Strommasten in der Abendsonne | Foto: focus finder/fotolia.com

Studie zu erneuerbaren Energien: Viel Rückenwind für Klimapolitik aus Österreichs Bevölkerung

Eine kurz vor der Corona-Krise erhobene Studie von Universität Klagenfurt, WU Wien, Deloitte Österreich und Wien Energie zeigt: Die Zustimmung der österreichischen Bevölkerung für erneuerbare Energien ist hoch. Auch politische Maßnahmen wie der Klimabonus, das 1-2-3-Klimaticket oder eine ökologische Steuerreform werden von einer deutlichen Mehrheit unterstützt, das Interesse an Elektroautos war vor dem Shutdown ebenfalls hoch. Die Studienautor*innen rechnen trotz Corona-Krise auch weiterhin mit einer anhaltend positiven Stimmung zum Thema – und raten zum zeitnahen Handeln.

Wie stehen die Österreicher*innen zu erneuerbaren Energien? Das untersucht jährlich die repräsentative Studie „Erneuerbare Energien in Österreich“. Die kurz vor dem Beginn der Corona-Krise durchgeführte Befragung von über 1.000 Konsument*innen zeigt zwei Tendenzen: Eine hohe Akzeptanz für erneuerbare Energien und eine breite Befürwortung von klimapolitischen Maßnahmen.

Große Unterstützung für aktive Klimapolitik
Für die geplanten Vorhaben der Politik in puncto Klimaschutz herrscht laut Studie großer Zuspruch. Zwei Drittel der Befragten unterstützen den Klimabonus für Pendler*innen, die öffentliche Verkehrsmitteln nutzen. Ein günstiges 1-2-3-Klimaticket für öffentliche Verkehrsmittel wünscht sich eine Mehrheit von 64 %, CO2-Zölle für nicht klimaneutrale Importe in die EU halten 55 % für sinnvoll. Für die Bundesregierung besonders interessant: Eine ökologische Steuerreform mit weniger Steuern auf Arbeit und gerechteren Steuern auf klimabelastende Tätigkeiten ist für den Großteil der Befragten vorstellbar.

Gerhard Marterbauer, Partner bei Deloitte Österreich, sieht daher ein Zeitfenster für die Politik: „Auch wenn die Corona-Krise derzeit alle Themen in den Schatten stellt: Der Klimawandel wird schon bald wieder auf der Tagesordnung stehen und der Druck der Bevölkerung zunehmen. Das kurze Zeitfenster nach Corona muss genutzt werden: Es braucht jetzt nachhaltige und ökologisch sinnvolle Investitionen zur Ankurbelung unserer Wirtschaft.“

Positive Einstellung zu erneuerbaren Energien nutzen
Generell ist die Bevölkerung erneuerbaren Energien gegenüber positiv eingestellt: 77 % der Befragten sprechen sich klar dafür aus, unter den Jugendlichen sind es sogar 82 %. „Die hohe Zustimmung der Österreicher hinsichtlich erneuerbarer Energien ist vor dem Hintergrund der angestrebten Klimaneutralität bis 2040 sehr wichtig. Denn Akzeptanz ist eine wesentliche Basis für die Energiewende“, so Nina Hampl, Studienautorin der Universität Klagenfurt und WU Wien. Photovoltaik erhält mit 88 % die breiteste Zustimmung, gefolgt von der Kleinwasserkraft mit 74 % und der Windkraft mit 67 %.

„Das Ziel der Bundesregierung von 100 % Strom aus erneuerbaren Energien erfordert umfangreiche Investitionen in sämtliche erneuerbare Energieträger. Solche Investitionen können ein Motor für die Konjunktur und Wiederbelebung der Wirtschaft sein. Die Politik muss allerdings auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten die richtigen Rahmenbedingungen schaffen“, betont Nina Hampl weiter.

Energiegemeinschaften im Kommen
Ein deutliches Ergebnis zeigte sich in der Umfrage bei Energiegemeinschaftsanlagen: Bereits rund zwei Drittel der österreichischen Befragten ziehen eine aktive Beteiligung bei solchen Anlagen in Betracht. Mit diesen können Privatpersonen gemeinsam Strom oder Wärme erzeugen, verbrauchen, speichern und verkaufen. Besonderen Wert legen die österreichischen Konsument*innen darauf, dass Energie lokal und auf Basis erneuerbarer Energiequellen erzeugt wird.

„Der Trend zu einer lokalen Produktion und weniger Abhängigkeit von außen muss genutzt werden. Energiegemeinschaften sind ein ausgezeichneter Ansatz, um eine Bedürfnislage, die durch die Corona-Krise noch stärker geworden ist, zu unterstützen“, meint Michael Strebl, Geschäftsführer von Wien Energie.

Hohes Interesse an Elektroautos
Auch die Gruppe der potenziellen Elektroautokäufer*innen liegt mit 44 % laut Studie weiterhin auf gutem Niveau. Bei Jugendlichen ist das Kaufinteresse mit 59 % sogar deutlich höher. Fast die Hälfte der erwachsenen Kaufinteressierten können sich die Anschaffung eines Elektroautos außerdem innerhalb von fünf Jahren vorstellen. Gegen ein E-Auto sprechen laut Umfrage aber noch immer die hohen Anschaffungskosten und fehlende Lademöglichkeiten. Ganz wichtig ist den Befragten, dass Ladestationen mit Ökostrom versorgt werden.

Gerhard Marterbauer von Deloitte meint dazu: „Der Automarkt liegt im Moment zwar am Boden, umso größer sind aber jetzt die Chancen für die Elektromobilität. Heuer ist das Schlüsseljahr für den Durchbruch. Die Palette an Fahrzeugen, die demnächst auf den Markt kommen werden, ist breit und auch die Reichweiten werden steigen. Damit sind wichtige Hindernisse für einen Kauf aus dem Weg geräumt. Eine höhere Förderung für E-Autos wäre gerade jetzt sinnvoll, um auch die Autobranche wieder anzukurbeln.“

Auch Michael Strebl von Wien Energie glaubt nicht, dass durch Corona und den kurzfristig gefallenen Ölpreis die Akzeptanz für Elektromobilität langfristig sinkt: „E-Autos gehören in die Stadt der Zukunft. Im öffentlichen Raum gibt es gerade in Städten bereits zahlreiche Ladestationen. In einem nächsten Schritt müssen im privaten Bereich die rechtlichen Rahmenbedingungen verbessert werden. Eine Modernisierung des Wohnrechts könnte etwa die Installation von Ladestationen in Mehrparteienhäusern und Eigentümergemeinschaften massiv erleichtern.“

Informationen zur Studie
Die vorliegende Studie basiert auf Daten von fünf repräsentativen Befragungen der österreichischen Bevölkerung von 18 bis 70 Jahren im Oktober/November 2019 (1.014 Befragte), Oktober/November 2018 (1.014 Befragte), Oktober 2017 (1.006 Befragte), Oktober 2016 (1.000 Befragte) und Oktober 2015 (1.014 Befragte) sowie zwei Befragungen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 15 bis 25 Jahren (2019: 256 Befragte; 2017: 261 Befragte).

Zum Download:

Studie „Erneuerbare Energien in Österreich“