Karriere bietet Chancen, sich selbst weiterzuentwickeln
Dr. Wolfgang Richter ist Geschäftsführer der JIPP.IT GmbH in Österreich und dort neben seiner Managementtätigkeit als Agile Coach und Trainer im Einsatz. Sein Doktoratsstudium an der Schnittstelle von Informatik und Betriebswirtschaftslehre hat er an der Alpen-Adria-Universität absolviert. Im Interview erzählt er, wie sich sein Blick auf den Begriff „Karriere“ gewandelt hat und welchen Einfluss das Studium auf seine Tätigkeit hat.
Welche Anekdote aus Ihrer Studienzeit ist Ihnen in Erinnerung?
Bei meiner Promotion war meine ältere Tochter noch sehr klein und noch recht uninteressiert an akademischen Weihen. Was ihr aber damals mit knapp einem Jahr schon besonders gefallen hat, war die Musik. Vor der Feierlichkeit wurde geübt und sie hörte den Musikern ganz besonders aufmerksam zu. Später durfte ich sowie alle anderen Doktoranden und Doktorandinnen eine kurze Erklärung zu meinem Studium abgeben, und es gab Reden, feierliche Übergaben und mehr. Das alles war für sie nicht sehr spannend, aber jedes Mal, wenn die Musik zu spielen begann, war sie wieder ganz konzentriert. Das waren herrliche Momente und werden mir lange in Erinnerung bleiben.
Können Sie sich noch an Ihre erste Woche an der AAU erinnern? Was war besonders, neu, auffällig oder amüsant?
Da ich die Uni schon von früher und bedingt durch mein Doktorat das universitäre Leben kannte, gab es weniges neues. Amüsant war sicherlich die erste Begegnung mit meinem Betreuer, Herrn Professor Mittermeir. Sein Büro war aus meiner Sicht das perfekt strukturierte Chaos. Wo man hinsah, lagen Unterlagen, Bücher, Ordner und was sich sonst noch in den Papierbergen verbarg. Für mich wäre es unmöglich gewesen, darin etwas zu finden. Für ihn schien diese (Un-)Ordnung einen Sinn zu ergeben. Umso strukturierter und zielführender waren für mich die Gespräche mit ihm. Das war von Anfang an so und ist auch durch das gesamte Doktorat hindurch so geblieben.
Wie würden Sie Ihr Studium in vier Worten zusammenfassen?
Hochinteressant, erfüllend, anstrengend, motivierend.
Wie sind Sie bei Ihrer heutigen Stelle bzw. Tätigkeit gelandet? Wie hat sich Ihre Karriere entwickelt?
Ich habe im Laufe meines Studiums meine eigene Firma gegründet. Das war zu Beginn mehr als Experiment gedacht, hat sich aber inzwischen als fixe Größe in meinem Leben etabliert. Ich wollte schon immer meine eigenen Ideen umsetzen. Den Begriff „Karriere“ sehe ich seitdem in einem neuen Licht. Früher war der Begriff für mich mit Statussymbolen, Jobtiteln und anderen, hauptsächlich materiellen Dingen verknüpft. Das alles konnte ich in verschiedenen Engagements erreichen.
Inzwischen bedeutet Karriere für mich vielmehr, mich selbst weiterentwickeln zu können, Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu haben und die Freiheit, sich diese wichtigen Dinge selbst aussuchen zu können. Das alles ergibt sich im eigenen Umfeld und mit einem gleichgesinnten Team am besten.
Was sind Ihre Arbeitsaufgaben? Wie sieht Ihr beruflicher Alltag aus und was ist es, das Ihnen in Ihrem Job besonders gefällt?
Ich bin hauptverantwortlich für einen kleinen Betrieb in der Steiermark, der allerdings weltweit Know-how liefert. Ich habe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sehr engagiert und vor allem selbständig arbeiten, und ich darf meiner Passion – Coaching und Training – in meinem Beruf nachgehen. Natürlich ist man als Geschäftsinhaber und Geschäftsführer für viele administrative Dinge zuständig, auch für Akquise, allerdings passt diese Kombination für mich sehr gut. Einen beruflichen Alltag in dem Sinn habe ich nicht, da sich jeden Tag etwas Neues ergibt. Ich bin sehr viel international unterwegs und lerne daher viele interessante Orte, Menschen und Kulturen kennen und kann somit eines meiner Hobbies – Reisen – gleich mit dem Beruf verbinden. Der wichtigste Aspekt ist allerdings das positive Feedback von Kunden. Wir haben eine sehr hohe Reputation und können diese weiter steigern. Das gelingt nicht jedem und daher bin ich darauf besonders stolz.
War Ihr Studium für Ihre heutige Tätigkeit hilfreich und welchen Einfluss hatte Ihr Studium auf Ihre berufliche Tätigkeit(en)?
Ich habe mein Studium und meine berufliche Laufbahn sehr eng verknüpft. Für mich ist die Kombination aus Theorie und Praxis sehr wichtig und auch Teil meiner Firmenphilosophie. Somit hat es da eine starke Wechselwirkung gegeben und gibt es weiterhin. Ich habe bis heute auch noch nicht aufgehört zu lernen, auch wenn ich inzwischen oft der bin, der Wissen vermitteln darf. Dennoch ist das Zusammenspiel zwischen Trainer und Trainee oder Coach und Coachee etwas, das für beide Seiten von Vorteil sein muss. Beide müssen voneinander profitieren können. Das habe ich auch bei der Parallelität meiner akademischen und beruflichen Laufbahn so gesehen und gelebt.
Verbindet Sie heute noch etwas mit Klagenfurt und der AAU?
Ich bin weiterhin mit ehemaligen Kommilitonen in Kontakt und auch mit Professoren. Inzwischen zieht es mich selbst für Gastvorträge in die AAU zurück.
Was waren Ihre Beweggründe, an der AAU zu studieren?
Ich hatte mir für meine Dissertation ein Thema ausgesucht, das damals noch sehr unbekannt war: Agile Methoden. Damals war Professor Mittermeir einer der ersten, der den Trend erkannte und sich dazu bereit erklärte, dieses Neuland zu betreuen. Heute sind diese Methoden in der IT ein de-facto Standard.
Für mich war das Umfeld an der AAU attraktiv, da meine Dissertation eine Mischung aus Technologie, Wirtschaft und Psychologie war. An der AAU waren zu der Zeit die Informatik und Wirtschaft eine gemeinsame Fakultät und daher eng verzahnt. Das war ideal für mein Thema, in dem viel Betriebswirtschaftslehre enthalten war. Ich hatte im Studium einen Betreuer aus dem Bereich Informatik und einen aus dem Bereich Wirtschaft, den heutigen Dekan Professor Schwarz.
Was haben Sie studiert und würden Sie heute nochmal dasselbe studieren?
Mein Studium war das Doktoratsstudium aus Informatik. Ja, ich würde den Weg wieder gehen.
Würden Sie wieder an der AAU studieren?
Ja, sehr gerne.
Vermissen Sie etwas aus Ihrer Studienzeit an der AAU?
Die Seminarräume mit dem wunderbaren Blick auf die sonnenbeschienenen verschneiten Berge.
Was würden Sie heutigen Studierenden mit auf den Weg geben?
Studieren sollte man hauptsächlich für sich selbst. Wenn der Antrieb hauptsächlich von außen kommt, dann werden Erfolg und Zufriedenheit auf Dauer darunter leiden. Es soll auch möglich sein, seine Meinung und seinen Weg zu ändern. Auf jeden Fall sollte unterm Strich eine positive Gesamtbilanz herauskommen.