Große Datenmengen effizient verarbeiten: Neue Technologien für das Computing-Kontinuum
„Wir bieten der Wissenshaft und Industrie die Infrastruktur, die sie brauchen, um schnell und viel zu rechnen“, erklärt Dragi Kimovski, der als Postdoc-Assistent am Institut für Informationstechnologie arbeitet. Was Wissenschaftler*innen und Expert*innen wie er der Medizin, der Physik und anderen anzubieten haben, hat er uns im Gespräch erklärt.
Abermillionen von Gesundheitsdaten sind abgespeichert, genauso wie unzählige Messergebnisse der Naturwissenschaften und Industrie. Disziplinen wie diese stehen vor der Herausforderung, aus den gewaltigen Datenmengen Informationen mit „Bedeutung“ herauszufiltern. Dabei wollen sie auch nicht ewig warten, sondern brauchen schnelle Berechnungen. Die Arbeit von Dragi Kimovski und seinen Kolleg*innen ist dabei hilfreich: Sie bauen parallele und verteilte Systeme, einschließlich Super-Computer- und Cloud-Edge-Systeme, die zusammen das Computing-Kontinuum formen, um solche Mammutaufgaben stemmen zu können.
Zwei Aspekte seien dabei relevant: Einerseits gehe es darum, high performance computing zu ermöglichen, mit hoher Effizienz und Rechenleistungen für Algorithmen, wie sie beispielsweise in der Meteorologie oder bei Simulationen des Planetensystems zum Einsatz kommen. Andererseits wird cloud und edge computing weiterentwickelt, mit dem Ziel, vor allem die Kosten von Cloud-Anbietern zu reduzieren und deren Services schneller zu machen. Dragi Kimovski bringt das Beispiel Netflix: „Wir wollen die Erhaltungs- und Strukturkosten von Streaminganbietern günstiger machen, gleichzeitig soll die Erlebnisqualität bei den Nutzer*innen hoch bleiben.“
Doch was versteckt sich nun hinter dem Begriff „parallele und verteilte Systeme“? Kimovski erläutert dazu: „Dabei handelt es sich um große Server. Die Super-Computer und Cloud-Systeme, mit denen wir arbeiten, sind multiple Server, die nur vorgeben, ein Einzelsystem zu sein.“ Im Prinzip könnten die üblichen Einzel-PCs in den Haushalten zusammengeschaltet werden und dann – gemeinsam – eine große Rechenleistung zur Verfügung stellen.
Entscheidend ist allerdings, wer in Zukunft was rechnet. Nehmen wir als Beispiel ein selbstfahrendes Auto, das mit 100 km/h fährt. Kommt dem Fahrzeug ein Hindernis in den Weg, würde es viel zu lange dauern, die Daten zu einer Cloud zu schicken. Bei einer Zeit von 100 bis 500 Millisekunden wäre – je nach Konstellation – der Unfall schon längst passiert. „Zeitkritische Services müssen daher näher an die Anwendungen heran. Wir müssen also Rechenleistung von der Cloud hin zum Rand des Netzwerks transferieren, um die Internet-of-Things-Anwendung zu unterstützen. Das so genannte Edge- and Fog-Computing ist die unterste Schicht des Computing-Kontinuums, das mit Minidatenservern in größerer Nähe der Datenquellen abgewickelt wird“, erklärt Dragi Kimovski. Er möchte gemeinsam mit seinen Kolleg*innen an künstlich intelligenten Algorithmen arbeiten, die die Entscheidung, wo was gerechnet wird – ob in der Cloud oder im Edge – abnehmen. „Wollen wir eine akute Straßensituation ‚berechnen‘, werden wir das via Edge-Computing machen. Wollen wir aber Grundsätzliches über das Verhalten von Fahrzeugen lernen, haben wir mehr Zeit, brauchen aber auch mehr Volumen. Dafür eignet sich die Cloud besser“, so Dragi Kimovski.
Recht kontinuierlich verlief Dragi Kimovskis berufliche Laufbahn, die ihn nach Klagenfurt geführt hat. Ursprünglich aus Nordmazedonien stammend, hat er sein PhD-Studium in Sofia (Bulgarien) absolviert. Über Netzwerke zu parallelen Systemen hat er Radu Prodan kennengelernt, der die Arbeitsgruppe am Institut für Informationstechnologie leitet. Ihm folgte er zuerst an die Universität Innsbruck und später nach Klagenfurt. Insgesamt arbeitet Dragi Kimovski nun bereits seit 13 Jahren in der akademischen Welt, und möchte dort auch bleiben. Die Informatik bietet viele Anknüpfungspunkte zur Industrie und zu Unternehmen; letztlich biete der universitäre Rahmen aber mehr Freiheiten, an Fragestellungen zu arbeiten. Das Interesse an computer science prägt Dragi Kimovski bereits seit seiner Schulzeit, wobei er aber auch versteht, dass viele Studienanfänger*innen „ein bisschen ängstlich auf das Fach, besonders auf die Mathematik, blicken.“ Er kann aber beruhigen: „Wer engagiert und motiviert studiert, überwindet Hürden.“ In Klagenfurt nimmt er wahr, dass das Engagement der Student*innen höher als anderswo ist. Besonders motivierend sei für ihn, dass „die Informatik großen Einfluss auf alle anderen Wissenschaften hat. Ohne sie könnte man viele Erkenntnisse heute nicht generieren.“
Auf ein paar Worte mit … Dragi Kimovski
Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftler geworden wären?
Ich wäre IT-Techniker. 🙂
Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?
Ich würde „naja“ sagen, da es manchmal schwierig ist zu erklären, woran wir forschen. Trotzdem war mein Vater derjenige, der mich Elektrotechnik und Elektronik lehrte, was meine Hauptmotivation war, IT zu studieren.
Was machen Sie im Büro morgens als erstes?
Coca-Cola Zero trinken.
Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an die Arbeit zu denken?
Am Anfang nein, aber ich habe jetzt gelernt, dass es wichtig ist, richtig Urlaub zu machen, um produktiver zu sein.
Was bringt Sie in Rage?
Sachen, die nicht wichtig sind.
Und was beruhigt Sie?
Rund um den Wörthersee Fahrad zu fahren.
Wer ist für Sie der „größte“ Wissenschaftler bzw. die „größte“ Wissenschaftlerin der Geschichte und warum?
Ich würde Nikola Tesla nennen, weil er den Wechselstrommotor und Generator erfunden hat, was besonders wichtig für die Menschheit ist.
Wofür schämen Sie sich?
Für fast nichts.
Wovor fürchten Sie sich?
Ich fürchte mich vor vielen Sachen, aber nicht vor 5G und Künstlicher Intelligenz.
Worauf freuen Sie sich?
Meine Habilitation abzuschließen und mich weiter zu entwickeln.
Technik studieren in Klagenfurt
Die technischen Studien an der Universität Klagenfurt zeichnen sich durch exzellente Forschung und Lehre aus. Die Fakultät für Technische Wissenschaften (TEWI) besteht seit 2007 und legt großen Wert auf sehr gute Betreuungsverhältnisse, die einen kontinuierlichen und förderlichen Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden auf allen Ebenen ermöglichen. Durch einen hohen Praxisbezug sowie die Konzentration in Stärkefeldern (z.B. Informatik, Informationstechnik, Technische Mathematik, Wirtschaftsinformatik) bieten technische Studien vielfältige Möglichkeiten. Im Zuge eines Auslandssemesters, bei einem Joint oder Double Degree sowie während einer Summer School können zusätzlich viele neue Erfahrungen im Ausland gesammelt werden! Mehr