Holzstämme automatisiert in Sägewerke einbringen
Holzstämme werden in Sägewerken schon blitzschnell zu Brettern weiterverarbeitet. Relativ langsam funktioniert hingegen das Einlegen der Holzstämme vom Lastwagen in das Sägewerk. In einem FFG-geförderten Projekt versucht man nun, diesen Schritt zu automatisieren.
Im Wald werden Bäume auf Lastwägen mit einem Forstkran aufgeladen und dann zu Sägewerken gebracht. Lastwagen mit Forstkran fahren nahe an den Beginn der Produktionslinie im Sägewerk heran und hieven die Baumstämme – händisch von einem Menschen gesteuert – zur weiteren Bearbeitungsstufe heran. Ab dann geht alles sehr schnell: Wenn die Baumstämme mal auf dem Förderband sind, dauert es bis zur Fertigstellung des finalen Bretts nur wenige Minuten.
Das auf innovative Lösungen für die Holzindustrie spezialisierte Unternehmen Springer Maschinenfabrik GmbH in Friesach möchte diesen Schritt nun optimieren. Das internationale Unternehmen führt als Projektpartner gemeinsam mit der Technischen Universität Graz (Institut für Maschinelles Sehen und Darstellen) und der Universität Klagenfurt (Institut für Intelligente Systemtechnologien) das Forschungsprojekt Auto-LOG (Automated Log Ordering through robotic Grasper) durch, das für dieses Problem eine Lösung finden soll.
Projektleiter ist Stephan Weiss, Professor für Regelung Vernetzter Systeme an der Universität Klagenfurt (AAU). Er erklärt zu den Herausforderungen: „Bäume sind nicht einheitlich, weder in ihrer Beschaffenheit noch in der Art, wie sie auf dem Lastwagen liegend zur Produktionskette herangebracht werden. Wir wollen die Algorithmen so schreiben und die Methoden so entwerfen, dass das System mit diesen Unstimmigkeiten gut zurechtkommt.“ Dazu wird nun in mehreren Stufen gearbeitet.
„Bäume sind nicht einheitlich, weder in ihrer Beschaffenheit noch in der Art, wie sie auf dem Lastwagen liegend zur Produktionskette herangebracht werden.“
In einem ersten Schritt stellt das beteiligte Unternehmen den Forscherinnen und Forschern ein Modell im Maßstab 1:5 zur Verfügung, mit dessen Hilfe diverse Situationen getestet werden. Dann will das Forschungsteam die Navigation bzw. Regelung des Greifarms des Forstkrans in eine Form gießen. Dazu braucht es Künstliche Intelligenz (KI), wie Stephan Weiss ausführt: „Das Team der TU Graz unter der Leitung von Friedrich Fraundorfer wird mit KI die Holzladung unter die Lupe nehmen und 3D-Punkte setzen, wo wir den Greifer ansetzen können.“ In einer zweiten Phase geht es dann um die robuste Bewerkstelligung. „Hier kommt dann die Expertise des Sensorik-Teams unter der Leitung von Hubert Zangl an der AAU hinzu: Die Sensoren sollen erkennen können, ob der Greifarm den Baumstamm auch tatsächlich halten kann. Eine Messgröße ist hierfür die Gewichtsverteilung.“ Das, was die Sensoren messen, soll dann an die Regelung weitergeleitet werden, die so korrekte Handlungen durchführen können soll.
„Der Greifarm soll dann menschenähnlich handeln und wissen, wie er den Baumstamm geschickt angreifen muss, um ihn in die weitere Produktionskette zu befördern.“
Doch was macht die Regelung konkret? Stephan Weiss erklärt: „Die Regelung muss erkennen, wo sich der Kran gerade befindet, und ihn dann so steuern, dass er sich sinnvoll von A nach B bewegen kann.“ Die Forschung dazu ähnelt der Arbeit von Stephan Weiss an Drohnen: Auch dort gibt es ein bewegliches Objekt, dessen Zustand laufend eingeschätzt werden muss, um die intendierte Bewegung zu ermöglichen. So wenig wie Drohnen in vielen Gebieten auf eine Navigation durch GPS zurückgreifen können, eignet sich das GPS-Signal zur Steuerung von Greifarmen, ist es doch viel zu ungenau. Der Herausforderungen schließlich nicht genug: Der Greifarm des innovativen Forstkrans soll in der Folge auch selbst Fehler lösen können. Passiert es also, dass – trotz aller Vorsichtsmaßnahmen – ein Baumstamm zwischen Lastwagen und Sägefabrik zu Boden fällt, soll der Kran das Problem automatisch lösen und den Baumstamm aufheben. Auch hierfür braucht es Kompetenz im Bereich der Künstlichen Intelligenz: „Der Greifarm soll dann menschenähnlich handeln und wissen, wie er den Baumstamm geschickt angreifen muss, um ihn in die weitere Produktionskette zu befördern.“
Ähnliche Technologien existieren andernorts, beispielsweise in den USA, bereits. „Dort sind die Dimensionen aber völlig anders. Hierzulande arbeiten im Verhältnis dazu deutlich kleinere Unternehmen mit solchen Maschinen, und die Verhältnisse sind sehr viel heterogener“, führt Stephan Weiss aus. Das KI-basierte Verständnis, die Kontrolle und Navigation sowie autarke Sensoren ermöglichen die Nutzung dieser Technologie für kleine Unternehmen in einer Vielzahl von verschiedenen auch bestehenden Produktionslinien und Branchenbereichen. Die Vielseitigkeit des Ansatzes bietet eine hohe Flexibilität, Leistung und dynamische Anpassungsfähigkeit einer Produktionslinie. Die Ergebnisse aus dem von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderten Projekt werden für 2021 erwartet.
Das hiesige Institut für Intelligente Systemtechnologien hat bereits in den vergangenen Jahren mit dem Projekt Forest-iMate Erfahrung mit der Forstwirtschaft gesammelt. In dem Projekt geht es darum, dass kleine, unbemannte Helikopter die Arbeit der Parametermessung für die Waldinventur übernehmen. Informationen wie der Durchmesser eines Baums auf Brusthöhe, die Form des Stammes und die Position der einzelnen Bäume werden von Drohnen eingeholt, um daraus Volumen, Qualität und Verteilung des Holzes abzuleiten. Zu lösen sind Probleme wie die Objekterkennung, die Routenplanung, die Navigation und die Hindernisausweichung. Das Projekt ist derzeit in der finalen Phase.
für ad astra: Romy Müller
Zur Person
Stephan M. Weiss, geboren 1981 in Caracas (Venezuela), wuchs in der Schweiz auf. Er studierte Elektrotechnik und Informationstechnologie an der ETH Zürich, wo er 2012 am Autonomous Systems Lab promovierte. Seine Laufbahn führte ihn danach an das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Kalifornien, wo er weiter im Bereich der kamerabasierten Navigation von unbemannten Helikoptern arbeitete. Eine adaptierte Version der von Weiss entwickelten Drohnenflugtechnik wird nun bei der Mars-Mission 2020 zum Einsatz kommen.