Gemeinsam Ideen verwirklichen
Seine Forschung ist für Stephan Weiss kein singulärer Elfenbeinturm. Er scheut sich nicht, seine Ideen mit anderen zu teilen. Er ist davon überzeugt, dass Zusammenarbeit bessere Ergebnisse hervorbringt. Dass Kooperation und Offenheit einen noch größeren Stellenwert in der internationalen Forschungslandschaft einnehmen als jetzt, das wünscht er sich für die Zukunft.
Stephan Weiss forscht am Institut für Intelligente Systemtechnologien und ist auf der gesamten Welt in der Forschungslandschaft vernetzt. Besonders freuen ihn die engen Verbindungen zum NASA Jet Propulsion Laboratory (JPL): „Es ergeben sich sehr gute Synergien auf beiden Seiten, sowohl bei uns an der AAU als auch bei der NASA.“ Nicht nur die Forschung, besonders auch die Studierenden profitieren von der Kooperation: Schon in den Bachelorkursen gibt es Incentives, damit sich die Studierenden schlussendlich für einen Praktikumsaufenthalt während des Masterstudiums qualifizieren können.
Wir fragen nach, wie es auf der Forschungsebene aussieht. Stephan Weiss erzählt uns von den verschiedensten Projekten. Besonders spannend sei es, gemeinsame Ideen und Visionen zu kreieren. Weiss berichtet uns von einer ganz neuen Idee, die gerade gemeinsam mit den Lakeside Labs entstanden ist, den so genannten Asteroid Jumpers. Stephan Weiss schmunzelt: „Das ist so eine wilde Idee, dass man einen Schwarm von kleinen Satelliten von Asteroid zu Asteroid springen lässt. Durch die Verbindung zur NASA können wir so eine Idee gemeinsam weiterverfolgen. Das visionäre NASA-Programm NASA Innovative Advanced Concepts (NIAC) eignet sich bestens dafür.“
Für Weiss ist eines ganz klar: Es ist die Begeisterung, es sind die gemeinsamen Ideen mit KollegInnen und Projektpartnern, die die Forschung am besten weiterbringen. Für ihn ist es sehr wichtig, auch „verrückte“ Ideen weiterverfolgen zu können. „NIAC ist ein Programm, bei dem man ganz viele Ideen, auch sehr gewagte, einbringen kann. Es ist schön, mit Kollegen Anknüpfungspunkte zu finden, Begeisterung zu schaffen und Grenzen zu überwinden.“ Wir sprechen Stephan Weiss auf das wahrscheinlich aufregendste Projekt an: den Mars Helicopter, denn die nächste Marsmission der NASA soll ja im Juli 2020 starten. Weiss erzählt uns: „Natürlich bin ich sehr gespannt. Vom Abheben von der Erde bis hin zur Marsatmosphäre können so viele Sachen schiefgehen. Aber wenn der Helikopter dann in der Marsatmosphäre ist und die Rotoren sich drehen, dann ist ein großer Meilenstein gesetzt.“ Auch hier betont er die Wichtigkeit von Kooperation und Zusammenarbeit. „Auch dass man seitens des Österreichischen Weltraum Forums die Analogmissionen vorantreibt, wir und JPL uns einklinken, hilft sehr weiter. Wir bleiben damit nicht im Analogen, die Daten können direkt für eine richtige Weltraummission genutzt werden. Ich muss sagen, das ist schon eine große Motivation. So etwas geht nur mit internationaler Zusammenarbeit“, erläutert Weiss.
Wir sehen vor uns einen Menschen, der vor Begeisterung für seine Forschung geradezu sprüht. Deshalb haken wir nach: Wie schafft Weiss es, die Begeisterung aufrecht zu erhalten, immer wieder neue Grenzen zu überwinden? Das sei gar nicht so schwierig, erzählt er uns: „Ich versuche generell das zu machen, was ich gerne mache. Wenn ich von etwas begeistert bin, dann bin ich das mit Leib und Seele.“ Das Schöne am Beruf des Wissenschaftlers sei für ihn, dass man seine Ideen verwirklichen kann.
Internationalität ist für Weiss ein wesentlicher Eckpunkt, um exzellente Forschung zu betreiben. Stephan Weiss lacht: „Der Planet ist relativ klein, gerade, wenn man sich unser Forschungsgebiet ansieht. Da gibt es nur sehr wenige Menschen, die das Forschungsgebiet in eine Richtung treiben. Und diese Menschen sind nun einmal über die gesamte Welt verstreut.“ Für Weiss ist Forschung nicht Konkurrenz, sondern Kollaboration. Man komme zu wesentlich besseren Ergebnissen, wenn man zusammenarbeite: „Dann bringt man das Ganze, sprich die Menschheit, weiter.“
Zusammenarbeit ist für ihn ein Kernelement der Wissenschaft. Die zurzeit verwendeten Metriken, welche Wirkung die eigene Arbeit in der Gesellschaft hat, widerspiegeln nicht die Fähigkeit, große Ideen zu verwirklichen und signifikante Hürden gemeinsam zu überwinden. Solche Einzelmetriken sind zwar bis zu einem gewissen Maße notwendig, allerdings werden diese oft äußerst stark verzerrt. Die Forschergemeinschaft sollte vermehrt Wert auf das gemeinsame Weiterkommen legen, anstatt auf die individuelle Inszenierung und die Reduktion von Personen auf Zahlen. Und welche Grenzen will Weiss in der Zukunft überwinden? Er sieht derzeit noch eine spezielle Grenze dort, wo Wissenschaft und Raumfahrt zusammenkommen. „Ich würde mir wünschen, dass es noch schnellere Forschungszyklen gibt, so dass Forschungsergebnisse schneller in der Weltraumapplikation eingesetzt werden“, so Weiss. Zum anderen beschäftigt ihn, welche Kontributionen die Automatisierung für das Mobilitätsproblem beisteuern könnte. Hier sieht er enormes Potenzial für die Forschung an autonomen Robotersystemen.
für ad astra: Annegret Landes