Ins Zentrum gerückt
Kirchen sind eines der häufigsten und beliebtesten Ansichtskartenmotive. In der Bildmitte platziert, repräsentieren sie zumeist die Ortsmitte. Die ins Zentrum gerückten Sakralbauten lenken den Blick und ordnen die anderen Gebäude und Bildmotive hierarchisch unter. Mit ihren hohen Kirchtürmen und der – je nach Größe und Bedeutung der Orte – aufwändigen Architektur haben sie einen hohen Wiedererkennungswert. Damit stehen die religiösen Machtzentren für ein Selbstbild von Ortschaften, das sich gut für die touristische Vermarktung eignet. Wie Burgen und Schlösser, die weltliche Macht visualisieren, gelten Kirchen als Sehenswürdigkeiten. Sie sind seit dem Aufkommen von Ansichtskarten ein Standardmotiv.
Im Gegensatz dazu sind weniger repräsentative Ansichten, etwa von Vororten, Kasernen oder Hinterhöfen, heute nur mehr ein Nischenprodukt. Eine weitaus größere Vielfalt an Stadtmotiven bestimmte um 1900 den Markt. Erstmals hatten „kleine Leute“ die Möglichkeit, Aufnahmen der persönlichen Wohnumgebung für den Privatgebrauch zu erwerben.
Tijana Pajić
Nr. 179: Knittelfeld. Gries-Vorstadt. Verlag Joh. Leon sen., Klagenfurt, Nr. 828 [undatiert]
Die in die Bildmitte gerückte Kirche in der Vorstadt von Knittelfeld dominiert die Postkartenansicht. Der Eindruck wird durch die Zentralperspektive verstärkt: Straße und Zäune zielen auf das Kirchengebäude. Staffagefiguren beleben die Ortsmitte.
Nr. 44: Gruss aus Graz. Graz vom Rükerlberg. A B K Nr. 1680 − Papierausstattung Plentl, Graz [undatiert]
Die Ansichtskarte zeigt die Aussicht vom Ruckerlberg auf Graz. Der Blick bleibt an dem Kirchturm hängen – im Zentrum der Karte und im Zentrum von Graz.
Nr. 383: St. Michael, Obersteier. [undatiert]
Die Kirche von St. Michael beherrscht nicht nur die Ortsansicht, sondern steht auch im Bildzentrum. Aus der Ferne ragt die Kirche über die Dächer des Ortes hinaus.
Nr. 31: Gruss aus Gföhl. Verlag: A. Mayr, Gföhl. Chromokarte Leon, Klagenfurt Nr. 782 [undatiert]
Die Spitze des Kirchturmes findet gerade noch Platz auf der Ansichtskarte. Die Kirche dominiert somit nicht nur die Karte, sondern auch die umliegenden Häuser im Zentrum von Gföhl.
Nr. 112: Klagenfurt. Verlag von Joh. Leon sen., Klagenfurt, Nr. 172, 1903
Die Stadtpfarrkirche Klagenfurt ist hier aus der Totale abgebildet. Die Straßenachsen betonen die Position der Kirche im Bildzentrum.
Egal, welche Perspektive gewählt und welcher Standort eingenommen wird, die Kirche steht in beiden Ansichtskarten von Murau im Zentrum. Die Murauer Stadtpfarrkirche teilt sich zwar die Aufmerksamkeit mit dem Schloss, bleibt aber ein bildbestimmendes Element.
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