Titel des Dissertationsvorhabens
Alexander Lederer: Musik im Film als eigenständiges Element der Narration
Stipendiat: Alexander Lederer, BA MA
Laufzeit des Stipendiums: 1. September 2019 bis 30. Juni 2020
Musik kommt bei fast allen audiovisuellen Medienprodukten in irgendeiner Form zum Einsatz. Das betrifft YouTube-Videos, Vlog-Einträge, Videospiele oder Werbeclips ebenso wie den narrativen Film. Obwohl der musikalischen Dimension im Kino grundsätzlich wichtige Funktionen und eine insgesamt große Wirkmacht zugeschrieben werden, dominiert rund um den Film ein Verständnis von Musik als dienendes Element zweiten Ranges den Diskurs. Narrative Potentiale, die über eine reine Verstärkung des visuell und sprachlich Vermittelten hinausgehen, sind kaum erforscht. Insofern begibt sich das Dissertationsprojekt auf die Suche nach Momenten im Film, in denen Musik als eigenständige Erzählinstanz identifiziert werden kann. Damit verbunden ist die grundlegende Frage, welchen Beitrag musikalische Gesten zur audiovisuellen Narration leisten können und welchen „Mehrwert“ sie im Verhältnis zur Sprache oder der visuellen Dimension darstellen. Die Arbeit orientiert sich dabei an (film-)narratologischen Überlegungen und betrachtet sämtliche Elemente der audiovisuellen Erzählstruktur im Film als „narrative Kräfte“, die im jeweiligen Kontext unterschiedlich wirksam sind.
Die empirische Herangehensweise an diese Fragen erfolgt anhand von 12 Fallbeispielen unterschiedlicher Genres. Alle ausgewählten Filme sind nach 2000 entstanden und populäre, kommerziell erfolgreiche Produktionen des Hollywood-Kinos, das als zurzeit dominante Erscheinungsform im europäisch-nordamerikanischen Raum repräsentativen Charakter besitzt. Für die Analyse wird im Rahmen des Dissertationsprojektes eine aufführungsanalytisch geprägte Methode selbstständig entwickelt und für die „Film Music Studies“ anwendbar gemacht. Die Methode arbeitet im ersten Schritt mit dem Werkzeug des „Performative Writings“, das unter anderem bereits bei der Analyse von Opern zum Einsatz kommt. Dadurch wird das subjektive Filmerleben ins Zentrum gestellt und in Form von assoziativen Protokollen schriftlich beschrieben. Die so entstehenden Texte dienen als primäre Materialgrundlage. Durch ein im Forschungsprozess weiterentwickeltes Analyse- und Kodierungsverfahren werden basierend darauf Momente, in denen möglicherweise narrative Potentiale der Musik vorhanden sind, für eine nachfolgende Feinanalyse herausgefiltert. In der feinanalytischen Betrachtung der übernommenen Ausschnitte spielen sowohl die Erlebnisprotokolle als auch der Filmtext selbst eine Rolle. In dieser Phase erfolgt einerseits die Analyse des musikalischen Materials und zweitens dessen Kontextualisierung in der jeweiligen Erzählsituation. Dadurch ist es möglich, die narrative Leistung der Musik konkret und unter Berücksichtigung des Filmerlebens empirisch zu skizzieren und zu benennen. Übergeordnetes Ziel der Forschung ist eine zusammenfassende und verallgemeinerbare Kategorisierung „narrativer Potentiale“ der Musik im (Hollywood-)Film.