Neuer Sammelband zur filmischen Arbeit von Quentin Tarantino erschienen
„Ein interkultureller Regisseur mit eindeutig erkennbarer Handschrift“: Der Klagenfurter Filmwissenschaftler und Anglist Jörg Helbig hat Arbeiten zu allen von Tarantino veröffentlichten Filmen in einer gemeinsamen Publikation versammelt. Es ist das erste filmwissenschaftliche Buch, das sowohl Tarantinos ersten Film, My Best Friend’s Birthday (1987), als auch seinen jüngsten, Once Upon a Time… in Hollywood (2019), vorstellt und analysiert.
„Quentin Tarantinos persönliche Handschrift ist seit seinem ersten Werk unverkennbar, dem in den 1980er Jahren gedrehten Film ‚My best friend’s birthday‘, der allerdings niemals offiziell veröffentlicht wurde“, erläutert Jörg Helbig, der als Professor am Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Klagenfurt forscht.
Was ist nun das gemeinsame Besondere an Tarantino-Filmen? „Es gibt in jedem Film ikonische Bilder, die man sofort zuordnen kann. Diese Form der visuellen Ästhetik kann kaum ein Regisseur entfalten“, erklärt Helbig weiter. Bestimmte Stilmittel würden sich wiederholen: Dies sind die vielen langen komischen Dialoge, die Referenzen an die Popkultur oder der Soundtrack aus den 1960er und 1970er Jahren. Als interkultureller Regisseur verarbeitet Tarantino verschiedene Traditionen, wie den Italowestern der 60er Jahre oder asiatische Martial-Arts-Filme. Jörg Helbig nennt auch ein Beispiel: „Im neuesten Film tritt ein Schauspieler auf, der Bruce Lee spielt, und der sich dann eindrucksvoll mit Brad Pitt prügelt.“ Für Helbig ist jedoch am essenziellsten, dass Tarantinos Filme Werke sind, „über die man spricht“. Sie würden niemanden gleichgültig lassen oder in Vergessenheit geraten.
Für einen Filmwissenschaftler ist Tarantino insbesondere interessant, weil er den Spagat zwischen Mainstream und künstlerischem Wert schafft. Seine Werke würden für das Medium Kino produziert werden, dem sich der Regisseur stark verbunden fühlt. Bisher hat Tarantino neun Filme offiziell veröffentlicht, wobei er mehrmals angekündigt hat, nicht mehr als zehn Filme zu drehen.
Das von Jörg Helbig herausgegebene Buch beinhaltet folgende Beiträge:
- Jörg Helbig: Rock ‘n’ roll and drugs and violence. Quentin Tarantino – einer der letzten Puristen des Kinos
- Jörg Helbig: My Best Friend’s Birthday. Quentin Tarantinos vergessenes Filmdebüt
- Rainer Winter: Pulp Fiction als Erfahrungsmodus. Quentin Tarantino und die Fabrikation des Populären
- Andreas Rauscher: Across 110th Street. Genre-Grenzüberschreitungen in Jackie Brown
- Felix Schniz: Bricolage einer Filmgeschichte. Kill Bill Vol. 1&Vol. 2
- Arno Rußegger: Falsch gezählt. Zur Episode »The Man from Hollywood« aus Four Rooms
- Sabrina Gärtner: Fuß-Noten. Zur Bedeutung von Frauenfüßen in Death Proof
- Matthias Klestil: »What shall the history movies sound like?« Metacinematischer Sprachgebrauch und amerikanische Kulturkritik in Inglourious Basterds
- Angela Fabris: Musikalisches Mashup und filmische Synästhesie. Die multisensorische Konzeption von Django Unchained
- Lioba Schlösser: Performatives Erzählkino im Breitfilmformat. Zur Rolle von Gewalt und Brutalität in The Hateful Eight
- Jörg Helbig: Willkommen im Spiegellabyrinth. Exzess, Ironie und Selbstreflexion in Once Upon a Time… in Hollywood
Ein Großteil der Autor*innen gehört der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Klagenfurt an.
Zum Buch:
Helbig, J. (Hrsg.) (2020). Quentin Tarantino. Herausgegeben in der Reihe „Filmkonzepte“, Heft 57. München: edition text + kritik.