Harald Schwinger: Das Melonenfeld – Lesung

Literatur in Corona-Zeiten
Harald Schwinger: „Das Melonenfeld“

 

Text und Textauswahl: Harald Schwinger
Stimme: Heinrich Baumgartner
Filmbearbeitung: Siegfried Ortner
Sounds: Hörspielbox

 

Der Roman „Das Melonenfeld“ ist im März 2020 als fünfzehnter Band der EDITION MEERAUGE im Verlag Heyn erschienen.
Die für 02.04.2020 geplante Buchpräsentation im Robert-Musil-Institut musste aufgrund der Corona-Maßnahmen für Veranstaltungen abgesagt werden.

 

 

Ketil ist als Gerichtsvollzieher zuständig für Delogierungen in Manhattan, einem Hochhauskomplex, wo sich die Armut festgebissen hat. Mit dem Job kommt er bestens zurecht, sollte er Mitgefühl für seine Klienten empfinden, kann er das gut verbergen.
Sorgen bereitet ihm vielmehr die eigene Familie: Ehefrau Margot scheint depressiv, zunehmend verwirrt und davon überzeugt, dass in Tochter Metti das Böse schlummert. Tatsächlich ist die 16-Jährige rebellisch und abweisend – aber gefährlich?
Um die Dinge wieder ins Reine zu bringen, unternimmt Ketil mit ihr eine Reise, ausgerechnet auf die Insel, auf der er als junger Soldat im Friedenseinsatz stationiert war.

Harald Schwinger: Das Melonenfeld (Roman)

Edition MEERAUGE
Verlag Heyn, Februar 2020
139 Seiten
ISBN: 978-3-7084-0630-5

 


Buchbesprechung in der KLEINEN ZEITUNG von Marianne Fischer
04. April 2020

Von Macht, Machtmissbrauch und verdrängten Erinnerungen

Harald Schwinger erzählt von einem Gerichtsvollzieher, dem die Familie entgleitet. Packend und bitterböse.

 

„Ein Frosch springt nur an eine bestimmte Stelle, wenn die Chance besteht, dort auch eine Fliege zu fangen. Unser Leben liegt also in der Zukunft, nicht in der Vergangenheit.“ Das hat ihr Ketil erklärt. Aber was tun, wenn verdrängte Erinnerungen wieder an die Oberfläche kommen? Wenn nichts zurückbleibt außer „verbrannter Erde, Asche, Schmerz und Erinnerung“?
Margot glaubt als Archäologin, dass das Jetzt sich aus der Vergangenheit erklärt. Aber nichts fürchtet ihr Mann Ketil mehr als diese Ausgrabungen, hat er doch ein schreckliches Geheimnis zu verbergen.

Harald Schwinger erzählt in seinem neuen Roman „Das Melonenfeld“ von Macht und Machtmissbrauch, von Verwundung und Verdrängung. Ketil ist als Gerichtsvollzieher zuständig für Delogierungen in Manhattan, einem Wohnblock, in dem vor allem sozial Schwächere wohnen. Seine Macht nutzt er gerne für seine eigenen Zwecke: „Manhattan gehört mir, die Menschen, die hier wohnen, gehören mir.“ Nur seine Familie hat er nicht unter Kontrolle: Nicht nur seine Frau Margot macht ihm zunehmend Sorgen, weil sie glaubt, dass in der 16-jährigen Tochter das Böse schlummert. Auch Metti selbst ist rebellisch und schon mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Deshalb beschließt Ketil, mit seiner Tochetr nach Zypern zu reisen, wo er einst als junger Soldat im Rahmen einer Friedensmission stationiert war und ein traumatisches Erlebnis hatte. Doch beim Versuch, mithilfe der Wahrheit die Dinge wieder ins Lot zu bringen, entgleitet sie ihm immer mehr.

Schon im Roman „Die Farbe des Schmerzes“ beschäftigte sich der Villacher Autor, der auch für die Kleine Zeitung schreibt, mit den Folgen von Verdrängen, Totschweigen und der Frage: Wann werden aus Opfern Täter? Manchmal werden die Sünden über Generationen hinweg weitervererbt – in diesem Fall packend und schonungslos erzählt bis zur bitterbösen Abrechnung.

 


Harald Schwinger, geboren 1964, Studium der Anglistik, Amerikanistik und Medienkommunikation, lebt als freischaffender Journalist und Autor von Prosa, Lyrik und dramatischen Texten in Wernberg bei Villach/Österreich. Für seine literarische Arbeit erhielt Harald Schwinger zahlreiche Anerkennungen, darunter der Literaturpreis des Club Carinthia (2000), der Förderpreis des Carl-Mayer-Drehbuchwettbewerbs der Diagonale/Stadt Graz (2004, gemeinsam mit Simone Schönett), der Preis des Kärntner Schriftstellerverbandes (2012), der zweite Platz beim Kärntner Lyrikwettbewerb der STW Klagenfurt Gruppe (2014), der Kärntner Jugendbuchpreis (2018) sowie verschiedene Stipendien.

Harald Schwinger ist Mitglied der Grazer Autorinnen Autorenversammlung und Mitbegründer des Kunstkollektivs WORT-WERK (www.wort-werk.at), das u. a. die „Nacht der schlechten Texte“, ein Wettbewerb für experimentelle Formen von Literatur, veranstaltet.
Veröffentlichungen (u.a.): „Das dritte Moor“ (2006), „Zuggeflüster“ (Erzählungen, 2011), „Zala. Drama in sieben Bildern / Drama v sedmih slikah“ (gemeinsam mit Simone Schönett, 2011), „Die Farbe des Schmerzes“ (2013), „Mirós Mädchen“ (Erzählungen, 2016), „Held“ (Jugendroman, 2018).

 

FOTO Harald Schwinger: Siegfried Ortner