahh, hab schon gehört. Na, du kennst ja keinen hier, dann setz ich mich mal zu dir“. Das steht symbolisch für das Studieren in Klagenfurt: wie eine kleine Familie, die immer top informiert und für dich da ist. Tatsächlich bin ich mit diesem Studenten auch immer noch sehr gut befreundet – aber ich weiß gar nicht, ob er wirklich weiß, wie herzlich und einfach er mir dadurch die Integration gemacht hat.
Was macht dein Studium für dich zu etwas Besonderem?
Ich glaube einfach die Tatsache, dass ich die Sachen, die ich lerne, auch direkt beobachten oder anwenden kann. Ob beispielsweise Emotionsregulation, Motivation, Stereotypen, aber auch das richtige Verständnis von Statistik (was in Zeiten von Corona nochmal mehr an Bedeutung gewonnen hat) – bei fast jedem Thema fällt es leicht, einen direkten persönlichen Praxisbezug herzustellen.
Welche Schwerpunkte gefallen dir in deinem Studium am besten?
Am Studium in Klagenfurt liebe ich, dass es hier vergleichsweise richtig viele freie Wahlmöglichkeiten gibt. Fächer wie Tiefenpsychologie oder Gruppendynamik finden sich generell nur an wenigen Universitäten, die kombinierte Schwerpunktsetzung, soweit ich weiß, nur hier. Ich selbst bin am meisten an sozial- und wirtschaftspsychologischen Fragestellungen interessiert. Allerdings gibt es im Rahmen von Erweiterungsstudien ja noch unzählige andere Möglichkeiten, individuelle Schwerpunkte zu setzen. So habe ich beispielsweise die Gruppendynamik auch noch mit an Bord genommen.
Wie erklärt man den Inhalt des Studiums seiner Familie oder Freunden?
Kurz und knapp? Das würde ich auch gerne wissen. Tatsächlich versuche ich meist, nicht explizit den Inhalt zu erklären, sondern mit Vorurteilen aufzuräumen. Dass ich jetzt weder „Gedankenlesen“ noch „mich selbst therapiere“ oder permanent „alles und jede*n analysiere“ muss erst einmal bewusst verstanden werden, bevor ich mich dem Inhalt widme. Wobei das mittlerweile gut verankert ist.
Wo holst du dir an der Uni Hilfe, wenn du etwas brauchst oder mal nicht weiterweißt?
Erste Anlaufstellen sind auf jeden Fall das Service Center und die ÖH. Da arbeiten supernette, hilfsbereite Menschen, die immer ein offenes Ohr für die Anliegen von Studierende haben. Wenn es eher etwas mit dem Studium zu tun hatte, habe ich entweder in den entsprechenden Facebook-Gruppen oder bei der Studienvertretung nachgefragt.
Was gefällt dir daran Studentin zu sein?
Als Studentin bin ich privilegiert, mich (meist) kostenfrei weiterzubilden und meinen eigenen Horizont zu erweitern – so hochtrabend das jetzt auch klingen mag. Ich mag die freie Zeiteinteilung, spannende Begegnungen und Diskussionen, die persönliche Weiterentwicklung, die späteren Jobaussichten – aber natürlich gehören für mich auch Partys und durchzechte Nächte dazu.
Machst du noch etwas neben dem Studium und lässt es sich gut kombinieren?
Ich habe fast das ganze Masterstudium über nebenher als Teilzeitkraft gearbeitet und war auch im ÖH-Referat für Sport, Gesundheit und Freizeit ehrenamtlich tätig. Mit ein bisschen Zeitmanagement und Durchhaltevermögen war das aber gut machbar.
Warum sollte man an unserer Uni studieren?
Mal anders gefragt, warum nicht? Mir fällt kein einziger Grund ein, der dagegenspricht. Die Universität hat die perfekte Größe, man kann sehr viel aktiv mitgestalten und die Beziehung zu den Dozent*innen ist sehr eng und persönlich. Es gibt ein unglaublich breites Lehrangebot, der Campus wird immer grüner und in der Mittagspause fährt man zur Abkühlung einen Sprung an den See. Außerdem kann man natürlich Wandern, Skifahren oder einfach das mediterrane Flair genießen. Und auch die Stadt erlebt gerade eine Urbanisierung, bei der Einiges vorangeht… Und last but not least: Die Kärnter*innen sind sehr kamot; Neidgesellschaft und Leistungsdruck sind hier Fremdwörter. Jede*r kann hier individuell sein Tempo gehen. Also nochmal die Frage: Wo, wenn nicht hier?
Worüber wärst du froh gewesen, wenn es dir jemand vor dem Studium erzählt hätte? Also, was ist dein Tipp für Studienanfänger*innen?
Hm, ich glaube tatsächlich darüber, dass es völlig in Ordnung ist, sich auch als Student*in Auszeiten zu nehmen und dass man nicht nur für das Bestehen von Prüfungen lernt. Immer auch über den eigenen Tellerrand schauen, was interessiert mich und was will ich vielleicht zusätzlich belegen, um mich selbst voranzubringen. Studieren verbinde ich mit viel Freiheit – aber es ist bei Weitem nicht nur das entspannte, wilde Studierendenleben, sondern auch viel Arbeit, Druck und Stress. Von daher immer auf das eigene Bauchgefühl hören und lernen, bewusst zu entspannen!
Wort-Rap
- Meine Lieblings-LV war… Erlebnispädagogik
- Mein Studi-Leben ist… abwechslungsreich
- Uni geht nicht ohne… gutes Networking & den Glühweinstand
- Mich motiviert… mein Anspruch an mich selbst
- Mein Traumjob… steht noch in den Sternen!